Siegen-Wittgenstein. Krankenhaus Kredenbach soll Ankommenszentrum werden. So bereitet sich Siegen-Wittgenstein auf viele Geflüchtete aus der Ukraine vor.

Das ehemalige Krankenhaus in Kredenbach und die ehemalige Schlossbergklinik in Bad Laasphe werden Sammelunterkünfte für Geflüchtete aus der Ukraine, Kredenbach soll zudem „Ankommenszentrum“ werden. Das hat die Bürgermeisterkonferenz am Dienstag gemeinsam mit dem Landrat beschlossen. Am Nachmittag haben die Vorsitzenden der Kreistagsfraktionen zugestimmt, am Mittwoch wird ein Krisenstab im Kreishaus die Detailplanung aufnehmen.

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Das ist die Lage: Bis jetzt um die 1000 Geflüchtete aus der Ukraine in Siegen-Wittgenstein

Die Städte und Gemeinden erwarten eine sich weiter verstärkende Flüchtlingswelle. Aktuell, so schätzt Landrat Andreas Müller, sind um die 1000 Geflüchtete im Kreisgebiet, bisher etwa 800 sind registriert. Mehr als die Hälfte haben sich zunächst bei der Stadt Siegen gemeldet, allein am letzten Wochenende sind über 200 eingetroffen. Noch kommen viele direkt in die Region, weil sie zum Beispiel Bekannte oder Verwandte haben. Andere kommen, weil sie von hilfsbereiten Menschen an der Grenze abgeholt werden. „Eine sehr schöne Sache“, sagt Landrat Andreas Müller: „Aber bitte vorher das jeweilige Rathaus informieren.“ Zunehmend an Bedeutung gewinnen wird aber die Zuweisung durch das Land, das seine zentralen Aufnahmeeinrichtungen erweitert hat und nun füllt.

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Das wird jetzt getan: Geflüchtete aufnehmen und versorgen

Pufferlösung: Der Kreis greift – wie zu Beginn von Corona – wieder auf das seit 2018 stillgelegte Kredenbacher Krankenhaus zurück, das damals als Behelfskrankenhaus eingerichtet wurde und von der Diakonie kostenlos zur Verfügung gestellt werden. Dort werden, wenn Kapazitäten in den Städten und Gemeinden nicht zur Verfügung stehen, vorübergehend bis zu 200 Menschen ein Dach über den Kopf und ein Bett finden. In einem zweiten Schritt wird Bad Laasphe „Etage für Etage“ mit mindestens 500 Menschen belegt, „danach werden wir uns anderen Gebäuden zuwenden“, sagt der Landrat. Das können auch die ehemaligen Landeseinrichtungen in Burbach und Bad Laasphe werden, die 2015/16 in Betrieb waren. „Wir wollen vermeiden, dass wir wieder Feldbetten in Turnhallen aufstellen müssen“, sagt Kreuztals Bürgermeister Walter Kiß, der auch Vorsitzender der Bürgermeisterkonferenz ist.

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Ankommenszentrum: Kredenbach soll zudem „Ankommenszentrum“ sein. Dort sollen die Geflüchteten registriert werden, damit sie Sozialleistungen in Anspruch nehmen können und damit der Bedarf an Plätzen in Kitas und Schulen festgestellt werden kann Den Ankommenden soll zudem eine Corona-Schutzimpfung angeboten werden: Das Infektionsrisiko in Sammelunterkünften ist groß – geimpft sind nur etwa ein Drittel der Ukrainer, in der Regel mit einem in Deutschland nicht zugelassenen chinesischen Impfstoff. Kinder und Jugendliche sollen vor dem Schulbesuch eine Schutzimpfung gegen Masern, Mumps und Röteln bekommen können. Jugendliche über 15 Jahre werden zudem eine Röntgenuntersuchung benötigen – in der Ukraine ist die Tuberkulose verbreitet.

Landrat Andreas Müller und Kreuztals Bürgermeister Walter Kiß (von links) stellen die Maßnahmen vor, mit denen die Unterbringung von Geflüchteten aus der Ukraine in Siegen-Wittgenstein sichergestellt werden soll.
Landrat Andreas Müller und Kreuztals Bürgermeister Walter Kiß (von links) stellen die Maßnahmen vor, mit denen die Unterbringung von Geflüchteten aus der Ukraine in Siegen-Wittgenstein sichergestellt werden soll. © Steffen Schwab | Steffen Schwab

Willkommenstreff: Die Stadt Kreuztal richtet in ihrer Jugendbegegnungsstätte einen „Willkommenstreff“ für ukrainische Geflüchtete ein. „Familien mit Kindern bekommen Gelegenheit, sich dort zu treffen“, sagt Bürgermeister Walter Kiß, „da ist viel aufzufangen an körperlicher und psychischer Erschöpfung.“ Vor allem steht ein WLAN zur Verfügung: „Für die Familien ist es das A und O, Kontakt mit zu Hause halten zu können.“ Meist sind Frauen und Kinder allein auf der Flucht, Ehemänner und Väter leisten in der Ukraine Militärdienst.

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Das ist weiter zu tun: Wohnungen suchen

Wohnungen: „Wir arbeiten mit Hochdruck daran, menschenwürdigen Wohnraum zu akquirieren“, sagt Bürgermeister Walter Kiß, „wir bitten nach wie vor darum, uns leer stehenden Wohnraum zu melden.“ Vor allem die eine oder andere Einliegerwohnung dürfte verfügbar sein: „Vielleicht fasst sich der eine oder andere noch ein Herz.“

Standort Kredenbach

Das Krankenhaus in Kredenbach wurde 2018 geschlossen. Die Diakonie will das Altenheim Dicke Buche in Krombach dorthin verlagern.

2020 wurde das Haus als Stand-by-Krankenhaus eingerichtet, falls die Siegener Kliniken mit der Versorgung von Corona-Patienten überlastet sind. Diese Aufgabe hat jetzt die Celenus-Klinik Hilchenbach.

Unterstützung: Landrat und Bürgermeister loben das große ehrenamtliche Engagement bei der Unterstützung der Geflüchteten. „Aber auch das will organisiert sein“, sagt Walter Kiß. „Die Hilfsbereitschaft ist beeindruckend“, sagt Andreas Müller, aber je länger sie in Anspruch genommen werde, „muss sie wahrscheinlich hauptamtlich ersetzt werden. Überall in den Rathäusern werden Teams zusammengezogen, die die neuen Aufgaben bewältigen. Besonders gefragt sind Mitarbeitende mit den jetzt benötigten Sprachkenntnissen.

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Ausstattung: Die Unterkünfte müssen ausgestattet werden. „Wir erleben die ersten Lieferschwierigkeiten“, berichtet Walter Kiß. Kreuztal sorgt vor: „Wir haben jetzt noch mal 200 Betten bestellt.“

Kitas und Schulen: In den Kitas werden zunächst „Gastkinder“ zusätzlich in die Gruppen aufgenommen. Je länger der Krieg dauert und die Geflüchteten in Deutschland bleiben,werden „natürlich Kapazitätserweiterungen“ anstehen, sagt der Landrat. Die Schulen werden wieder eigene Willkommensklassen bilden – so wie 2015/16, als der Flüchtlingstreck aus dem arabischen Raum kam. „Diese große Herausforderung haben wir bewältigt“, erinnert Andreas Müller. Auch das lässt für 2022 hoffen.

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