Burbach/Siegen. Im Burbach-Prozess berichtet ein angeklagter Wachmann von den privaten und beruflichen Folgen nach Bekanntwerden der Vorwürfe

Vor einer Woche hatte Richterin Elfriede Dreisbach die verbliebenen zehn Angeklagten im Burbach-Hauptverfahren gebeten, sich Gedanken zu machen. Ob sie sich zu ihren persönlichen Verhältnissen äußern möchten, wollte sie konkret wissen. Nur einer findet sich bereit an diesem vorletzten Verhandlungstag des Jahres – und erzählt eine Geschichte, die nachdenklich macht.

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Der 36-jährige H., mit 23 Anklagepunkten im „oberen Bereich“ angesiedelt, hat zwei Jahre als Wachmann gearbeitet, war vorher viele Jahre Mitarbeiter eines Paketdienstes, zu dem er nach einer Zwangspause danach wieder zurückkehren konnte. „Werkschutz“ sollte er in Burbach leisten, sei ihm gesagt worden. „Ich war einer der ersten, habe Betten aufgebaut“, erinnert er sich am Mittwoch im Hüttensaal der Siegerlandhalle. Bis wenige Tage vor der Veröffentlichung der Anschuldigungen in den Medien hatte H. in der Einrichtung gearbeitet, zeitweise für zwei der beteiligten Sicherheitsunternehmen parallel: „Geld stinkt ja nicht“. Dann wurde er entlassen.

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Ehemaliger Burbach-Wachmann wird von Medien verfolgt

Die ersten „vier oder fünf Wochen“ nach dem Bekanntwerden der Vorwürfe seien unerträglich gewesen, berichtet der Mann. Medienvertreter seien im Kindergarten bei seinem Sohn aufgetaucht, hätten wissen wollen, „wann der Flüchtlingsschlächter denn kommt“. Sein Briefkasten sei von Visitenkarten nur so übergequollen, „meine Frau ist weinend ins Haus gerannt“, weil wieder einmal ein Kamerateam vor der Tür gestanden hätte. „Sie können sich das nicht vorstellen, wie das ist, wenn Ihnen plötzlich eine Kamera ins Wohnzimmer leuchtet“, fügt H. an.

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Die Frau habe es nicht ausgehalten, „wir haben uns scheiden lassen“. Er habe sich bei seiner Schwester versteckt, sei zeitweise „über Köln“ in den Siegener Stadtteil gefahren, um seine Familie zu besuchen, sich auch selbst immer verfolgt gefühlt und Suizidgedanken gehabt. „Ich bin kein Mensch, der zum Arzt läuft oder sich helfen lässt“, betont der frühere Wachmann. Erst in jüngster Zeit sei er auf Anraten seiner Hausärztin zur psychologischen Beratung gegangen, „weil es nicht mehr ging“. Gerade eben sei ihm wieder „eine Aufstiegschance entgangen“, weil ein Unternehmen sich wegen seiner Geschichte und der anhaltenden Gerichtstermine für einen anderen Bewerber entschieden habe.

Zeugensuche für Burbach-Prozess in Belgrad

Die Vorsitzende fragt noch einmal in die Runde, wie es mit den anderen steht. Keine Reaktion. „Es muss auch nicht so ausführlich sein“, aber wenigstens die Einkommensverhältnisse könnten ja mitgeteilt werden, „bevor wir da noch größere Ermittlungen bei Ihren Arbeitgebern anstellen müssen“.

Dann werden ein paar Dienstpläne verlesen und – erstmals in der Siegerlandhalle – die im Rahmen des abgetrennten Verfahrens eingeleiteten Bemühungen erwähnt, den serbischen Zeugen ins Belgrader Konsulat zu bekommen. Was sich wohl noch etwas hinziehen werde, fürchtet Dreisbach.

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Für den 23. Dezember ist noch ein Zeuge geladen, „der sich auch bereiterklärt hat, zu kommen“.

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