Siegen. Eine Brücke unter der Koblenzer Straße im Siegener Zentrum? Ja – eigentlich eine große Röhre, aber sehr marode. Was das für den Verkehr bedeutet:

Die Brücke über die Weiß führt in der Siegener Innenstadt unter der Koblenzer Straße her. Sie ist baufällig und muss saniert werden – bei einem unterirdischen Brückenkörper eine ungewöhnliche Aufgabe für die Bauingenieure, zumal der Verkehr durchs Zentrum zumindest in einer Richtung die meiste Zeit aufrecht erhalten werden muss.

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Eigentlich ist die Brücke ein Durchlass – keine Fahrbahn auf Pfeilern, sondern ein Rohr mit rechteckigem Querschnitt, durch das die Weiß fließt. Weil der Durchlass aber 6 Meter überspannt und damit deutlich größer ist als die „üblichen“ 2,50-Meter-Durchlässe, fällt das Bauwerk unter den Oberbegriff „Brücke“, erklärt Jürgen Katz, Projektbetreuer Brücken und Stützmauern bei der Abteilung Straße und Verkehr. Der Brückenkörper führt vom Einlass neben der Deutschen Bank (Fachbegriff „Oberwasser“) unter der Koblenzer Straße her bis zur Mündung („Unterwasser“) in die Sieg neben dem Restaurant „Yumini“.

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Turnusgemäß alle sechs Jahre stehen gemäß DIN-Vorschrift Brückenprüfungen für alle Bauwerke im Stadtgebiet an, dabei wurde festgestellt, dass diese Brücke baufällig ist. In Schulnoten wäre das mit einer 5- bis 6 vergleichbar, so Jürgen Katz.

Brücke in Siegen von innen sanieren – Gerüst knapp über Wasserspiegel

Die Brücke besteht aus drei Teilbauwerken, die in unterschiedlichen Jahren errichtet wurden. Das erste, längere, reicht vom Einlass bis kurz vor den gegenüberliegenden Bürgersteig, vor der Targobank. Hier steht eine Betonsanierung an, von innen und außen. Um von außen an den Baukörper heranzukommen, wird die Fahrbahn in zwei Bauabschnitten zunächst bis zur Mittellinie der Koblenzer Straße abgetragen, zwischen 1 und 1,50 Meter tief, bis der Beton des Deckels und Teile der Seitenwände freiliegen. Hier wird saniert, abgedichtet, die Fahrbahn wieder aufgebaut.

Die Weiß fließt in einem Durchlass, der so groß ist, dass er in die Kategorie „Brücke“ fällt, unter der Koblenzer Straße und der Sackgasse Hammerhütter Weg her in die Sieg.
Die Weiß fließt in einem Durchlass, der so groß ist, dass er in die Kategorie „Brücke“ fällt, unter der Koblenzer Straße und der Sackgasse Hammerhütter Weg her in die Sieg. © Hendrik Schulz

Von innen wird es schon schwieriger, erläutert Jürgen Katz – die Weiß kann man nicht mal eben stauen. In Absprache mit der Unteren Wasserbehörde wird also ein Gerüst im Durchlass errichtet, knapp über dem Wasserspiegel, damit die Fachleute den Deckel von innen über Kopf bearbeiten können. Dieses Gerüst, sagt Katz, muss vor jedem Arbeitstag auf- und abends wieder abgebaut werden, da der Pegel der Weiß jederzeit und schnell steigen kann. Die Arbeiten können nur bei Niedrigwasser durchgeführt werden. Das ist der einfachere Teil.

Für den kniffligen Teil die Koblenzer Straße in Siegen nachts komplett sperren

Das zweite Teilbauwerk ist kürzer – und kaputter: Es schließt ans erste an; dort, wo die Koblenzer Straße Richtung Kochs Ecke etwas eingeengt ist, und endet an der Häuserkante. Die Einengung wurde nötig, weil die Brücke aufgrund ihres Zustands gerade an dieser Stelle gar nicht mehr hoch belastet werden darf. Der komplette Deckel des Durchlasses muss freigelegt und auch bis auf die Fundamente der Röhre heruntergeschachtet werden. Deckel und auch etwa die Hälfte der Seitenwände werden entfernt und neu aufbetoniert. Ein Innen-Gerüst ist daher nicht nötig. Weil Flüssigbeton 28 Tage zum Abbinden braucht, kommen Betonfertigteile zum Einsatz – aber auch die kann man nicht einfach so ins Wasser stellen.

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Lösung: Eine Deckelkonstruktion aus Stahlträgern, an der die Betonteile befestigt sind und die wie bei einem Schuhkarton als nach unten offenes „U“ in millimetergenauer Präzisionsarbeit von einem schweren Kran über die verbliebene untere Röhrenhälfte gestülpt wird. Die seitlichen Stahlträger stützen dabei die Konstruktion außerhalb der vorhandenen Fundamente ab. Für diese Arbeiten muss die Koblenzer Straße zeitweise voll gesperrt werden, voraussichtlich über Nacht am Wochenende, sagt Jürgen Katz. Etwa Anfang bis Mitte Juni soll es so weit sein.

Das dritte Teilbauwerk schließt sich unter der Stichstraße zum Hammerhütter Weg bis zur Weiß-Mündung an und ist nicht sanierungsbedürftig.

Anwohner müssen trotz Baustelle ihre Häuser in Siegens Innenstadt erreichen

„Bauen im Bestand ist immer eine Herausforderung“, sagt Jürgen Katz – der Verkehr muss zumindest in Teilen weiter fließen, Anwohner und Kunden ihre Häuser und die Geschäfte erreichen können. Die Eingänge zum Yumini und zur Targo-Bank liegen genau da, wo die Baugruben ausgeschachtet werden, mit Gerüstböcken und Bohlen bleiben sie erreichbar.

Die Vorarbeiten haben bereits begonnen, ab 28. Februar wird die Koblenzer Straße in Siegen halbseitig gesperrt.
Die Vorarbeiten haben bereits begonnen, ab 28. Februar wird die Koblenzer Straße in Siegen halbseitig gesperrt. © Hendrik Schulz

Bevor die Koblenzer Straße ab Montag, 28. Februar, zunächst halbseitig gesperrt wird, wurde vor der Deutschen Bank eine Gerüstbrücke errichtet, um an das Bauwerk heranzukommen. Denn die Betonüberdeckung ist mit etwa 70 Zentimetern eher gering, Leitungen von Westnetz und Telekom liegen recht nah auf der Röhre. Um an die unterirdische Brücke heranzukommen, müssen die Leitungen hochgenommen und über die Baustelle geführt werden, erläutert Jürgen Katz.

So wird der Verkehr wegen der Baustelle in Siegen umgeleitet

Voraussichtlich bis Herbst wird für die Dauer der Bauarbeiten ab Montag eine neue Verkehrsführung in der Siegener Innenstadt zwischen den Kreuzungen Kochs Ecke und Reichwalds Ecke eingerichtet.

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Richtung Innenstadt ist die Koblenzer Straße nicht mehr befahrbar, der Abschnitt wird komplett gesperrt. Buslinien und Fahrradfahrer sind nicht betroffen und können auch im Baustellenbereich in beide Richtungen fahren. Die Ausfahrt aus Obergraben und Häutebachweg bleibt für Autos möglich. Für den gesperrten Bereich wird eine Umleitung eingerichtet: Von Spandauer Straße oder Siegerlandhalle kommend führt sie über die HTS-Auffahrt City-Galerie zur Abfahrt Freudenberger Straße. Dort geht es rechts über Sandstraße und Kölner Tor Richtung Kochs Ecke, nach links durch den Wellersbergtunnel zum Siegener Hauptbahnhof.

Über eine Gerüstbrücke werden die Versorgungsleitungen geführt, damit die unterirdische Brücke für die Bauarbeiten erreichbar ist.
Über eine Gerüstbrücke werden die Versorgungsleitungen geführt, damit die unterirdische Brücke für die Bauarbeiten erreichbar ist. © Hendrik Schulz

Auf der Gegenfahrbahn der Koblenzer Straße, zwischen Obergraben und Volksbank, kann der Verkehr weiter fließen – bis zum zweiten Bauabschnitt. Dann wird der Verkehr Richtung Kreishaus auf die dann sanierte andere Straßenhälfte umgelegt.

Vorbereitung für mehr Rad und weniger Auto auf der Koblenzer Straße in Siegen

Parallel zum ersten Bauabschnitt der Weiß-Röhre baut die Abteilung Straße und Verkehr voraussichtlich ab April die Haltestelle Kochs Ecke barrierefrei aus. Die Maßnahme soll nach Auskunft von Bauleiterin Linda Bruch im Sommer abgeschlossen sein. Ist auch die Brücke komplett saniert, erhält die Koblenzer Straße von Kochs Ecke bis zum Obergraben eine neue Fahrbahndecke: Zum überwiegenden Teil wird die alte wohl abgefräst und erneuert werden können, so Jürgen Katz, im Bereich der Einmündungen Häutebachweg und Obergraben könnte aber aufgrund tiefer Spurrillen ein Vollausbau nötig werden.

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Wenn auch das abgeschlossen ist, folgt die neue Markierung. Wie berichtet plant die Stadt, den Verkehrsraum auf der Koblenzer Straße neu aufzuteilen: Busse und Fahrräder erhalten in Fahrtrichtung Kölner Tor je eigene Fahrspuren – bislang können Radfahrer die Busspur mitnutzen –, die Fläche für den Autoverkehr wird entsprechend verringert.