Achenbach. Im Sozialkaufhaus des Heimatvereins Achenbach gibt es einen neuen Fairteiler für vor dem Müll gerettete Lebensmittel. Die Uni Siegen forscht dazu

Der Möhrenkuchen ist schnell weg. Von Nina Gödde gebacken – das lässt keiner liegen. Überhaupt sind die meisten Lebensmittel im neuen Fairteiler Achenbach bald weg – die Lieferung war dieses Mal auch nicht so groß. Der Möhrenkuchen ist vom Geburtstag übrig geblieben, sagt Nina Gödde, lächelt hinter ihrer Maske und packt dem nächsten Besucher Brötchen, Fenchel und Margarine in eine Tüte. Sie forscht für ihre Masterarbeit an der Uni Siegen im und am Fairteiler .

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Jede und jeder kann im Sozialkaufhaus am Heidenberg gerettete Lebensmittel kostenlos abholen. Die sind einwandfrei, nur das Verfallsdatum ist überschritten, sie wären sonst im Müll gelandet. Initiiert hat das vor ein paar Jahren die Initiative „ Foodsharing “, die Kooperationen mit immer mehr Betrieben schloss, um abgelaufene Lebensmittel abzuholen und weiter zu verteilen.

Immer wieder Vandalismus-Probleme an Fairteilern in Siegen

Das führte immer wieder zu Problemen. Foodsharing lagert gerettete Lebensmittel in sogenannten „ Fairteilern “ – öffentlich zugängliche Räume oder Kühlschränke, Interessenten können jederzeit vorbeikommen. Randalierer leider auch . Zur Zeit gibt es zwei Fairteiler , im Herrengarten-Komplex und am AR-Campus der Uni. Mit dem Heimatverein Achenbach , Betreiber des Sozialkaufhauses, kam ein weiterer Kooperationspartner für die Infrastruktur dazu. Zwei Supermärkte stellen hierfür ihre abgelaufenen Lebensmittel zur Verfügung.

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Gerettetes Essen sei keineswegs nur für Bedürftige, auch wenn das viele denken. „Es werden so viele Sachen weggeschmissen, unser Überfluss ist so enorm“, sagt Gödde. Ressourcen schonen sei definitiv keine Sache des Geldbeutels.

Die Funktionsweise des Fairteilers: Nur wegen Corona zur Zeit ähnlich wie eine Tafel

Vor der Kellertür des Sozialkaufhauses, direkt neben dem bewohnten Apartment, steht der Kühlschrank für verderbliche Waren. „Man kann jederzeit etwas hinbringen“, sagt Nina Gödde – wer genießbare Lebensmittel übrig hat, bringt sie vorbei. Es findet sich garantiert jemand, der das gebrauchen kann. Darum geht es: Ressourcen effektiv einsetzen, das Ebay-Kleinanzeigen-Prinzip, wenn man so will. Was der eine nicht mehr gebrauchen kann, sucht ein anderer dringend. Statt wegschmeißen und neu kaufen wechselt etwas den Besitzer.

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Zur Zeit werden die Lebensmittel verteilt. Der Eingang ist oben an der Achenbacher Straße, Besucher müssen im Keller Abstand halten, Ehrenamtliche packen Lebensmittel in Tüten, dann geht’s zur Hintertür raus. Das mag wirken wie eine Tafel, ist aber den Pandemiebestimmungen geschuldet.

Etwa 20 Abholer gibt gibt es im Moment, die die Lebensmittel von den Supermärkten nach Achenbach bringen. Die Ehrenamtlichen sind vom Heimatverein , von Food­sharing oder von der Uni, so wie Nina Gödde. Sie forscht – und engagiert sich auch. „Ich bin darüber mit reingerutscht“, sagt sie.

Die Uni Siegen forscht für optimalen Einsatz von Technologie

Heimatverein Achenbach und Uni Siegen kooperieren bereits für viele Projekte: Zum Beispiel beim „Social Coin“, wo ehrenamtliche Arbeit mit Gegenleistungen belohnt werden. Oder beim Gemeinschaftsgarten, wo Interessenten beigebracht wird, selbst Lebensmittel anzubauen. „ Heimatverein und Uni profitieren voneinander“, sagt Nina Gödde – die Wissenschaftler forschen im Feld; in der realen Welt. Im Gegenzug bringen sie neue Ideen. Und, wie im Fall von Nina Gödde, Helfer.

Ehrenamtliche gesucht

Dienstags und samstags , ab 10.30 Uhr, werden gerettete Lebensmittel im Sozialkaufhaus Achenbach verteilt. Der Kühlschrank, Hintereingang Achenbacher Straße 115, ist durchgehend geöffnet.

Es werden noch Ehrenamtliche gesucht. Kontakt: 0 271/23419362 oder .

Infos auch auf foodsharing.de

Der Fairteiler ist neuer Baustein des „Reallabors Heimatverein “. Nina Gödde studiert „Human Computer Interaction“ am Institut für Wirtschaftsinformatik. Sie interessiert sich für die Technologie, die rund um einen Fairteiler eingesetzt werden kann, um die Nutzung zu erleichtern, neue Nutzer zu erreichen. Dazu muss sie erst einmal verstehen, wie das ganze System funktioniert, was gebraucht wird und was nicht. Dann kann Technologie sinnvoll eingesetzt werden.

Der Fairteiler in Achenbach ist nur der Einstieg

Zu Anfang von Foodsharing wurden immer donnerstagabends frische Backwaren zum damaligen Fairteiler Hammerhütte gebracht . Wer etwas haben wollte, musste zu dieser Zeit dort sein. Für den Achenbacher Fairteiler hat Nina Gödde eine Telegram-Gruppe gegründet („Lebensmittel Fairteiler Siegen- Achenbach “: Mitglieder erfahren, welche Lebensmittel gerade im Kühlschrank sind, wann die nächste Fairteilung startet, was es gibt – und man kann selber Lebensmittel anbieten. Eine Facebook-Gruppe gleichen Namens gibt es auch. Anfangs eine zentrale Verteilstelle – jetzt ein digitales Vertriebsnetz, viel weiter verzweigt. Das Angebot ist niedrigschwellig und für viele Menschen einfach nutzbar.

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Die Technik ermöglicht weitere Verknüpfungspunkte: Es können ja nicht nur Lebensmittel geteilt werden – auch Kleidung, Möbel oder Haushaltsgegenstände können die einen nicht mehr gebrauchen, während andere danach suchen.

„Der Heimatverein denkt weiter“, sagt Nina Gödde – und profitiert. Zum einen werden im Idealfall Ehrenamtliche gewonnen und die Nutzer lernen die anderen Angebote und Projekte kennen. „Zum Beispiel Lebensmittelkompetenz“, sagt Nina Gödde – was kann man eigentlich mit Fenchel machen? Bei Kochabenden oder im Lerngarten wird dieses Wissen vermittelt. „Die Verteilung ist nur der Einstieg“, sagt sie.

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