Geisweid. Einkaufen, Wohnen und Kita auf dem Elih-Gelände in Geisweid: Im Siegener Norden gibt es laut Gutachten eine Unterversorgung bei Lebensmitteln.
Aldi auf dem Elih-Gelände wird den Geisweider Einzelhandel nicht schädigen; im Gegenteil. Diese Auffassung bekräftigt die Stadtverwaltung und legt das entsprechendes Gutachten zur Untermauerung vor, erstellt vom Büro „Stadt+Handel“, das auch das Einzelhandelsentwicklungskonzept für die Stadt fortgeschrieben hat (wir berichteten). Gleichzeitig hält die Stadt am Gesamtkonzept für das Gelände an der Wenschtstraße fest: Einzelhandel, Wohnen und Kindertagesstätte.
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Die seit Langem schwelende Diskussion – Bevölkerung und auch Händlerschaft wünschen sich mehrheitlich die (Wieder-)Ansiedlung eines Aldi-Lebensmitteldiscounters im Stadtteil – ist nicht beendet; Teile der Kommunalpolitik sind nach wie vor überzeugt, dass ein weiterer Discounter gegenüber des bestehenden Lidl zu Lasten der Geschäfte im Geisweider Zentrum gehen werde.
Neben Aldi sollen Wohnraum und Kita auf Elih-Gelände in Siegen-Geisweid entstehen
Die Stadt hatte zugesagt, die Auswirkungen der Ansiedlung prüfen zu lassen; gerade in der Frage, ob das Elih-Gelände mit einem Aldi in die Nahversorgung passt. Dass es das tut, war zumindest schon aus dem gesamtstädtischen Einzelhandelsentwicklungskonzept hervorgegangen, das separate Verträglichkeitsgutachten bestätigt diese Sichtweise. Neben dem geplanten Discounter mit 1200 Quadratmetern Verkaufsfläche sind bis zu 20 Einfamilien bzw. 49 Mehrfamilienhäusern auf dem Areal möglich.
Eine ähnliche Situation – mehrere „systemgleiche“ Anbieter wie Lidl und Aldi an einem Standort plus weitere Einzelhändler – gibt es etwa auch in Eiserfeld.
Gutachten: Siegen-Nord bei Genuss- und Lebensmitteln eher unterversorgt
Das nördliche Stadtgebiet von Siegen ist laut „Stadt+Handel“ generell unterversorgt mit Lebens- und Genussmitteln, gerade vor dem Hintergrund, dass auf dem Elih-Gelände auch Wohnraum errichtet und auch der nahe frühere Sportplatz auf dem Schießberg als Wohnbauland entwickelt werden soll. Das allein sei noch kein grünes Licht für den Elih-Aldi, der sich außerhalb des sogenannten „zentralen Versorgungsbereichs“ befindet, aber innerhalb eines „Nahversorgungsstandorts“.
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Für die detailliertere Analyse der Lage vor Ort hat das Büro daher vor allem die Auswirkungen des Vorhabens auf Bestand und Entwicklungsmöglichkeiten der Geschäfte in diesem Gebiet betrachtet. Ergebnis: „Keine negativen absatzwirtschaftlichen oder städtebaulichen Auswirkungen durch die Ansiedlung eines Lebensmitteldiscounters auf dem Elih-Gelände auf die umliegenden städtischen Bestandstrukturen zu erwarten.“
Aldi auf Elih-Gelände würde Lidl Konkurrenz machen – nicht Geisweider Händlern
Insbesondere beim Umsatz muss untersucht werden, von welchen Einzelhandelsstandorten aus welchen Kommunen und von welchen konkreten Gebieten die Kaufkraft durch einen neuen Discounter abgezogen wird. Eine wichtige Rolle spielt dabei das Sortiment des neuen Geschäfts – ein Lebensmitteldiscounter hat beispielsweise auf ein hochpreisiges Modegeschäft kaum Auswirkungen. Eine Umverteilung träfe hier vorrangig den Rewe, kleinere Geschäfte würden andere Segmente bedienen und kaum in Wettbewerb zu Aldi stehen: Städtebaulich negative Auswirkungen in Bestand und Entwicklungsmöglichkeiten seien nicht zu erwarten.
Daneben sind etwa Bevölkerungszahl im Einkaufsbereich oder Kaufkraftentwicklung bei der Prognose zu berücksichtigen. Für den Sortimentsbereich Nahrungs- und Genussmittel sei auch durch die Corona-Pandemie nicht von nennenswerten Effekten, etwa hinsichtlich einer Verlagerung zum Onlinehandel, auszugehen. Zudem müsse berücksichtigt werden, dass in den vergangenen Jahren drei Lebensmittelversorger Geisweid verlassen hätten (zweimal Aldi, einmal Nahkauf) und nur der Rewe neu hinzugekommen sei. Die Lebensmittelversorgung werde sich also qualitativ und quantitativ verbessern.
Die Stimmen der Siegener Kommunalpolitik: FDP für Wohnraum statt Parkplätze
Ansgar Cziba (Grüne) hatte im Rat kritisiert, dass das Gutachten während der Pandemie erstellt wurde und der Zeitpunkt daher nicht geeignet sei. Zudem sei das Scheitern großflächigen Einzelhandels im Außenbereich an den US-Malls zu beobachten, dort würden die Zentren ausgeblutet („Donut-Effekt“). Silke Schneider (Linke) bekräftigte einmal mehr ihre Überzeugung, dass Aldi „Kundenströme aus dem Zentrum zieht“. Das sah auch Markus Nüchtern (FDP) so, zudem verursache der Parkplatz „Flächenfraß“, der besser für Wohnraum genutzt werden könne. Die Verkehrslage sei zudem ein Problem, was das Gutachten allerdings grundlegend anders sieht.
So geht es weiter
Nächste Schritte sind unter anderem ein städtebauliches Konzept sowie eine Verkehrsuntersuchung, bevor das Bebauungsplanverfahren beginnt. Dann werden Öffentlichkeit, Behörden und Nachbarkommunen beteiligt, wodurch sich wiederum Änderungen oder Anpassungen ergeben könnten.
Stadt+Handel geht inklusive Genehmigungs- und Bauzeit von einer Marktwirksamkeit nicht vor Ende 2026 aus.
„Man kann das Ergebnis akzeptieren oder den Gutachter in Zweifel ziehen, wenn das Ergebnis nicht passt“, kommentierte Ingmar Schiltz (SPD). Man könne politisch so arbeiten, „das ist aber unseriös“. Allein ihn hätten rund 150 Beschwerden aus Geisweid erreicht, sagte Bürgermeister Steffen Mues: „Keiner will keinen Aldi“ – dass sich der Konzern aus dem Stadtteil zurückgezogen habe, wirke sich negativ aus. „Alle hoffen, dass mit Aldi die Kunden zurückkommen“ – und ein näheres Grundstück am Stadtteilzentrum gebe es schlicht nicht.
UWG Siegen: Bei Aldi auf Elih-Gelände „müssen wir langsam mal liefern“
Man sollte die Kaufkraft in Geisweid halten, so Thomas Christian (SPD), wenn die Kundschaft nicht nach Geisweid gehe, „geht sie woanders hin“. Zum „Corona-Argument“ merkte Stadtbaurat Henrik Schumann an: „Wann hört der Einfluss der Pandemie auf? Was jetzt in zwei Jahren passiert ist, wäre ohnehin passiert, nur in einem längeren Zeitraum.“
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„Wir müssen langsam mal liefern“, betonte Hans Günther Bertelmann (UWG), der Rewe sei fertig und bringe keine negativen Auswirkungen, die Gutachten lägen vor, jetzt sei die Politik im Wort, die Umsetzung des Aldi anzugehen und das Vorhaben nicht weiter zu verschieben. „Es gab auch für die Citygalerie ein Gutachten, das hat uns in der Oberstadt 20 Jahre Probleme beschert“, kommentierte Ansgar Cziba (Grüne) dazu.