Burbach/Siegen. Angeklagter lässt Gericht sitzen: Es geht nicht voran im Prozess um Misshandlungen in der Burbacher Flüchtlingsunterkunft.

„Ist er da?“ Die Frage nach dem Angeklagten im abgetrennten Burbach-Verfahren wird mehr und mehr zu einem „Running Gag“, der den Beteiligten allerdings eher gequältes Lachen entlockt. Kurz vor Verhandlungsbeginn um 14 Uhr treffen am Mittwoch die Anwälte des Steven K. im Gerichtsgebäude mit und haben schlechte Nachrichten. Ihr Mandant sitze gerade in der Praxis seiner Ärztin, das Attest folge, lässt Verteidiger Philipp Adam wissen.

Angeklagter Wachmann nicht reisefähig

Was bei Oberstaatsanwalt Christian Kuhli bewirkt, dass seine dunkelblaue Mund- und Nasenmaske für einen Moment zu erblassen scheint, während das Gesicht dahinter leicht rot anläuft. Der Jurist lacht verzweifelt, sagt etwas von den Regeln des Anstandes. Die parallel laufende Verhandlung um das Feuer im Gasthof Meier, die eigentlich unterbrochen werden sollte, geht weiter. Die Pause kommt erst später, als auch das Attest aus Mitteldeutschland eingegangen ist. Der Patient sei nicht reisefähig, schreibt die Ärztin und sieht dies mindestens bis „zum Ende der Krankschreibung am 15. November“ für weiterhin gültig.

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Warum die Medizinerin dieses Datum denn vor einer Woche noch nicht erwähnt habe, kritisiert Beisitzerin Bettina Scholtis. Danach sei doch ausdrücklich gefragt worden, schimpft die Richterin. Die Vorsitzende Elfriede Dreisbach beschwört die Verteidiger, doch bitte ihrem Mandanten noch einmal ins Gewissen zu reden. „Ich bin nicht sein Vater“, wehrt Anwalt Oliver Guski ab, inzwischen ebenfalls mit gewisser Resignation in der Stimme. „Wir sind nicht seine Eltern“, gibt Dreisbach zurück. Und beide drücken Dankbarkeit darüber aus, mit dem Angeklagten auch in sonstiger Weise nicht verwandt zu sein. Wieder ein Termin ohne Fortschritt also. Gleichzeitig ist damit die sorgfältig gestrickte Planung für ein Urteil im November ebenfalls geplatzt. Mit Mühe finden sich zwei Zusatztermine im Dezember.

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Zeugen mit unbekanntem Aufenthalt

Am Vormittag sind im Hüttensaal der Siegerlandhalle sechs weitere Zeugenaussagen verlesen worden, die kaum neue Erkenntnisse bringen. Aber einige Kleinigkeiten lassen doch aufhorchen. Interessanterweise berichten zwei ehemalige Bewohner davon, dass sie das „Problemzimmer“ (PZ) nicht selbst verlassen durften, für den Toilettengang aber auch nicht klopfen mussten. Da habe es einen direkten und unverschlossenen Zugang vom „PZ“ aus gegeben.

Verlängerung bis 2021

Im Hauptverfahren geht es jetzt am 11. November weiter. Ansonsten hat die Kammer bereits bis in den Februar weiterterminiert.

Ein Zeuge hat ausgesagt, er sei wegen eines Vorfalls mit einem Hammer im Bus eingesperrt und auch geschlagen worden. Er habe aber nichts damit zu tun gehabt, während jene, die den Hammer tatsächlich benutzt und eingesteckt hätten, wegen guter Beziehungen zu den Wachleuten unbehelligt geblieben seien. Es habe immer wieder Gewalt gegeben. „Ich war nicht der Letzte, der eingesperrt und geschlagen worden ist“, hat einer der Männer zu Protokoll gegeben, die inzwischen alle unbekannten Aufenthaltes sind. Einige Wachleute werden durchaus als freundlich beschrieben.

Ehrlich sind die Zeugen noch in anderer Hinsicht. Einer berichtet, in seiner nordafrikanischen Heimat ein Taekwondo-Studio und daneben ein Taxi betrieben zu haben. Allerdings lebte er schon seit 16 Jahren in diversen europäischen Ländern, bevor er als Illegaler in Deutschland aufgegriffen und verhaftet wurde - um dann Asyl zu beantragen.

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