Siegen. 870 PS, 30 Tonnen Stahl – so brachial der demilitarisierte Panzer ist: Er ist hervorragend geeignet für den Naturschutz auf der Trupbacher Heide.
870 PS lassen die Heide beben. Das Dröhnen aus literweise Hubraum grollt bis zum Geisweider Schießberg und runter nach Trupbach. Naturschutz mit dem Panzerfahrgestell. So brachial die Aktion wirkt: Kaum etwas ist so gut zur Erhaltung des Lebensraums Trupbacher Heide geeignet, wie ihn gründlich mit einem Panzer durchzupflügen.
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Das Panzerfahrgestell war mal ein Leopard I
30 Tonnen Gewicht, 65 Stundenkilometer Höchstgeschwindigkeit, bei der Fahrweise auf der Trupbacher Heide drei Liter Diesel auf einen Kilometer. Früher war der Panzer mal ein Leopard I, dann wurde er demilitarisiert: Geschützturm weg, Löcher in die Panzerung. Trotzdem gilt er wieder als Kriegsgerät, Gesetzesänderung. Der Transport ist ein Riesenaufwand. Anderes Thema.
Eine Kettenraupe würde auf der Heide für ein paar hundert Meter eine halbe Stunde brauchen, ein Bagger den ganzen Tag. Der Panzer schafft die Strecke in drei Minuten. Das Kettenlaufwerk ist gefedert: Es reißt den Boden auf und verdichtet gleichzeitig den Untergrund. So schnell und so effektiv – und damit: so günstig – wäre kein anderes Verfahren. Am Nachmittag ist die Arbeit getan. „Das größte Problem für unsere Arbeit sind Spaziergänger abseits der Wege und nicht angeleinte Hunde“, sagt Bernd Thomas. Beides ist ohnehin verboten.
Früher war die Trupbacher Heide Hauberg – und würde es auch wieder werden
Mit der Zeit wächst die Heide zu. Bevor die Trupbacher Heide ein Übungsplatz für Panzerfahrer wurde, war hier Hauberg. Der Wald käme wieder – wenn die Heide nicht gepflegt würde. Mit Feuer, mit Baggern und eben auch mit dem Panzer, je nach dem, um welchen Lebensraum es geht. Zuletzt war großflächig der Rasen abgetragen worden, um den seltenen Vögeln ihr Habitat zu erhalten, der Panzer kümmert sich um Kleintiere in den Tümpeln.
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Ein Panzerübungsgelände ist wie ein Verkehrsübungsplatz. Die Fahrer lernten hier für verschiedene Situationen – Kolonne fahren, querfeldein. Mit der Zeit bildeten sich Fahrspuren, in denen sich das Wasser sammelte. Darin siedelten sich Tiere an, Molche, Insekten. „Aktive Übungsplätze sind die wertvollsten Naturschutzgebiete, die wir haben“, sagt Jonathan Wende vom Bundesforst, für die Aktion verantwortliche Behörde. Da gibt es ein ganzjähriges Betretungsverbot und eine enorme Vielfalt hochspezialisierter Arten. Gepflegt werden diese Gelände quasi nebenbei – die Bundeswehr übt regelmäßig. Wo keine Panzer mehr rollen, werden sie eben angemietet.
Das gefederte Kettenlaufwerk zermalmt den Schlamm zu feinstem Sediment
Zuletzt hatte Bernd Thomas mit seinem Panzerfahrgestell 2014 die Trupbacher Heide gepflegt. „Erstmal muss einiges plattgemacht werden, um wieder in die Spur zu kommen“, sagt er, klettert auf den Fahrersitz, glüht vor und schmeißt den riesigen Diesel an. Im warmen Abluftstrom kann man eine Grundschulklasse trockenföhnen. Drehmoment ist sofort da, mit Tempo 20 prescht der stählerne Gigant über die Anhöhe.
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Der Bundesforst als verantwortliche Behörde hat detailliert ausgearbeitet, um welche Bereiche sich Bernd Thomas und seine Helfer kümmern sollen. Der ehemalige Leopard passt genau in die Fahrspuren, die das belgische Militär hinterlassen hat. Die Ketten wühlen den Schlick auf und zermalmen zusammen mit den gefederten Laufrollen des Fahrwerks den Schlamm. Feinstes Sediment entsteht, sinkt auf den Boden der Tümpel und bildet dort eine Art Dichtungsschicht. Das Wasser versickert nicht mehr so schnell und die kleinen, seltenen und empfindlichen Pfützenbewohner haben länger etwas von ihrem Gewässer.
„Heute sind ideale Verhältnisse“, sagt Bernd Thomas – klatschnass nach der Schneeschmelze und dem vielen Regen. Im Sommer, wenn der Boden trocken und hart ist, hätten die Panzerketten nicht diese Wirkung. Und dann sind die Tiere auch nicht mehr im Winterschlaf. Heute stört der Panzer im Grunde keinen.
Bernd Thomas fährt zum zweiten Mal Panzer auf der Trupbacher Heide
Bernd Thomas ist überall mit dem Panzerfahrgestell auf Truppenübungsplätzen unterwegs, stillgelegten und aktiven. Der 70-Jährige aus Kreuztal ist absoluter Pazifist, wie er sagt, aber er mochte immer schon die Technik, große Motoren. Früher war er Hobbypilot, als das gesundheitlich nicht mehr ging, stand er vor der Wahl: Schiffe oder Panzer. Beide haben große Motoren. Wasser für die Schifffahrt gibt’s im Siegerland nicht genug...
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Der frühere Bauunternehmer besitzt mehrere demilitarisierte Panzer. Das erste Mal sollte er vor 15 Jahren im Auftrag des NABU bei Koblenz fahren. Thomas kontaktierte einen Geologen – einfach querfeldein brausen ist seine Sache nicht. Es soll ja dem Naturschutz dienen. Als er 2014 das erste Mal auf der Trupbacher Heide fahren sollte, nahm Bernd Thomas vorher Kontakt zu einem Siegener Institut für Erdbau auf. Der Leiter war früher Panzerkommandant.
„Die erste halbe Stunde macht’s Spaß“, meint Bernd Thomas, während seine Helfer das Panzerfahrgestell durch ein Tal jagen. „Danach ist es harte Arbeit.“
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