Dahlbruch. 1200 von 4000 Stellen in ganz Deutschland stehen auf dem Spiel – die Auswirkungen auf Dahlbruch stehen noch nicht fest.
Vor drei Jahren waren es die Überkapazitäten auf dem Weltmarkt, jetzt ist es Corona. Die SMS group plant erneut den Abbau von Personal. Die Geschäftsleitung hat den Betriebsrat über das Vorhaben informiert, mehr als 100 Millionen Euro Personalkosten einzusparen – das entspräche einem Abbau von etwa 1200 der insgesamt rund 4000 Stellen in Deutschland. In Dahlbruch arbeiten derzeit 1850 Beschäftigte, vor drei Jahren waren es noch 2000. „Wir werden das genau prüfen und tief in die Zahlen einsteigen“, sagte Betriebsratsvorsitzender Tobias Tigges dieser Zeitung auf Anfrage. Im Zukunftstarifvertrag waren betriebsbedingte Kündigungen bis 2023 ausgeschlossen worden.
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Im Dezember hatte der Vorstand der SMS group Jahresergebnisse für 2020 vorgestellt. „Voll erwischt“ habe die Covid-Welle das Unternehmen, stellte dort Finanzvorstand Torsten Heising fest. Vorstandsvorsitzender Burkhard Dahmen hatte zwar zuversichtliche Ausblicke gegeben: auf neue Aktivitäten wie die in Hilchenbach entstehende Pilotanlage zum Elektroauto-Batterien-Recycling, auf veränderte Geschäftsmodelle und die Rückkehr zu besseren Ergebnissen in den Jahren 2022 und 2023. Zugleich wurde aber auf die bereits laufende Kurzarbeit und anstehende „Umstrukturierungen“ hingewiesen.
150 Jahre
2021 ist für den Standort Dahlbruch der SMS group ein Jubiläumsjahr. 1871 gründete Carl Weiss in Siegen seinen Schmiedebetrieb, aus dem der Siegener Maschinenbau (Siemag) wurde. 1927 kaufte Weiss die Dahlbrucher Eisengießerei Gebrüder Klein und stieg damit in den Walzwerksbau ein.
1973 fusionierte die Siemag mit der Firma Schloemann aus dem Gutehoffnungshütte-Verbund (GHH). 1999 kam die Demag dazu, aus der Schloemann Siemag AG wurde die Schloemann Demag AG. 2009 gab Mannesmann auch seine GHH-Anteile an die Familie Weiss ab. 2009 entstand so die SMS Siemag AG, die 2015 zur SMS group umfirmierte.
Die schlechten Nachrichten
Die schlechten Nachrichten haben Dahlbruch in der letzten und der vorletzten Woche erreicht. Die IG Metall hat zunächst ihre Vertrauensleute und ihre Mitglieder, die Unternehmensleitung am Donnerstag die Belegschaft mit einem Video informiert, auf das die IG Metall ihrerseits mit einem Video reagiert hat. Die IG Metall hat ihrerseits einen Sachverständigen beauftragt, die Lage zu untersuchen. „Wir werden weiter Gespräche führen“, sagte Tobias Tigges. Mit einer kurzfristigen Reaktion auf das Ansinnen des Arbeitgebers sei daher nicht zu rechnen.
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Die Unternehmensleitung drückt indes aufs Tempo: „Wir müssen unmittelbar unsere Kosten senken. Es bedeutet, dass wir hohen Handlungsdruck haben und nun dringend Verhandlungen aufnehmen und Ergebnisse erzielen müssen“, hieß es auf Anfrage dieser Zeitung. „Aufgrund der verhaltenen Aussichten in der Weltwirtschaft seit dem Ausbruch der Covid-19-Pandemie korrigieren unsere Kunden mehrheitlich ihre Geschäftsprognosen nach unten und halten Investitionen zurück. Dies hat in unserem Kerngeschäft zu einem deutlichen Rückgang des Auftragseingangsvolumens geführt.“
Die Krise von 2018
Im Jahr 2018 hatte die SMS group die Streichung von 450 Stellen ins Auge gefasst, nachdem bereits in einer vorangegangenen Welle zwischen 2014 und 2017 insgesamt 1200 Stellen in Deutschland, davon allein 500 in Dahlbruch, abgebaut worden waren. In den Verhandlungen über einen Zukunftstarifvertrag konnte die IG Metall damals erreichen, dass in Dahlbruch 75 Beschäftigte in Frührente oder Altersteilzeit gingen, halb so viele wie ursprünglich geplant, und dass der Personalabbau ohne Kündigungen erfolgen konnte. Im Gegenzug verlängerten die Beschäftigten ihre Arbeitszeit ohne Lohnausgleich, verzichteten auf Sonderzahlungen und Tariferhöhung. Dafür wurden neben der Beschäftigungsgarantie bis 2023 Investitionen in den Standort und die Ausbildung von jährlich 70 Nachwuchskräften zugesagt.
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Die neue Perspektive
Eine vergleichbare Vereinbarung mit einer nun allerdings gegenüber 2018 deutlich verjüngten Belegschaft schließt die Geschäftsleitung nicht aus: „Sollten die Personalkosten ausschließlich durch einen Stellenabbau gesenkt werden müssen, entspräche dies 1200 Stellen. Wenn allerdings die Tarifvertragsparteien einem gemeinsamen tragfähigen Fortführungskonzept des Zukunftstarifvertrags zustimmen, können entsprechend mehr Arbeitsplätze in Deutschland erhalten bleiben.“
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