Hilchenbach. Stiftskirche, Kapelle Helberhausen, Gemeindehaus Allenbach – die Gemeinde hat schon viel aufgegeben. 2023 geht es in der Stadtmitte weiter.
Als sie das letzte Mal zur Gemeindeversammlung zusammenkamen, im November 2019, „da war noch alles gut“, sagt Pfarrer Herbert Scheckel. Er meint die Pandemie, als er als Vorsitzender des Presbyteriums zurückblickt. Aber auch die Planung für das Gemeindehaus, über das in diesem Saal – wie Scheckel erinnert – schon seit zehn Jahren diskutiert wird, hat sich verändert: Das Presbyterium hat den Architekten gewechselt, jetzt wird der neue Plan vorgestellt.
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Das ist bisher passiert
Die kleiner werdende Gemeinde soll sich am Kirchplatz sammeln: Dazu werden das Gemeindehaus in Allenbach – soeben verkauft – und die Kapelle in Helberhausen – im März 2021 an den neuen Kapellenverein verkauft – aufgegeben, nach 2024 auch das Pfarrhaus in Allenbach. Abschied genommen hat die Gemeinde von der Stiftskirche in Keppel. In Hilchenbach wird das Gemeindezentrum auf dem Kirchplatz, zwischen Pfarrhaus und Konfirmandenhaus, neu gebaut und das Gemeindehaus an der Sang verkauft – auch wenn die Gemeindeversammlung 2017 ausdrücklich Nein dazu gesagt hat. Der Hilchenbacher Architekt Matthias Krämer hat den Neubau entworfen. Für ihn sei der von der Kirche angebotene Architektenvertrag, für die Kirche die Kostenentwicklung „nicht akzeptabel“ gewesen, berichtet Pfarrer Scheckel. „Wir haben einen Cut gemacht.“
Das ist der neue Plan
Es bleibt der eingeschossige Bau mit – vielleicht begrüntem – Flachdach, der sich im Winkel zwischen Pfarr- und Konfirmandenhaus, denkmalgeschützt wie die Kirche selbst, unterordnet, mit einer Sichtachse, die Kirchenportal und gläsernes Gemeindehaus verbindet. Norbert Sonntag und Anne Wagner, die neuen Architekten, haben gespart: Pfarrhaus und Gemeindehaus bleiben auf einer Höhe – und somit ist das Gefälle von einem Meter bis zur Kirche zu überwinden. Sonntag+Partner, die schon eine Reihe von kirchlichen Gebäuden geplant haben, tun dies mit wenigen Stufen, die Sitzstufen und Bühne zugleich sein können. Und einem längeren, sanft ansteigenden Weg durch den Pfarrgarten für Menschen, die keine Stufen gehen wollen oder können. Im Haus gibt es keinen Flur. Bewirtschafteter Eingangsbereich, kleiner und großer Saal, der als Stuhllager nutzbaren Bühne und schließlich, nun schon im Pfarrhaus, das Gemeindebüro, folgen aufeinander.
Das ist auch neu: Das Gemeindebüro wird aus dem Konfirmandenhaus ins Erdgeschoss des Pfarrhauses übersiedeln – oben ist Kantor Jens Schreiber eingezogen, der für den Obsthof hinterm Haus gleich Hahn und Hühner mitgebracht hat. Das Konfirmandenhaus bleibt verfügbar und unberührt – wäre zunächst ein Ort für die Jugendarbeit. Das, so Norbert Sonntag, erlaube es der Gemeinde „flexibel zu bkleiben“. Am Schluss rechnet Finanzkirchmeister Dieter Viehöfer vor, wie die nun noch 1,6 Millionen Euro – vor drei Jahren waren es schon 1,8 – finanziert werden sollen: „Damit müssen Sie aber auch auskommen."
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Das sind die Reaktionen
Der Plan gefällt, die einzelnen Gruppen der Gemeinde bitten um Beteiligung bei der Detailplanung-Die Diskussion für und gegen das neue Gemeindehaus ist vorbei. Unbehagen bleibt aber auch: „Mir ist das Ganze viel zu klein“, sagt Joachim Menn. Womöglich täuscht das, erwidert Norbert Sonntag: „Ich habe noch nie gehört, wir hätten zu klein gebaut.“ Allerdings sollten die Bauten auch nicht auf den Spitzenbedarf ausgerichtet werden. „Man kennt das vom Gottesdienst zu Weihnachten.“ Dann ist das Haus voll. Aber eben auch nur dann.
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Jugendreferent Bolko Mörschel hält das Jugendhaus für eine „tolle Idee“. Denn: Multifunktionsräume, wie sie im Neubau entstehen, „laden fast nie dazu ein, eine Wohlfühlatmosphäre zu schaffen“. Wohl ein wenig Angst macht er den Älteren, als er die Stufen auf dem Platz als Einladung zum Skaten und Grinden („Dann werden die Sitzkanten abgerundet“) feiert, Fast allen. Architekt Sonntag kündigt an, mit von der Partie sein zu wollen. „Das ist ein Platz wie aus dem Bilderbuch.“ „Großartig, was Sie hier haben“, pflichtet seine Kollegin Anne Wagner bei. Ohne sich auch zum Skaten anzumelden.
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So geht es weiter
2023 wird auf den Kirchplatz gebaut. Die Gemeinde rückt rechtzeitig zusammen, lässt Pfarrer Herbert Scheckel durchblicken: „Ich sehe schwere Zeiten auf uns zukommen“, sagt er und gebraucht einen Fachbegriff aus der Luftfahrt: „Wir sind in der Wirbelschleppe der Katholischen.“ Soll heißen: Der Unmut, den sie mit Missbrauch und Reformverweigerung auf sich ziehen, trifft beide Konfessionen.
„Wir haben sehr viele Kirchenaustritte gehabt zu Jahresbeginn.“ In Deutschland sei erstmals weniger als die Hälfte der Bevölkerung Mitglied in einer christlichen Kirche. Das bedeutet, gerade für Hilchenbach mit einem höheren Altersdurchschnitt, weniger Kirchensteuerzahler, kleinere Gemeinden, weniger Pfarrstellen. Und auch weniger Pfarrer: Für den Nachwuchs seien die Flächengemeinden auf dem Land wenig attraktiv, „die drei bis vier Vikare sind bald alle weg.“ Und Herbert Scheckel auch, in zwei Jahren. „Zum Ausruhen ist keine Zeit“, mahnt er.
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