Siegen-Wittgenstein. Nach langem Hin und Her kann die Impfstudie im Siegener Impfzentrum nun doch starten. Vakzin für Kinder und Jugendliche von 12 bis 15 Jahren.

Jetzt also doch: unabhängig von zunächst der de facto abgesagten Impfstudie (wir berichteten) ermöglicht das Land NRW Corona-Schutzimpfungen von 12- bis 15-Jährigen in den Impfzentren des Landes. Das Siegener Impfzentrum wird sich daran beteiligen – die Bereitschaft war ja auch bereits erklärt worden, bis das Gesundheitsministerium der Impfstudie durch seine hohen Auflagen einen Strich durch die Rechnung machte. Durch die Kehrtwende kann die Studie nun aber doch stattfinden, wie der Kreis Siegen-Wittgenstein am Donnerstag, 29. Juli, mitteilte.

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Nun scheint das Land auf öffentlichen Druck hin einzulenken. Nach wie vor empfiehlt die Ständige Impfkommission (Stiko) die Impfung 12- bis 15-Jähriger nur, wenn sie Vorerkrankungen haben oder Angehörige von Risikopatienten sind. Gleichzeitig ist aber ein Abflachen der Impfbereitschaft zu beobachten. Warum impfwillige Jugendliche ein für sie zugelassenes Vakzin nicht erhalten sollten, konnte die Landesregierung nicht schlüssig darlegen. Nun wird die Impfung für genau diese Bevölkerungsgruppe, der das Land eine Impfung faktisch verweigert hatte, doch möglich gemacht, entgegen der Verlautbarungen aus der vergangenen Woche.

Johannes Remmel (Grüne) aus Siegen: Verzögerung der Impfstudie „widersinnig“

Vor Ort in Siegen musste zunächst geklärt werden, wie der neuerliche Erlass der Landesregierung umgesetzt werden kann. Bedingung des Landes ist es, dass Kinder und Jugendliche ein Aufklärungsgespräch mit einem Kinder- oder Jugendmediziner führen. Die anderen Auflagen wie die räumliche Trennung für junge Impflinge oder dass diese Impfungen nicht abgerechnet werden können, sind passé. Vorgesehen ist, dass an bestimmten Tagen diese Fachärzte vor Ort sein werden – voraussichtlich am Freitag, 30. Juli, kann es losgehen.

Johannes Remmel, grünes Mitglied des Landtags, hatte die Landesregierung gegenüber dieser Zeitung aufgefordert, sich nicht länger um ihre Verantwortung zu drücken. Die Verzögerung des Starts der Impfstudie in Siegen-Wittgenstein durch die Auflagen des Gesundheitsministeriums sei „widersinnig“. Den Forschenden seien völlig unpraktikable Auflagen für die Durchführung der Studie gemacht worden. Für die Kinder und Jugendlichen und deren Familien, die an der Studie teilnehmen wollten, „ist es ein enttäuschendes Signal“, so Remmel.

Siegener CDU-Abgeordneter Jens Kamieth „enttäuscht“ von Landesregierung

Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann habe sich bei der ablehnenden Haltung auch auf mangelnde Daten zur Impfung Jugendlicher berufen, während die Studie genau diese Daten auch erheben wollte. „Ohne zusätzliches Wissen werden wir aber keinen Weg aus dieser Pandemie finden“, so der Landtagsabgeordnete – erst auf Basis solcher Erkenntnisse könnten Entscheidungen für sicheren Präsenzunterricht, gezielten Einsatz von Schutzmaßnahmen und pragmatischen, aber verantwortungsvollen Umgang mit der Pandemie getroffen werden. „Alles andere mutet wie ein Stochern im Nebel an.“

„Ich war sehr enttäuscht von der Entscheidung des Ministeriums“, sagt der Siegener CDU-Landtagsabgeordnete Jens Kamieth. Wichtig sei eine Freiwilligkeit, er habe größtes Verständnis für Bedenken gerade bei den Impfungen für Kinder, dennoch überwiege bei gründlicher Abwägung der Nutzen. „Ich hatte in Düsseldorf dafür geworben, dass man genauer hinschaut und unterstützt, das steigert die Enttäuschung noch“, so Kamieth.

„Müssen alles tun, Kindern weiteren Lockdown und Distanzunterricht zu ersparen“

Zeitweise seien aber statt dem Gesundheitsschutz Finanzierung und Formalia nach vorn geschoben worden, statt für eine weitere Welle der Pandemie wichtige Erkenntnisse zu gewinnen. „Wir müssen alles dafür tun, Kindern weiteren Lockdown und Distanzunterricht zu ersparen“, so der Familienpolitiker. Und: „Es wäre eine Möglichkeit gewesen, dass von Siegen aus etwas Gutes ausgeht in dieser Pandemie.“ Heinsberg stehe unglücklicherweise für die Ausbreitung des Coronavirus – Siegen hätte am anderen Ende der Skala stehen können.

Seine CDU-Kollegin Anke Fuchs-Dreisbach sieht das anders und verweist darauf, dass es bedauerlich sei, „dass die Planung der Studie so ungünstig abgelaufen ist.“ Land und damit die Impfzentren handelten nach den Empfehlungen der Stiko, die keine generelle Impfung vor dem 16. Lebensjahr empfehle – „deswegen ist es verständlicherweise nicht möglich, die räumliche und personelle Infrastruktur des Impfzentrums zu nutzen.“

Sommerliche Impflounge mit Cocktails und Snacks im Impfzentrum Siegen

Vor dem Hintergrund sinkender Impfbereitschaft bietet der Kreis neben mobilen Impfteams am Freitag, 23. Juli, auch eine „sommerliche Impflounge“ im Impfzentrum Siegen an: Von 8 bis 18 Uhr sind alle Siegen-Wittgensteiner ab 16 Jahren eingeladen, zur Erst- oder Zweitimpfung zu kommen und alkoholfreie Cocktails und Snacks zu genießen, wie es in einer Mitteilung der Kreisverwaltung heißt. Verimpft werden die beiden mRNA-Impfstoffe Biontech und Moderna.

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Es wird darum gebeten, ein Ausweisdokument mitzubringen. Junge Erwachsene unter 18 Jahren benötigen eine Einverständniserklärung beider Erziehungsberechtigten und sollten von mindestens einem Elternteil begleitet werden.