Eichen. Zum Europäischen Stahlaktionstag fordern die IG Metall und die Betriebsräte der Stahlindustrie in Kreuztal die Politik zum Handeln auf

„Die Beschäftigten in der Stahlindustrie haben es verdient, dass man ihre Arbeitsplätze genau so ernst nimmt, wie die in der Kreuzfahrtindustrie“, sagte Andree Jorgella, erster Bevollmächtigter der IG Metall Siegen, die anlässlich des Europäischen Stahlaktionstages in den Eichener Hamer geladen hatte. Gemeinsam mit den Betriebsratsvorsitzenden der regionalen, mit Stahl arbeitenden Firmen appellierte er an die Politik, der Industrie zu helfen. Viele Arbeitsplätze und der Umweltschutz hingen davon ab.

Auch interessant

Viele Arbeitsplätze in Siegen-Wittgenstein

Siegen-Wittgenstein war und ist eine Stahlregion“, so Landrat Andreas Müller, der den Unternehmen seine Unterstützung zusagte. 6400 Beschäftigte hätten allein die zehn größten Betriebe des Kreises im Stahlbereich. An jedem dieser Arbeitsplätze hingen, selbst nach vorsichtigen Schätzungen, drei weitere, so Müller. „Wir brauchen qualitativ hochwertigen Stahl“, sagte Müller und zählte diverse Industriezweige auf, für deren zukünftige Entwicklung der Rohstoff unabdingbar sei. „Ohne Stahl können wir die Energiewende nicht schaffen.“

Corona nicht der Grund für die Krise

Corona ist nicht der Auslöser“, sagte Andree Jorgella. Schon vorher sei die deutsche Stahlindustrie in der Krise gewesen. Ohne politische Hilfe könnten die Unternehmen im internationalen Wettbewerb nicht mithalten, da in anderen Ländern zum Beispiel weniger Wert auf CO2-neutrale Produktion gelegt würde. Stahl werde produziert, „wenn nicht hier, dann woanders“, sagte Jorgella. „Wir haben weltweit die saubersten Stähle.“ Er forderte Auflagen für die Einfuhr von unsauberem Stahl.

Auf und Ab am Standort Kreuztal

Der Thyssenkrupp Steel-Standort in Kreuztal sollte im Rahmen einer geplanten Fusion mit Tata Steel auf den Prüfstand gestellt werden. Die Fusion platze und das Werk in Eichen wurde Teil der „Strategie 2030“.

Eine neue Spaltanlage soll nach Kreuztal kommen. Diese sei auch nach wie vor geplant, so Helmut Renk, doch angesichts der aktuellen Krise sei die Zukunft ungewiss. „Jeden Tag geht viel Geld verloren“, so Renk.

1087 Angestellte arbeiten für Thyssenkrupp-Steel in Kreuztal. Aktuell gebe es zwar noch Kurzarbeit, „aber nicht mehr so schwer“ wie zu Beginn der Pandemie, so Renk.

„Stahl wird alleine nicht überlebensfähig sein“, sagte Helmut Renk, Betriebsratsvorsitzender bei Thyssenkrupp in Eichen. Die Dinge, die von der Politik bereits versprochen worden seien, müssten nun endlich umgesetzt werden. Die Maßnahmen in der Coronakrise hätten nicht gegriffen, als „autolastiges“ Unternehmen könne Thyssenkrupp die Situation auf Dauer nicht aushalten. Zwar ginge es dem Standort in Kreuztal vergleichsweise gut, doch man sei von der Lage im Konzern abhängig. „Unser Unternehmen blutet aus“, sagte Renk.

Auch interessant

Siegener Standorte der Deutschen Edelstahlwerke in Gefahr

„Wir sind in schweren Zeiten, weil wir seit Jahren versuchen, Wettbewerbsnachteile auszugleichen“, sagte Michael Treske, Betriebsratsvorsitzender der Deutschen Edelstahlwerke in Geisweid. „Wir sind grün“, sagte er, das sei anderen Ländern aber egal und auch die Kunden seien zumindest nicht bereit, deshalb mehr zu bezahlen. Von der Politik habe es bisher nur Lippenbekenntnisse gegeben, passiert sei nichts. „Wir warten auf die Politik“, sagte Treske. Bis zu 400 Stellen sind bei den Edelstahlwerken deutschlandweit bis 2024 gefährdet. „Geisweid wird sterben“, befürchtet er.

Auch interessant

Stahlindustrie wichtiger Partner für SMS in Hilchenbach

Tobias Tigges, Betriebsratsvorsitzender der SMS Group in Hilchenbach, sieht in der Krise auch eine Chance. Deutschland könne technologischer Vorreiter werden und anderen Ländern vormachen, wie eine klimaneutrale Stahlproduktion gelingen kann. Es gebe gute und faire Arbeitsplätze in Deutschland und viel Innovationskraft – „die müssen wir erhalten“. Ohne die Stahlindustrie würde auch der SMS Group der Partner fehlen, wichtige Innovationen voranzutreiben. „SMS steht wie eine Eins hinter der deutschen Stahlindustrie“, so Tigges.

Mehr Nachrichten, Fotos und Videos aus dem Siegerland gibt es hier.

Die Lokalredaktion Siegen ist auch bei Facebook.