Netphen. Das Grundstück für den Bahndammweg in Dreis.-Tiefenbach ist weg. Jetzt wird’s teurer – falls überhaupt noch etwas geht.

Vor gut einem Jahr hat NRW-Kommunalministerin Ina Scharrenbach den Heimat-Scheck selbst in Netphen abgegeben: 305.100 Euro Landeszuschusss für den Rad- und Fußweg „Sieg verbindet“ auf der ehemaligen Kleinbahntrasse über die historische Eisenbahnbrücke in die Siegaue. Jetzt steht fest: Das Projekt wird nicht nur rund 200.000 Euro teurer als die insgesamt geplanten 339.000 Euro. Auch die Fläche für den Weg steht gar nicht zur Verfügung.

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Das Sieg-Problem

Da, wo der Weg eigentlich von der Bismarckstraße auf die Bahntrasse abzweigen sollte, ist nämlich jetzt das Spielgelände der neuen AWO-Kita. Die Neubebauung an der Bismarckstraße ist anders gelaufen als geplant: Ursprünglich sollte neben dem Bahnhof ein Mehrfamilienhaus, danach dann das zweite Wohnhaus mit der Kita entstehen und dahinter, immer in Richtung Jung-Stilling-Platz, das Spielgelände. Die Kreissiedlungsgesellschaft (KSG) hat ihre Planung geändert und die Reihenfolge der Gebäude getauscht, sodass die Spielfläche nun zwischen den Häusern liegt. Die KSG konnte das tun, sie baute auf dem Grundstück der Kreisbahn Siegen-Wittgenstein. „Die Stadt Netphen hatte da nie Eigentum“, sagt Rainer Schild, der amtierende Baudezernent, diese Zeitung auf Nachfrage.

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Die Reaktionen im Stadtentwicklungsausschuss waren verschnupft. „Sehr schade“ fand Erhard Braas (UWG) diese Entwicklung. Reinhard Kämpfer (UWG), der ehemalige Ortsvorsteher, bedauerte: Schließlich wäre der Weg auch für die Kita-Kinder selbst, die aus der Wernsbach und der Zinsenbach kommen, nützlich gewesen: Nun müssten sie weiter auf der Bismarckstraße laufen, die keinen abgetrennten Gehweg hat, oder gleich von den Eltern mit dem Auto gebracht werden. „Ich kann das nicht nachvollziehen“, sagte Dr. Gerrit Kampmann (SPD). Ob es den keinen „Plan B“ gebe, fragte er.

Den gibt es: Der Weg müsste länger werden, direkt vorne am Bahnhof beginnen und dann auf der Böschung der Sieg zu der Eisenbahnbrücke von 1905 geführt werden, der letzten noch erhaltenen Kleinbahnbrücke, die von den Kölsch-Fölzer-Werken, früher: Stahlwerke Siegen-Lothringen, gebaut wurde. Dazu müsste die Böschung in Teilbereichen aufgeschüttet werden, und die Stadt braucht eine hydraulische Berechnung, ob und wie das Hochwasserabflussgebiet der Sieg beeinflusst wird. Das Ergebnis sei „derzeit fraglich“, heißt es in der Vorlage der Verwaltung. Wenn das klappt, werde der Weg allerdings sogar „landschaftlich reizvoller“. Ob das Land dafür mehr Geld bereitstellt, hofft die Stadt Anfang April zu erfahren.

Das Radwege-Programm

Mit anderen Wegeverbindungen hat die Stadt mehr Glück. Zwei Wirtschaftswege sollen noch in diesem Jahr ausgebaut werden:

Netphen-Oelgershausen: die Verlängerung der Müdersbergstraße bis zum Wirtschaftsweg nach Oelgershausen, etwa 180 Meter für 80.000 Euro, von denen die Stadt selbst 32.000 Euro trägt und den Rest das Land. „Das lohnt sich“, sagte amtierender Baudezernent Rainer Schild auf eine skeptische Nachfrage von Annette Scholl (SPD). Auch solche Steigungsstrecken seien nun bei zunehmender Verbreitung von E-Bikes für den Radverkehr attraktiv. Tobias Glomski (Grüne): „Nach Oelgershausen spart man knapp 500 Meter.“

Werthenbach Mattenbachstraße: Die 600 Meter lange Verlängerung der Mattenbachstraße soll asphaltiert werden. Die Kosten betragen 300.000 Euro, der städtische Anteil 120.000 Euro. „Wo soll das enden?“, fragte Paul Legge (CDU) angesichts des Gesamt-Kostenvolumens, das aus dem neuen Wirtschaftswegekonzept der Stadt hervorgeht: Allein kurzfristig sieht das Konzept einen Investitionsbedarf von mehr als 10 Millionen Euro. Dazu, so Paul Legge, kommen noch die nun durch die Holzabfuhr zerstörten Waldwege, die womöglich langfristig für Wanderer, Spaziergänger und Mountain-Biker ausfallen: „Die Waldgenossenschaften haben in den nächsten 50 Jahren keine Einnahmen mehr.“ Rainer Schild zeigte sich dagegen „relativ zuversichtlich“, dass es erneut, wie nach Kyrill, auch dafür ein Fördeprogramm des Landes geben wird.

Ebenfalls 2021 will die Stadt die Radweg-Lücke in Herzhausen schließen: Dort geht es um dei Rückführung des Weges aus Richtung Eckmannshausen auf die L 728.

Als Bürgerradweg, den der Landesbetrieb Straßenbau bezahlt, wird die Verbindung entlang der L 719 vom Sportplatz Deuz zur Feuersbacher Höhe angelegt.

Auf dem Programm für die nächsten Jahre stehen das Krummfeld in Werthenbach, Netphen-Brauersdorf, Deuz-Beienbach über die Höhe am Bestattungswald vorbei, Sanierung Herzhausen-Eckmannshausen, Salchendorf an der K 11 Richtung Sportplatz, Frohnhausen-Oelgershausen, Hainchen Richtung Haincher Höhe, Sonnenhof und Stephanshof in Nenkersdorf.

Sanierungsbedarf

1440 Kilometer Wirtschaftswege gibt es in Netphen, davon gehören 578 der Stadt. 306 Kilometer sind unbefestigt.

Als „in Ordnung“ wurden bei der Bestandsaufnahme nur 1,4 Prozent der Gesamtlänge eingestuft.

Das Beienbach-Projekt

Gerade in Bau geht ein anderes, seit Jahren geplantes Vorhaben: der Abzweig vom Bahndamm-Radweg Netphen-Deuz nach Beienbach. Die Rodung des Geländes ist erfolgt, bis Ende Juli soll die Verbindung am Naturschutzgebiet Auenwald bis zur L 729 einschließlich Ampel fertig sei, berichtete Rainer Schild. Auf der anderen Straßenseite soll es dann auch weitergehen: Für die Verbindung von der L 729 bis Beienbach sollen ein 800 Meter langer Wirtschaftsweg ausgebaut und ein anschließender, 300 Metern langer Weg zu ehemaligen Klärwerk saniert werden. Zu den Kosten von rund 400.000 Euro erwartet die Stadt einen Zuschuss von 80 Prozent.

„Gut, dass das der Weg endlich verwirklicht wird“, sagte Annette Scholl (SPD). Die neue Verbindung könne auch für Umsteiger interessant sein: mit dem Fahrrad von Beienbach zur Haltestelle an der L 729, von dort weiter mit dem Bus in Richtung Siegen. Dazu würde eine Beleuchtung der Haltestelle Sinn machen, außerdem eine Fahrradabstellmöglichkeit wie bei einer Mobilstation. Für die abschließbare Fahrradgarage sah Rainer Schild keine Chance - Netphens einzige Mobilstation kommt an die zentrale Umsteige-Haltestelle Rathaus. Das mit der Lampe lässt sich aber wohl machen: entweder per Kabel, sonst mit Sonnenkollektor. „Ein interessanter Gedanke“, sagte Rainer Schild.

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