Freudenberg. Ehrenamtliche unterziehen das Technikmuseum Freudenberg einer gründlichen Generalüberholung. Neuer Höhepunkt für 2021: Historische Modellkirmes.
Die „Freunde historischer Technik Freudenberg“ sind nicht irgendein Verein. Sie betreiben mit dem Technikmuseum Freudenberg eine wirtschaftlich erfolgreiche Einrichtung mit einem hervorragenden Ruf weit über das Siegerland hinaus – ehrenamtlich. Das Museum trägt sich selbst. Corona hat die regulären Aktivitäten im Technikmuseum zum Erliegen gebracht. Jetzt arbeiten die Ehrenamtlichen daran, dass Corona keine zweite Saison verhindert.
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Der Corona-Lockdown im Technikmuseum Freudenberg
Die Vorsaison war im Februar überaus erfolgreich gestartet. „Die Leute haben uns die Bude eingerannt“, sagt Pressesprecher Alexander Fischbach über die Filmauto-Ausstellung. Das Konzept traf beim Publikum ins Schwarze – die Ausstellung rettete das Technikmuseum mit über die ausgefallene Saison.
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Zum Schutz der Besucher und der Ehrenamtlichen entschied sich der Verein frühzeitig, das Museum zu schließen. Es ist ein Mitmach-Museum, für alle Altersgruppen, „wenn man nichts drücken und kurbeln darf, macht es keinen Sinn“, sagt Fischbach. In der mechanischen Werkstatt ist es eng, Abstand halten kaum möglich und der Großteil der Ehrenamtlichen gehört zur Risikogruppe.
Die Zwangspause wird im Technikmuseum Freudenberg genutzt
Die Corona-Zeit sollte nicht verschwendet sein. Der Verein widmete sich mit Feuereifer Projekten, die im Alltagsgeschäft liegengeblieben waren: Die Modellkirmes wurde fertig restauriert (siehe unten) und soll ein Höhepunkt der kommenden Saison werden. Ebenso die Ausstellung zur Freudenberger Wirtschaftsgeschichte, die Weberei, Wasserstaaten und Hämmer zeigt. Die Empore wurde gründlich entrümpelt: Der Verein entstand aus Treckerfreunden, die an Landmaschinen schraubten – inzwischen spielt das im Museum kaum noch eine Rolle, die Geräte gingen an Leute, die noch etwas damit anfangen können, sagt Technik-Vorstand Hans-Jürgen Klappert.
Das Gebäude selbst wurde optimiert, saniert und renoviert, die mehr als hundert Jahre alten Maschinen der mechanischen Werkstatt überholt und teils mit modernen Sensoren ausgerüstet, um zu zeigen, was schon die alte Technik leisten konnte. Mehrere Info-Punkte – interaktive Stationen mit Texten, Bildern und Videos – werden installiert, es soll auf der Empore ein Kinderspielbereich entstehen: Die Spielzeugautos sind überaus beliebt – und 4000 (!) weitere warten noch in den Schubladen.
Sponsoren und Förderer halten dem Technikmuseum die Treue
Sicherheitsbeauftragter Bernd Steffes hat mehr als 300 Punkte identifiziert, an denen etwas passieren könnte – und Abhilfe geschaffen. Mit Hilfe von TÜV, Berufsgenossenschaften und Unternehmen wurde ein Konzept erarbeitet und umgesetzt. Wer eine Maschine bedient, braucht eine Unterweisung, das muss dokumentiert sein – wenn etwas passiert, ist der Vorstand auf diese Weise abgesichert. Das ist für viele Vereine wichtig, „wir dürfen unsere Besucher und die wertvollen Ehrenamtlichen keiner Gefahr aussetzen“, sagt Steffes – seit Alchen sei das Bewusstsein hier geschärft.
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Das Museum trägt sich selbst, laufende Kosten sind hoch – allein die Versicherung für die Maschinen – die Rücklage für Investitionen schmilzt. Ohne die Sponsoren und Förderer, die dem Museum die Treue hielten, hätte man die Saison nicht überstanden, sagt Armin Benfer, Sponsorenbeauftragter im Vorstandsteam. „Normalerweise ist es ein Geben und Nehmen – wir haben 2020 nur genommen.“ Dass die Förderer alle zu ihnen gestanden hätten, „hat uns entscheidend geholfen, über die Runden zu kommen“, sagt Benfer.
Die Saison 2021 im Freudenberger Technikmuseum muss stattfinden
Eine Saison ohne Besucher war zu schaffen. Eine zweite nicht. Das Museum muss 2021 wieder öffnen. Der Verein tut alles dafür, das möglich zu machen; Einbahnstraßen, Online-Vorabbuchung, Besucherobergrenze. Schulklassen können den außerschulischen Lernort im Museum bereits wieder besuchen: Hygienekonzepte für Kitas und Schulen basieren darauf, dass immer die gleiche Gruppe zusammen ist – ob nun im Klassenraum oder im Technikmuseum.
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Das freut insbesondere Friedhelm Geldsetzer. Er ist im Vorstand für die Führungen zuständig; als die Besucher nicht mehr kamen, „fiel ich in ein tiefes Loch“, gesteht er. Er sorgte sich, nichts zu vergessen, alle Details parat zu haben, vermisste gerade die Kinder, ihnen die Technik zu erklären. Er lädt Schul- und Einrichtungsleiter ein und entwickelt Konzepte für unterschiedliche Bedürfnisse, „jetzt haben wir Zeit, den Leuten die Sache schmackhaft zu machen“, sagt er. Apropos schmackhaft: Auch der Backes wird bereits wieder genutzt – für eine VHS-Veranstaltung.
Der neue Ausstellungshöhepunkt im Technikmuseum Freudenberg
Die Ausstellung „Die historische Modellkirmes“ grenzt an ein künstlerisch-technisches Wunderwerk: Aus Dingen, die er aus dem Schrott und dem Müll holte, erschuf der Eiserfelder Hans Rüffer eine mechanische Miniatur-Kirmes, bei der noch kleinste, filigranste Teile beweglich sind; vom Kasperle-Theater bis zum Riesenrad.
Umso beeindruckender wird die Leistung des Tüftlers, wenn man die Biografie des Konstrukteurs kennt: Hans Rüffer war Kriegsversehrter, er hatte im Zweiten Weltkrieg einen Arm verloren. Mit nur einer Hand und der Unterstützung seiner Frau arbeitete er 30 Jahre lang an der Kirmes, mit der er für sich eine Kindheitserinnerung wiederaufleben lassen wollte. Auf Umwegen fand das Kirmes-Modell dann zum Technikmuseum Freudenberg, wo die Spezialisten in monatelanger Arbeit alles restaurierten.
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