Dahlbruch/Siegerland. SMS Group will mit Einsparungen bei Personalkosten in Deutschland international wettbewerbsfähiger werden. Nach Corona wieder mehr Aufträge.

Die Corona-Krise ist bei der SMS Group deutlich spürbar, vor allem im globalen Umfeld. Um 40 Prozent sind die Auftragseingänge im Pandemiejahr 2020 im Vergleich zu 2019 zurückgegangen. Neben weiteren Maßnahmen kündigt die Geschäftsführung an, weitere 100 Millionen Euro Personalkosten in Deutschland einsparen zu wollen – was auch den Standort Hilchenbach treffen dürfte.

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Gleichzeitig wird in Dahlbruch aber auch in nachhaltige Zukunftstechnologien investiert. Die Dekarbonisierung der Stahlproduktion sieht SMS neben der Digitalisierung und dem Ausbau der Service-Sparte als ein wesentliches Standbein künftiger Geschäftstätigkeiten.

Kurzarbeit bei der SMS Group derzeit bei zwischen 15 und 20 Prozent

3,03 Milliarden Euro Auftragsbestand – ein hohes Niveau, aber nicht genug für eine Vollauslastung in allen Produktionsbereichen, sagt Finanzvorstand Torsten Heising. Die Coronakrise habe das Unternehmen schwer getroffen, gegengesteuert wurde mit Kurzarbeit, zeitweise bis zu 30 Prozent der Belegschaft, derzeit liege sie in Deutschland zwischen 15 und 20 Prozent. Man habe früh Maßnahmen zur Liquiditätssicherung getroffen und Kostendisziplin gewahrt; 863 Millionen Euro Nettoliquidität (plus 4 Prozent) eröffnen Handlungsspielräume – auch wenn Rückstellungen und eben die Corona-Folgen das Ergebnis belastet haben. Die Investitionen verdoppelten sich 2020 auf 83 Millionen Euro.

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165 Millionen Euro vor Steuern verbucht SMS als Verlust. 6,5 Prozent unter dem Vorjahreswert lag der Umsatz der SMS Group mit 2,74 Milliarden Euro. „Unser Erfolg hängt ab vom Erfolg und von den Investitionen unserer Kunden“, sagt Vorstandschef Burkhard Dahmen.

SMS Group setzt auf Nachhaltigkeit: Hin zum CO2-neutralen Stahl

Derzeit profitierten die Stahlhersteller von der weltweit hohen Nachfrage, sagt Vorstandsvorsitzender Burkhard Dahmen, die protektionistische Politik der USA und Chinas hätten das Geschäft belebt und gleichzeitig den Trend zur Regionalisierung verstärkt. Der metallurgische Anlagenbau entwickle sich stabil, werde aber wohl nicht das Vor-Krisen-Niveau erreichen. Steigende Rohstoffpreise und Klimaschutzauflagen setzten die Branche unter hohen Innovations- und Investitionsdruck. Dennoch nähmen viele Kunden zurückgestellte Projekte wieder auf, investierten in neue Anlagentechnik. Dabei spiele der SMS Group die Neustrukturierung hin zur Regionalisierung in die Hände.

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„Die Dekarbonisierung ist einer der größten Hebel im Kampf gegen den Klimawandel“, so Technischer Direktor Prof. Hans Ferkel; die Branche werde in den kommenden Jahrzehnten mit der Produktion CO2-neutralen Stahls eine grundlegende Transformation erfahren. Die SMS Group könne ihren Kunden bereits heute entsprechende Strategien anbieten. Mit dem Technologiewechsel vom klassischen Hochofen zur Direktreduktion mit Hilfe von grünem Wasserstoff aus erneuerbaren Energien und einer Metall-Kreislaufwirtschaft soll die Klimaneutralität in Deutschland bis 2045 erreicht werden. 2024 soll die Produktionsanlage des Joint Ventures „H2 Green Steel“ in Nordschweden an den Start gehen mit einer jährlichen Produktionsmenge von 5 Millionen Tonnen Stahl.

Technischer Service generiert bei der SMS Group immer mehr Aufträge

Digitalisierung, Automatisierung und Technischer Service generieren einen erheblichen Teil der Aufträge bei der SMS Group, die Geschäftsführung rechnet damit, dass dieser Trend sich weiter verstärkt. „Unsere Kunden konzentrieren sich stärker auf ihre Kernprozesse“, erläutert Digitalisierungsvorständin Katja Windt. Leistungen würden an die SMS ausgelagert, die partnerschaftliche Beziehung zu den Kunden damit gestärkt.

Auch im Bereich der Hafenlogistik mit Container-Großlager-Anlagen (wir berichteten) wird das erwartet, die Geschäftsleitung ist zuversichtlich, noch in diesem Jahr den ersten Auftrag für ein solches großindustrielles Lagersystem zu erhalten. Bereits im laufenden Geschäftsjahr wolle man auf den „Wachstumspfad zurückkehren“.

Am Standort Hilchenbach geht Anlage zu Batterierecycling an den Start

Weitere 100 Millionen an Kosteneinsparungen beim Personal an allen deutschen Standorten seien nötig, um auf den Preisdruck im globalen Wettbewerb reagieren zu können, sagt Burkhard Dahmen. Diese Summe solle „nachhaltig eingespart“ werden – wie genau, darüber werde derzeit mit der IG Metall verhandelt. Ziel sei es, so viele Arbeitsplätze „wie möglich“ in Deutschland zu behalten; es gehe nicht darum, Personal zu reduzieren, sondern die Kosten – mit dem Ziel der Wettbewerbsfähigkeit. Wie konkret das aussehen soll, dazu machte Dahmen mit Verweis auf die laufenden Verhandlungen keine Angaben.

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Derweil geht am Standort Hilchenbach in Kürze ein weiteres Projekt an den Markt: Batterierecycling. Mit dem Joint Venture „Primobius“ reagiert SMS auf die stark steigende Nachfrage nach Akkus bei gleichzeitig knappen Ressourcen. In einem zweistufigen Prozess werden bei diesem neu entwickelten Verfahren Batterien zunächst geschreddert und dabei entladen, erklärt Prof. Ferkel, so werden Kunststoff- und Metallteile aussortiert. Zurück bleibt die sogenannte schwarze Masse (Black Mass), die hydrometallurgisch aufbereitet wird. Die so erhaltenen Chemikalien seien so rein, dass sie in die Produktion neuer Batteriezellen zurückgeführt werden können. Insbesondere das Schreddern könne dezentral erfolgen, der Gefahrentransport über weite Strecken damit entfallen, so Ferkel – die harmlose Schwarze Masse wird dann an zentralen Standorten weiterverwertet.

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