Siegen. Das Burbach-Verfahren wird aus der Siegerlandhalle ins Siegener Landgericht wechseln: Dort stehen in Raum 165 Mitte Juni Plädoyers und Urteil an.

„Wir nehmen jetzt Abschied von der Siegerlandhalle.“ Es ist Mittwoch, 26. Mai 2021, exakt 11.55 Uhr, als Richterin Elfriede Dreisbach diese durchaus historischen Worte spricht. Wenn Kammer und Beteiligte am 15. Juni zusammenkommen, geht es nicht mehr in den Hüttensaal, wie so viele Male seit dem Start des „Burbach-Verfahrens“ am 8. November 2018. Der voraussichtlich letzte Akt – Plädoyers und Urteil – soll ganz regulär im Saal 165 des Siegener Landgerichts über die Bühne gehen. Wobei es in diesem Verfahren natürlich nur eines mit Sicherheit gibt: Keine Sicherheit.

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Kaum hat die Vorsitzende den Satz ausgesprochen, weist Oberstaatsanwalt Christian Kuhli auf einige Dokumente hin, die bislang nur in einem der abgetrennten Verfahren verlesen wurden. Das wird nun schnell nachgeholt. Ganz geschlossen ist die Beweisaufnahme noch nicht, aber viel fehlt nicht mehr.

Burbach-Verfahren in Siegen: Noch einige offene Fragen zu klären

Einige offene Fragen an den früheren Wachmann O. sind noch gestellt und geklärt worden, der sich beim vorherigen Termin eingelassen hatte. Auch der frühere Sozialbetreuer L. (54) hat danach eine Aussage gemacht. Der gebürtige Tunesier war von der Eröffnung der Einrichtung bis zur Ablösung der umstrittenen Betreiber in Burbach, hat damals dringend eine Arbeit gesucht, weil er Ende 2013 ohne Job war und nach einem Streit mit seiner Frau zusätzlich obdachlos. Er habe bei einem Freund gelebt und sei froh gewesen, in Burbach eine neue Anstellung und gleich noch eine Wohnung auf dem Gelände zu bekommen.

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Einschließlich des im Verfahren oft erwähnten „Oberbetreuers“ B. seien sie vier Personen gewesen, die auf dem Areal lebten. Was unter anderem auch bedeutet hätte, dass er oftmals außerhalb seiner Dienstzeit um Hilfe gebeten worden sei, betont der Angeklagte. In seiner Jugend in Tunesien hat der Mann eine Hotelfachschule besucht, dort „Englisch, Italienisch, Französisch und Arabisch gelernt“. L. berichtet diese Dinge selbst, anders als viele seiner Kollegen.

Burbach-Verfahren: „Problemzimmer“ nur nach Anweisung des Vorgesetzten genutzt?

Er sei „nur ein kleiner Fisch“ gewesen, betont der Mann, der seit 1991 in Deutschland lebt. Jede Entscheidung über ein Verbringen ins „Problemzimmer“ sei immer nur von B. getroffen worden. Er selbst habe diesen angerufen oder sei von ihm kontaktiert worden. Der aus Afrika stammende B. steht aus gesundheitlichen Gründen noch nicht vor Gericht, ist aber in der Verhandlung immer wieder als Mann mit großer Verantwortung genannt worden.

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Christian Kuhli will trotzdem nicht glauben, dass dieser 24 Stunden am Tag und sieben Tage in der Woche Anweisungen gegeben habe. Die übrigen drei Angeklagten bestätigen diesen Eindruck allerdings. Manchmal habe B. mit der Taschenlampe aus dem Wohnzimmer geleuchtet, um sich einen Eindruck zu verschaffen.

Siegen: Weiterer angeklagter Wachmann im Burbach-Verfahren schweigt

Bleibt noch ein angeklagter Wachmann, der aber keine Aussage machen will. Sein Anwalt stellt den Antrag, zwei Ärzte zu laden, die bestätigen sollen, dass der Mandant G. im Februar 2014 durch den Angriff eines Bewohners ernsthaft am Knie verletzt und im April operiert wurde. Er möchte damit vor allem etablieren, dass der Mann die meiste Zeit unter Schmerzen stand, an Krücken lief und kaum an Körperverletzungshandlungen beteiligt gewesen sein könne. Der Oberstaatsanwalt stellt Einstellungen in Aussicht, möchte aber die Bestätigung, dass G. am Abend der Entstehung des berüchtigten Videos dabei war, weil unter anderem seine Stimme zu hören sei. Das wird bejaht.

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Die Kammer will eine formale Entscheidung über den Antrag am 15. Juni verkünden, vor den Schlussvorträgen.

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