Geisweid. Der Bürgermeister wundert sich: Waren nicht alle immer für einen Aldi in Geisweid? Aus der Kommunalpolitik kommt jetzt jedenfalls Kritik daran.

„Jahrelang haben wir über Aldi auf dem Elih-Gelände diskutiert, ohne negative Äußerungen – und jetzt auf einmal sind fast alle dagegen. War ich die letzten drei Jahre in einem anderen Rat?“ Bürgermeister Steffen Mues kann die Diskussion um die Verträglichkeitsstudie eines Lebensmitteldiscounters auf dem Elih-Gelände nicht nachvollziehen.

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Manche Fraktion habe offenbar geschlossen die Vorlage nicht gelesen – es geht nicht um die Frage, ob ein Aldi angesiedelt wird. Sondern um die Untersuchung, ob das überhaupt möglich und sinnvoll ist – oder eben nicht.

Die Kritik einiger Fraktionen an den Aldi-Plänen auf dem Elih-Gelände:

Das klang in der Diskussion im Stadtentwicklungsausschuss in der Tat in weiten Teilen anders. „Hat Aldi überhaupt Interesse?“, fragte Silke Schneider (Linke) mit Blick auf die „schnelllebige Geschäftspolitik“ des Discounterkonzerns. Zudem sei Aldi kein Geschäft, das das bestehende Angebot in Geisweid sinnvoll ergänze – sinnvoller wären auf dem Gelände weiterer sozialer Wohnungsbau und Kita sowie generationenübergreifendes Wohnen. Durch die Ansiedlung des Lidl, schräg gegenüber, sei das Geisweider Zentrum zunehmend verwaist, „wir wollten ja aber Belebung in die Innenstädte bringen.“

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Das sah auch Jürgen Schulz (Grüne) so: Durch die Ansiedlung eines Großdiscounters leide die Innenstadt. Kenny Schulz (Volt) regte an, in diesem Zusammenhang die Verträglichkeit eines großen Discounterparkplatzes mit den anderen geplanten Nutzungen auf dem Gelände zu prüfen: Vorgesehen sind auf dem Areal eben auch Wohnbebauungen. Eine Tiefgarage beuge womöglich Konflikten vor.

Die Corona-Pandemie habe große Veränderungen im Einkaufsverhalten herbeigeführt, sagte Raimund Hellwig (FDP) – „wir wissen nicht, wie die Innenstädte demnächst aussehen werden. Wir können doch heute nicht dafür sorgen, dass eine Revitalisierung des Geisweider Zentrums auf diese Weise gefährdet wird.“

Siegener Verwaltung betont: Die Situation in Geisweid soll geprüft werden

Letzteres sei ja auch gerade nicht das Ansinnen der Verwaltung, bemerkte der Bürgermeister – sondern die Prüfung. „Wir beschließen eine Verträglichkeitsstudie, keine Discounteransiedlung“, betonte Marc Klein (CDU). „Der eine oder andere suggeriert hier, das Ergebnis der Prüfung vorwegnehmen zu können“, sekundierte Henner Klaas, ebenfalls CDU.

Immer wenn er in Geisweid unterwegs sei, so Steffen Mues, werde die Forderung nach einem Aldi an ihn herangetragen – „nicht von irgendwem, sondern von den verschiedensten Leuten. Auch vom Handel und von der Werbegemeinschaft.“ Das seien die, denen ebenfalls die „Aldi-Kunden von früher“ weggelaufen seien.

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Der Bürgermeister verwies zudem auf das bestehende Einzelhandelsentwicklungskonzept, das mit dieser Verträglichkeitsprüfung auf Basis aktueller Entwicklungen fortgeschrieben werden solle, und erinnerte an die Diskussionen rund um die Eröffnung des Rewe-Supermarkts neben dem Rathaus. Die, so habe es immer geheißen, solle abgewartet werden, um ein besseres Bild von der Lage in Geisweid zu bekommen. „Der Rewe hat eröffnet – jetzt ist es wieder falsch?!“, wunderte sich Mues.

Jetzt ist der Rewe da – Einzelhandelskonzept für Geisweid fortschreiben

Wenn die Prüfung ergäbe, dass ein Aldi Geisweid weiter schwächt, „wären wir doch bescheuert, das zu beschließen.“ Aber mit dem Rewe habe das Zentrum eben eine gewisse Stärkung erfahren. Bisher habe es immer Konsens gegeben, in dieser Situation auch zu prüfen, ob der Handel nicht durch den Aldi noch weiter gestärkt werden könne, weil er verlorene Kunden zurück nach Geisweid holen könnte.

Mues verwies zudem auf die „riesige Einzelhandelsinfrastruktur“ im Stadtteil, die heute aber zu weiten Teilen anders genutzt werde, als Büros etwa. Rewe und Aldi könnten die Handels-Ankerpunkte bilden, zwischen denen sich die Kundenströme im Stadtteil bewegen – ebenfalls möglich sei aber auch, dass die Kunden am Discounter parken, dort einkaufen und wieder fahren, ohne den Handel aufzusuchen, wie Daniela Stoker (Grüne) angemerkt hatte. Im klassischen Einzelhandel und in Discountern verhalte sich das Publikum eben unterschiedlich. „Wir können die Auswirkungen des Rewe doch noch gar nicht ermessen, die Studie ist einfach überflüssig“, wandte auch ihre Fraktionskollegin Angela Jung ein.

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