Weidenau. Der Arbeitskampf bei Benteler in Siegen ist vorbei. Die Mehrheit der Belegschaft stimmt dem Eckpunkte-Papier für den Sozialplan zu.

Die Belegschaft von Benteler in Weidenau hat das Tarifergebnis angenommen. Bei einer Abstimmungsbeteiligung von 87 Prozent votierten 81 Prozent dafür, das Verhandlungsergebnis anzunehmen. Der Arbeitskampf ist damit beendet. Es geht um die Schließung des Weidenauer Werks, betroffen sind rund 270 Beschäftigte.

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„Damit ist es der IG Metall Siegen gelungen, innerhalb der Tarifverhandlungen infolge des Streiks vom vergangenen Mittwoch, den Arbeitgeber zur einer deutlichen Verbesserung des Angebotes zu zwingen“, heißt es in einer Mitteilung der Gewerkschaft. Dennoch sei es „ein Verhandlungsergebnis, das niemanden wirklich zufriedenstellt“, sagt Andree Jorgella, 1. Bevollmächtigter der IG Metall Siegen. „Der Arbeitgeber hat versucht, über den Spruch der Einigungsstelle dieses Werk so kostengünstig wie möglich zu schließen. Nur durch den tollen Einsatz der Kolleginnen und Kollegen war es möglich, den Arbeitgeber von seinem Vorhaben abzubringen.“

Schließung von Benteler Siegen: Abfindungen und Transfergesellschaft

Das Eckpunktepapier, das zur Abstimmung stand, sieht einen Abfindungsfaktor von 0,75 pro Jahr Betriebszugehörigkeit vor. Das bedeutet, dass 75 Prozent des durchschnittlichen Bruttomonatsentgelts – gerechnet über den Zeitraum der vergangenen sechs Monate – mit den Jahren der Betriebszugehörigkeit multipliziert werden, um die Höhe der Abfindung zu ermitteln. Zeiten der Kurzarbeit und Zeiten, in denen ein Mitarbeiter aufgrund von Krankheit kein Entgelt bezogen hat, werden so gerechnet, als hätte der Mitarbeiter gearbeitet (ohne Sonderzahlungen, inklusive der monatlichen Zuschläge). Dabei gilt eine Deckelung des Gesamtvolumens pro Mitarbeiter bei individuell 80.000 Euro.

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Zudem wird es eine Transfergesellschaft für alle Beschäftigten ab dem 44. Lebensjahr geben. Das Unternehmen hatte zunächst einen Abfindungsfaktor von 0,3 angeboten, die IG Metall hatte 1,0 gefordert. Bei der Transfergesellschaft, die älteren Beschäftigten für die Zeit der Jobsuche eine Weiterqualifizierung ermöglichen soll, hatte die Gewerkschaft eine Lösung ab dem 40. Lebensjahr angestrebt. „Vielleicht beinhaltet ein Kompromiss auch, dass keiner wirklich glücklich ist, aber dennoch ist es eine – von beiden Seiten deutlich akzeptierte – Lösung dieser sehr verfahrenen Auseinandersetzung“, kommentiert Gewerkschaftssekretär Peter Richter. „Ich stelle auch fest, dass viele Kolleginnen und Kollegen erleichtert sind, das nach knapp 6,5 Monaten unermüdlichem Kämpfen jetzt ein Schlussstrich gezogen werden kann.“

Siegen: Benteler bedauert nach eigenen Worten Schließung des Werks in Weidenau

„Wir sind erleichtert, dass unsere Einigung mit den Arbeitnehmervertretern vergangene Woche auch die Zustimmung unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bekommen hat“, ist einer Mitteilung der Benteler Gruppe zu entnehmen. Das Unternehmen war wegen seines Umgangs mit der geplanten Schließung des Werks und dem Einsatz von Streikbrechern massiv in die Kritik geraten.

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„Die Inhalte des Eckpunktepapiers können nun direkt in einen Sozialtarifvertrag überführt werden“, heißt es weiter. „Wir möchten nochmal betonen: Wir bedauern sehr, das Werk in Siegen-Weidenau schließen zu müssen und wissen, dass diese Entscheidung für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter besonders schwer ist.“ Mit der jetzt erzielten Einigung könne das Unternehmen „die Unsicherheit für unsere Belegschaft begrenzen und sie durch den nun auszuarbeitenden Sozialtarifvertrag in dieser schwierigen Situation im Rahmen unserer Möglichkeiten bestmöglich unterstützen“.

Benteler Siegen: Schließung des Werks in Weidenau stößt auf viel öffentliche Kritik

Benteler hatte die Schließung des Weidenauer Werks am 1. Juli vergangenen Jahres angekündigt. Der Standort ist auf die Warmformung für Automobilkunden spezialisiert. Der Betriebsrat ging umgehend in die Offensive und unterstrich unter anderem immer wieder, dass die Belegschaft aufgrund der wirtschaftlichen Lage bereits seit Jahren Abstriche hingenommen habe, um das Werk zu erhalten: etwa Verschiebungen von Lohn- und Tarifzusatzleistungen, Sozialleistungen und Stundenkonten, darüber hinaus rund anderthalb Jahre Kurzarbeit mit entsprechenden Einschnitten.

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Den ursprünglich von den Arbeitnehmervertretern gewünschte Erhalt des Standorts lehnte das Unternehmen unmissverständlich ab, die Verhandlungen über die Abwicklung gestalteten sich zäh. Zahlreiche Politikerinnen und Politiker meldeten sich zu Wort und setzten sich öffentlich für die Benteler-Belegschaft ein.

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