Siegen. Das Bruchwerk Theater bezeichnet sein neuestes Bühnenstück „Falscher Hase“ als „halbwegs lustige Komödie“. Tatsächlich ist es aber noch viel mehr.

Komödie, Drama, Tragödie, Groteske oder Musical: Es ist gut, dass im Theater der Gegenwart oft die herkömmliche Klassifikation eines Stücks vermieden wird. Das Bruchwerk Theater bezeichnet sein neuestes Bühnenstück „Falscher Hase“, das am Wochenende in Siegen seine B-Premiere hatte (siehe Infobox), als „halbwegs lustige Komödie“.

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Doch es beginnt und endet als Musical und dazwischen wechseln sich Komödiantisches, Groteskes, Dramatisches und Tragisches in lockerer Reihenfolge ab. Wobei bis zum Ende offen bleibt, wer eigentlich der falsche Hase ist, mit dem im Hausfrauen-Jargon gemeinhin der Hackbraten halb und halb gemeint ist, bestens geeignet, eine hungrige Gästeschar preiswert und schmackhaft satt zu bekommen.

Siegen: Bruchwerk Theater zeigt „Falscher Hase“

„Falscher Hase“ beginnt als Musical. Mit „Mrs. Robinson“ , jenem unsterblichen Hit von Simon & Garfunkel, der vor mehr als einem halben Jahrhundert den Film „Die Reifeprüfung“ veredelte. Und die beiden Protagonisten von „Falscher Hase“ lassen hören, dass sie sich zumindest musikalisch als harmonische Einheit begreifen. Doch die Harmonie wird schnell zerstört. Denn Polizist Reinhard Peters, ein stolzer Uniformträger wird in die Wohnung von Frau Elisabeth Reimers gerufen, frisch onduliert, Typ verschrobene Witwe. Der Grund: Diese habe die Polizeiwache angerufen, weil sie sich durch den Lärm aus einer Nachbarwohnung gestört fühle.

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Doch statt der angeblichen Lärmquelle auf den Grund zu gehen, entspinnt sich zwischen Frau Reimers und Herrn Peters ein verbales Verhältnis, bei dem beide ihr bisheriges Leben voreinander ausbreiten. So beklagt Witwe Reimers ihre Einsamkeit: Ihr Sohn wohnt in Australien und schickt ihr dann und wann Postkarten mit Kängurus und ihre Tochter reist als Model durch Europa. Sie unterdrückt ihren Kummer mal durch ein Schnäpschen, meist aber durch Zigaretten und jede Menge Tabletten.

Weitere Termine

Die Vorstellung von „Falscher Hase“ am 9. Januar wurde vom Bruchwerk-Team zur B-Premiere erklärt, da die eigentliche Premiere am Silvesterabend stattfand und man den Theaterfreunden eine zweite Chance bieten wollte, das volle Premierenerlebnis zu genießen. Weitere Termine: 4. Februar, 4. März, 14. April, jeweils 19.30 Uhr.

Polizist Peters Leben ist eine Abfolge von beruflicher und privater Eintönigkeit: Immer der gleiche Tagesablauf, dann und wann ein Bierchen mit Kollegen und vor allem Fernsehen: So hat er genau 748 Folgen von Star Treck gesehen. Da kann Frau Reimers nur mithalten, indem sie behauptet, schon viermal von Außerirdischen entführt worden zu sein.

Siegen: Bruchwerk Theater stellt Einsamkeit komödiantisch dar

Schließlich können sie nicht miteinander, aber auch nicht ohne einander: Nach einer Beleidigungskanonade, bei der sie alle verbalen bühnentauglichen und -untauglichen Register ziehen, doch sich anschließend das „Du“ anbieten, bettelt Elisabeth Reimers geradezu: „Bitte bleibe doch, wenn auch nur für zehn Minuten“.

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Es ist die Kunst des Autors David Gieselmann und des Bruchwerk-Teams um Milan Pešl, diese Tragik menschlicher Einsamkeit komödiantisch darzustellen. Dabei hilft sehr der Einfall, das Geschehen ähnlich wie beim Brecht’schen Theater durch Songs aufzulockern, wobei Marcel Rudert als Keyboarder die musikalischen Einfälle liefert.

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Doch alles steht und fällt mit zwei großartigen Hauptdarstellern, denen in den 80 Minuten Spielzeit alles abverlangt wird: Irina Ries, die schon häufig auf der Bruchwerk-Bühne brilliert hat, als Elisabeth Reimers mit all ihrer grotesken Verschrobenheit und Verzweiflung, und Valentin Stroh als Polizist ohne Illusionen und Aussicht auf Veränderung. Zwei unterschiedliche Charaktere, die nur eins verbindet: Einsamkeit. Und falsche Hasen sind beide.

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