Siegen. Sammelbestellung für alle Impfwilligen - ethisch-moralisch falsch, so die Mariengesellschaft Siegen. Erst sollten stark Gefährdete geimpft werden

Nachdem aufgrund von Engpässen beim Hersteller Biontech ein vorläufiger Impfstopp für Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen verhängt wurde (wir berichteten), kritisiert die Mariengesellschaft die große Sammelbestellung der Diakonie.

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Die Diakonie in Südwestfalen hatte für das Klinikum Jung-Stilling für Montag und Dienstag, 18. und 19. Januar, genug Impfstoff bestellt, um den Großteil der Belegschaft an diesen beiden Tagen erstimpfen zu können und dazu auch das Impfzentrum des Kreises angefragt. "Erst wenn die besonders gefährdeten Mitarbeitenden geimpft wurden, sollten die Bestellungen sukzessive auf andere Bereiche ausgedehnt werden", so die Kritik von Mariengesellschaft-Pressesprecher Dr. Christian Stoffers.

80.000 Impfdosen für 350 Kliniken in NRW - das reicht nicht lange

Die Bestellungen der einzelnen Häuser nimmt der Kreis entgegen und leitet diese an das Land NRW weiter. Informationen dieser Zeitung zufolge standen für NRW 80.000 Impfdosen zur Verfügung - aufgeteilt auf landesweit 350 Häuser hätte dabei klar sein müssen, dass diese Menge nur begrenzt reicht, so die Mariengesellschaft.

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Für die Verteilung des Impfstoffs gebe es bestimmte Vorgaben, teilt Stoffers mit: Zunächst sollten für die primäre Gruppe innerhalb der Impfkategorie 1 Vakzine bestellt werden. Diese Unterkategorien gelte es gemäß Vorgaben des Kreises abzuarbeiten - zunächst sollten demnach die Beschäftigten mit besonders hohem Infektionsrisiko (Notaufnahme, Betreuung von Covid-19-Patienten, Bronchoskopie, ambulante und stationäre geriatrische Rehabilitation) an der Reihe sein. Daran haben sich Mariengesellschaft, Kreisklinikum und DRK-Kinderklinik auch gehalten und entsprechend nur Impfstoff für die höchste Prioritätsstufe bestellt.

"Verdrängungswettbewerb gefährdet Gesundheitsversorgung in der Region"

Dann folgt der Teil der Belegschaft, die engen Kontakt zu gefährdeten Gruppen hat - Hämatologie und Onkologie, Transplantationsmedizin, Geburtshilfe. Nächste Unterkategorie ist Personal mit hohem Expositionsrisiko, also Infektionsstationen, Hausärztliche Praxen, Notdienste, Patiententransport, Hals-Nasen-Ohren, Augen und Zähne. Gefolgt von Beschäftigten mit moderatem Expositionsrisiko (Hautkrankheiten, Orthopädie, Reinigung), sowie relevanten Positionen und schließlich die IT-Abteilung und der Rest.

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"Eine große Sammelbestellung für alle impfbereiten Mitarbeitenden erscheint uns auch aus ethisch-moralischen Gesichtspunkten nicht geboten, da es sonst zu einem Verdrängungswettbewerb kommt, der letztendlich die Gesundheitsversorgung in der Region gefährdet", so Stoffers weiter. Da der Impfstoff im ganzen Land knapp ist, sehe die Mariengesellschaft es als ihre Verantwortung an, nur Bestellungen aufzugeben, die zunächst für die primäre Gruppe erforderlich ist. Erst danach solle die Bestellung für weitere Gruppen erfolgen.

Kreis Siegen-Wittgenstein weist Kritik zurück: "Alles sauber gelaufen"

Der Kreis Siegen-Wittgenstein weist diese Darstellung entschieden zurück: Die Vorgabe des Landes sei eindeutig gewesen: Jedes Haus habe so viel Impfstoff wie gewünscht zu jedem beliebigen Zeitpunkt für die Impfkategorie 1 bestellen können, sagt Pressesprecher Torsten Manges. Der Kreis habe die Plausibilität überprüft und das ans Land weitergeleitet.

Dass die Diakonie mehr als 1000 Dosen verimpft habe, sei auch damit zu erklären, dass etwa auch die Beschäftigten der ambulanten Pflegedienste darunter gewesen seien, "kein Krankenhaus ist komplett durchgeimpft", betont Manges und verweist auf ein Schreiben der Kreisklinikum-Geschäftsführung, die ebenfalls zu dieser Einschätzung komme. Das Verfahren sei voll transparent gewesen, "hätte die Diakonie für Mittwoch und Donnerstag bestellt, hätten sie ebenfalls nichts bekommen." Das Kreisklinikum etwa habe den Montag noch für die Vorbereitungen gebraucht, die Berleburger Vamed-Klinik auch noch den Mittwoch - das Jung-Stilling hingegen habe entsprechend für Montag und Dienstag vorgearbeitet.

Landrat Andreas Müller betont, dass niemand in dieser Sache ein Vorwurf zu machen sei - die Vergabe seitens des Landes sei ausdrücklich ohne jegliche Mengenbegrenzung erfolgt. Manges: "Alles ist sauber gelaufen." Dass nicht alle Kliniken wie bestellt Impfstoff erhalten haben, liege ausschließlich am Lieferengpass bei Biontech.