Siegen. Stadt Siegen will Umweltverbund fördern: Wege für Fußgänger, Radfahrer und ÖPNV sollen ausgebaut werden, der Kfz-Verkehr verträglicher fließen.
Den Anteil des Autos am Gesamtverkehrs um fünf Prozent senken, den Umweltverbund aus Fuß-, Rad- und öffentlichem Nahverkehr entsprechend steigern: Das ist das Hauptziel des Klimaschutzteilkonzepts Mobilität für Siegen bis 2030.
Auch interessant
Die Stadt und das mit dem Konzept beauftragte Büro für Stadt- und Verkehrsplanung (BSV) aus Aachen haben die Zwischenergebnisse im Rahmen einer Bürgerbeteiligung vorgestellt. „Unter allen Maßnahmen zum Klimaschutz ist der Verkehr ein wichtiger Sektor“, sagt Stadtbaurat Henrik Schumann. Die Förderung des Umweltverbunds steht dabei im Vordergrund.
Das Mobilitätskonzept für Siegen bis 2030
Ausgangspunkt ist eine Online-Befragung, bei der Bürger auf einer digitalen Karte Anmerkungen zu problematischen Verkehrspunkten machen und diese bewerten konnten. Die knapp 900 Rückmeldungen hat BSV ausgewertet, vorhandene Daten und Konzepte (etwa „Uni [kommt] in die Stadt“) einbezogen und eine Bestandsaufnahme vor Ort mit Foto- und Videodokumentation durchgeführt.
Auch interessant
Daraus abgeleitet werden soll nun eine Mobilitätsstrategie für Siegen, die alle Verkehrsträger und Nutzergruppen berücksichtigt, dabei nachhaltig und klimafreundlich ist, Mobilitätsbedürfnisse und Lebensqualität der Bevölkerung sowie die wirtschaftliche Situation der Stadt verbessert und stärkt. Ebenfalls soll ein digitales Verkehrsmodell entstehen, anhand dessen die Verwaltung am Bildschirm simulieren kann, wie sich Verkehrsströme aufgrund bestimmter Maßnahmen verändern.
Die Ziele der Siegener Klimaschutzteilkonzepts Mobilität
1. Leitbild „Stadt der kurzen Wege“: Komfortable, sichere, direkte Führung für Fuß- und Radverkehr für alltägliche Wege. Insbesondere Radwege sollen nicht nur Siegen, sondern den Kreis vernetzen, dazu braucht es auch Abstellanlagen und Lademöglichkeiten. Für den ÖPNV seien Mobilstationen an wichtigen Verkehrsknoten nötig.
Auch interessant
2. Verträgliche Abwicklung Kfz-und Wirtschaftsverkehr: Was nicht auf den Umweltverbund verlagert werden kann, soll so optimal wie möglich fließen können, alternative Antriebe sollen gefördert werden. Gerade für die Wirtschaft ist die Schiene ein wichtiger Faktor, Anwohner sollen möglichst wenig beeinträchtigt werden.
3. Mobilitätsmanagement, Koordination und Information sollen zur Umsetzung und Verstetigung dienen: Die Leitziele bilden die Grundlage für das Handlungskonzept, auf dessen Basis dann konkrete Maßnahmen erarbeitet und beschlossen werden sollen.
Der Modal Split: 5 Prozent in 10 Jahren ein erreichbares Ziel
2010 ging das Umweltbundesamt (UBA) davon aus, dass bis 2030 zehn Prozent der Autofahrten innerorts auf den ÖPNV verlagert werden können, die Hälfte der Fahrten innerhalb Siegens sei kürzer als fünf Kilometer und könne auf den Fuß- und Radverkehr verlagert werden, so Dr. Katja Engelen, BSV. 2017 hatte der Kfz-Verkehr in Siegen einen Anteil von 73 Prozent, 27 Prozent entfielen auf den Umweltverbund (13 Prozent zu Fuß, 4 Prozent Rad, 11 Prozent ÖPNV).
Auch interessant
Das UBA-Potenzial zu 100 Prozent auszuschöpfen und den Auto-Anteil auf 55 Prozent zu drücken, sei unwahrscheinlich, so Engelen – Siegen hat nur noch zehn Jahre bis 2030. 50 Prozent Potenzial-Ausschöpfung mit 64 Prozent Kfz-Anteil sei immer noch schwer realisierbar, weil erhebliche Anpassungen der Infrastruktur nötig seien, ebenso müsse sich das Verhalten der Verkehrsteilnehmer nachhaltig ändern. Das Potenzial zu 25 Prozent auszuschöpfen, also 68 statt 73 Prozent Auto-Anteil sei in zehn Jahren wahrscheinlich erreichbar. „Wir sollten uns nicht zu hohe Ziele stecken.“
Die Zählschleifen an Radwegen hätten zwar eine deutliche Zunahme an Radfahrern gezeigt, das sei aber nur eine auch von Corona beeinflusste Momentaufnahme, so Engelen: Es sei damit zu rechnen, dass die, die wegen Corona vom Bus aufs Rad umgestiegen seien, nach der Krise wieder mit dem ÖPNV fahren würden. ÖPNV und Rad kannibalisierten sich innerhalb des Umweltverbunds, ein Effekt fürs Klima sei erst erreicht, wenn Autofahrer nachhaltig aufs Rad umsteigen würden. „Wir stehen in Siegen noch ganz am Anfang“, so Engelen; in Aachen etwa, wo es auch topografische Probleme gebe, hätten Fuß-, Rad- und Nahverkehr bereits einen Anteil von 54 Prozent. Positiv sei für Siegen aber zu sehen, dass Verhaltensänderungen möglich seien und das Rad zunehmend als Alternative gesehen werde.
Die Meinungen aus der Siegener Politik und Bürgerschaft
„Das Klimaschutzpaket des Rates will unterfüttert werden“, hatte Florian Kraft (Grüne) bereits im Verkehrsausschuss angemerkt, „wir sollten uns eine Ambition geben, mutiger sein.“ Es gelte, das Signal auszusenden, „dass wir das wollen. Und es ist nicht schlimm, wenn wir das Ziel nicht erreichen.“
Auch interessant
Das Fahrrad als Alltagsfahrzeug sei zwar noch nicht in allen Köpfen angekommen, meint Ulrich Schloos (Linke) – aber Fahrradfahrer kämen inzwischen aus allen Altersgruppen, das Rad sei auch in Siegener Bergen nicht nur etwas für sportliche junge Leute.
Mehr Nachrichten, Fotos und Videos aus dem Siegerland gibt es hier.
Die Lokalredaktion Siegen ist auch bei Facebook.