Weidenau. Rund 100 Menschen ziehen bei einem „Trauermarsch“ durch Weidenau, um ihren Unmut über die Corona-Maßnahmen kundzutun. Ablauf bleibt friedlich.

Sie tragen schwarze Kutten und ein Kreuz voran, dazu erklingt „Amazing Grace“ vom Wagen an der Spitze des Zuges. Später gibt es Trauermusik. Rund 100 Menschen starten am Samstagnachmittag vom Bismarckplatz Richtung Polizei und wieder zurück.

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Getrauert wird, so ist es auf einem Transparent zu lesen, unter anderem um - aus Sicht der Teilnehmerinnen und Teilnehmer - das Verschwinden von Selbstbestimmung und Eigenverantwortung, von ausgewogener Berichterstattung in den Medien, um Geschäfte, Gemeinschaft und die freie Meinungsäußerung. Die Teilnehmer wollen auf eine Verletzung der Grundrechte aufmerksam machen, die aus ihrer Sicht in der aktuellen Corona-Politik verübt werde, möchten Diskussionen anstoßen und die Menschen mitnehmen. Wobei sie allerdings weitgehend unter sich bleiben.

Siegen: Diskussionen über die Maskenpflicht bei Umzug von Gegnern der Corona-Regeln

Aufmerksam sind nur die Polizei und Vertreter des Ordnungsamtes, die über die Einhaltung der Vorgaben wachen. Vor allem die Maskenpflicht ist es, die gleich zu Beginn schon zu heftigen Diskussionen führt. „Wir sehen keinen anderen Weg, als zusammen auf die Straße zu gehen und hier vor Ort in einer friedlichen Art und Weise auf uns und unsere Kritik und unsere Forderungen aufmerksam zu machen“, steht im Aufruf des (nicht eingetragenen) Vereins „SiWi-Mitgestalten“.

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Die Tonlage einiger Demonstranten gegenüber den Ordnungskräften ist da etwas anders, die keine Masken tragen wollen oder dürfen, mit ihren Attesten bei den Herren und Damen in Blau allerdings nicht immer erfolgreich sind. Das Problem: Seit November werden bestimmte Formalien verlangt, müsse eine genaue Diagnose auf dem Papier stehen und eine zeitliche Befristung, argumentieren die Vertreter der Stadt. Andernfalls müssen sie die Atteste überprüfen lassen. Weil das vor Ort nicht gehe, sollen die Teilnehmer ihre Personalien angeben. Lächerlich sei das doch alles, schimpft eine Dame mittleren Alters und endet mit einem „Leck mich doch am Fuß!“

Siegen: Veranstaltung von Kritikern der Corona-Maßnahmen verläuft insgesamt friedlich

Danach wird untereinander weiter diskutiert, sind sich die Demonstranten sicher, dass dies alles nur Schikane sei. Wobei es dann auch gut ist, brav die Masken herausgesucht werden. Ernste Dispute gibt es nicht. Wenn Mitorganisatorin Susanne K. (die ihren vollständigen Namen nicht in der Zeitung sehen will) später den bayerischen Ministerpräsidenten zitiert und in die Gruppe ruft, ob so denn wohl ein Mob aussehe oder Menschen, die auf dem Wege seien, in die Fußstapfen der „RAF“ zu treten, erntet sie nicht nur Gelächter und Beifall, fasst die Situation vor Ort auch richtig zusammen. Alles bleibt friedlich und gelassen. Wie „Berufs-Demonstranten“ wirken die Teilnehmer durchweg nicht, die viele Altersgruppen repräsentieren und eher Unerfahrenheit ausstrahlen.

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Geplant war ein Marsch vom Bismarckplatz zum Siegener Kreishaus, wo ein Kranz niedergelegt werden sollte. „Wir hatten gehofft, mit dem Landrat ins Gespräch zu kommen“, bedauert Susanne K., dass Andreas Müller nicht auf die ihm geschickte Mail reagiert habe.

Gegner der Corona-Maßnahmen wählen für „Trauermarsch“ Route durch Weidenau

Aus Zeitgründen wird die Tour letztlich verkürzt, es geht nur bis zur Kreispolizeibehörde und dann zurück zum Ausgangspunkt. Wo ja auch ein Gebäude des Kreises steht und nun als Objekt für die Ablage des Kranzes, von Kerzen und Blumen ausgewählt wird. Unter den Augen der Polizei werden Abstände gemessen, sind die Teilnehmer angestrengt bemüht, alle Anforderungen zu erfüllen.

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„Wir werden dem Ordnungsamt nichts bezahlen“, ruft einer und bekommt Beifall. Das Lied vom „Guten Kameraden“ wird angestimmt, „ihr könnt gern mitsingen“ – was aber keiner tut – dann folgen ein paar Redebeiträge. „Als die Nazis die Kommunisten holten, habe ich geschwiegen…“ zitiert ein junger Mann Martin Niemöller. Auf einem Plakat ist von einem „Hygiene-Gulag“ die Rede, wird ein Goebbels-Zitat abgewandelt, gleich darunter auf „Wir schaffen das“ verwiesen. „Banditen ruinieren Deutschland“ steht auf einem anderen.

Kritik an Darstellungen in den Medien

Auch die Medien werden ins Visier genommen, die einseitig und bewusst negativ über das angebliche Verhalten der Demonstranten berichtet hätten. „Ich habe an vielen Demonstrationen teilgenommen, um mir selbst ein Bild zu machen“, betont Susanne K.. Die berichtete Gewalt sei stets von kleineren Demos rechter und linker Gruppen ausgegangen.

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Sie zitiert den früheren Verfassungsschutzpräsidenten Hans-Georg Maaßen, dass durch Emotionen Politik gemacht wird, um dann selbst in diese Richtung zu gehen. Inzwischen sei es so weit, dass die Polizei eingesetzt werde, „um Kindergeburtstage aufzulösen und Kinder am Schlittenfahren zu hindern“. Was nicht unerwartet zu lautem Buh-Rufen und Klatschen animiert. Dann wird aufgeräumt und zusammengepackt.

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