Wilnsdorf. Durch das Investitionsprogramm verdoppelt sich innerhalb von drei Jahren der Schuldenstand der Gemeinde Wilnsdorf.
Bürgermeister Hannes Gieseler spricht von einem „Ritt auf der Rasierklinge“. Kämmerer Daniel Denkert räumt ein, dass die Planung mit exakt 10.544 Euro Überschuss „recht fragil“ sei: „Da darf nichts Unerwartetes passieren.“
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Auf der Kippe stehen
Damit der Haushaltsausgleich gelingt und die Gemeinde nicht gleich wieder in die Haushaltssicherung abrutscht, musste der Kämmerer einige Register ziehen:
Die Gewerbesteuer wird mit 9,3 Millionen Euro kalkuliert, eine halbe Million mehr als im Plan für 2021. Allerdings, so Daniel Denkert, überrascht auch schon das laufende Jahr positiv: Die Wirtschaft habe sich, „für uns relativ erstaunlich“, schneller von den Corona-Folgen erholt, was aktuell sogar zu einer Schätzung von mehr als zehn Millionen Euro Gewerbesteuern führt. Entsprechend könnte der bisher kalkulierte Überschuss von 300.000 Euro noch etwas größer ausfallen.
Eckdaten
Etat: 43,74 Millionen Euro Ausgaben, 43,75 Millionen Euro Einnahmen, Überschuss 10.000 Euro.Einnahmen: Gewerbesteuer 9,4 Millionen Euro, Einkommensteuer 12,6 Millionen EuroAusgaben: Kreisumlage 15,3 Millionen Euro, Personal 7,6 Millionen Euro.
Für die Kreisumlage veranschlagt der Kämmerer nicht die vom Kreis geforderten 16,2 Millionen Euro. Daniel Denkert geht davon aus, dass die Forderungen der Bürgermeister, die eine Senkung des Hebesatzes verlangen, und des Landrates sich „in der Mitte“ treffen und 15,3 Millionen Euro zuzüglich einer erwarteten Rückerstattung der Jugendamtsumlage ausreichen. „Jedes Jahr dasselbe Spiel“, stellt Bürgermeister Hannes Gieseler fest, der den Kreishaushalt als „unnötig aufgebläht" kritisiert.
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1,9 Millionen Euro Aufwand tauchen in dem Zahlenwerk gar nicht erst auf. Sie werden, wie vom Land gefordert, als pandemiebedingte Kosten „isoliert“, wie im Vorjahr und in den nächsten Jahren auch. Insgesamt wird Corona die Gemeinde am Emde 9,8 Millionen Euro gekostet haben, die ab 2025 abzutragen sind. „Bares Geld vom Land wäre uns lieber gewesen“. sagt Hannes Gieseler, „da macht man es sich sehr leicht in Düsseldorf.“
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Zumindest durch die Blume lassen Bürgermeister und Kämmerer durchblicken, dass es 2023 mit den seit 2016 stabilen Steuersätzen vorbei ist: Allein für 2023 wird ein Defizit von von rund 650.000 Euro vorausgesagt, 2024 von rund 180.000 Euro. Für 2025 werden schwarze Zahlen in die Planung geschrieben – darin ist die Finanzierung der Pandemiekosten aber noch nicht erhalten. Mit einem Prozentpunkt Grundsteuer holt die Gemeinde etwa 7000 Euro herein. Für 700.000 Euro müsste der Hebesatz folglich von jetzt 475 auf 575 Prozent erhöht werden.
Investieren
Die Gemeinde investiert: allein im nächsten Jahr wieder rund 11,9 Millionen Euro. Die Verschuldung für Investitionen wird sich somit von 2020 bis 2022 fast verdoppelt haben. „Investitionen, die wir herausschieben, werden exorbitant teurer“, warnt der Bürgermeister.
Der Neubau der Grundschule Wilnsdorf ist 2022 mit einem Betrag von zwei Millionen Euro veranschlagt; insgesamt wird das Vorhaben nach derzeitiger Kalkulation knapp 12 Millionen Euro kosten.
Der Neubau des Feuerwehrgerätehauses Anzhausen/Flammersbach soll insgesamt 3,1 Millionen Euro kosten, 2021 werden davon 1,6 Millionen Euro fällig.
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Für den Ausbau der Gemeindestraßen sind 555.000 Euro, für Radwege 454.000 Euro, für eine neue Pelletheizung in der Hauptschule 400.000 Euro veranschlagt.
Obersdorf, Wilden und Gernsdorf bekommen Dorfplätze, für die hohe Landeszuschüsse fließen.
Im Rahmen der Bauunterhaltung werden zwei Millionen Euro für die Schulen und die gemeindlichen Gebäude eingeplant, allein für das Gymnasium fast 600.000 Euro für Brandschutzmaßnahmen und den Umbau des Verwaltungstraktes.
Zeichen setzen
Bau- und Gewerbegebiete: Eine politische Marke will Bürgermeister Hannes Gieseler mit den 2,4 Millionen Euro für den Grunderwerb gesetzt sehen, denen später Einnahmen in mindestens gleicher Höhe gegenüberstehen. Die Gemeinde werde künftig nur Baugebiete erschließen, in denen ihr die Grundstücke gehören. Beim Wiederverkauf kann sie so ihre Richtlinien für die Vergabe von Grundstücken (an junge Familien, für ökologisches Bauen) anwenden und ein Baugebot durchsetzen. Vermieden würden damit Baulücken: Wären die in den letzten Jahren nicht entstanden, so Gieseler, „müssten wir kein neues Baugebiet ausweisen.“ Budenbach in Rinsdorf, Hofacker in Wilgersdorf und Dörrstück in Anzhausen wären mögliche Adressen. „Das liegt an den Grundstückseigentümern. Ähnlich will die Gemeinde beim Gewerbegebiet Lehnscheid VII an der Autobahnauffahrt vorgehen: „Dann können wir selbst entscheiden, wen wir ansiedeln“ – vorzugsweise Firmen, die auf wenig Fläche hohen Wert schöpfen und entsprechend Steuern bezahlen.
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Verkehr: Das andere Zeichen setzt Bürgermeister Hannes Gieseler in der Verkehrspolitik: „Ein wesentlicher politischer Bestandteil der kommenden Jahre“ soll die Entschärfung gefährlicher Verkehrssituationen sein. Vorrangig im Blickfeld sind die Ortsdurchfahrten Wilden und Dielfen, Schleichwege und die Bereiche von Schulen und Kitas. Einen Anfang habe die Gemeinde mit der künftig neuen Verkehrsregelung im Wilnsdorfer Einkaufszentrum gemacht. Konkret ist an die Beschaffung von Geschwindigkeitsanzeigegeräten gedacht. „Wir dürfen ja leider nicht blitzen.“
Der Gemeinderat verabschiedet den Haushaltsplan am 3. Februar.
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