Siegen. Siegerländer Schüler erfinden mit Hilfe von Wissenschaftlerinnen der Uni Siegen ein System für Fahrräder, das während der Fahrt Strom produziert

Die besten Ideen sind einfach und gut. Manche Ideen klingen simpel, aber haben muss man sie trotzdem. Einfach gut ist die Idee einer Gruppe Schüler aus dem Siegerland: Ein System, das beim Fahrradfahren Energie gewinnt. Sie hatten nicht nur die gute Idee, sie haben sie auch noch umgesetzt. Mit Unterstützung zweier Doktorandinnen der Universität Siegen. „Energiegewinnung beim Fahrradfahren“ wurde jetzt von der Jury des Coaching-Programms „MINToringSi“ zur Siegergruppe gekürt.

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Siegerländer Schüler suchen Möglichkeiten zur Energiegewinnung

Hintergedanke: Während der Fahrt ein Handy aufladen. „Wir haben uns überlegt, Magneten an den Speichen der Fahrradfelge anzubringen“, sagt Leonard Thißen. Der Gymnasiast ist einer der Schüler, die in der Arbeitsgruppe mitgewirkt haben, er hat gerade in Neunkirchen sein Abitur gemacht. Außerdem befestigten sie Spulen am Fahrradrahmen – durch die Bewegung wird Strom induziert, ähnlich wie beim Dynamo. Nur dass hier keine konstante Drehbewegung vom Rad auf den Rahmen und damit den Generator übertragen wird, sondern die Magneten in hohem Tempo an der Spule vorbeisausen. Um die Effizienz zu steigern vergrößerten Leonard Thißen und seine Mitstreiter den Radius und die Zahl der Magnete am Rad.

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„Energiegewinnung ist ein großes Thema“, erzählt Thißen, in einem gemeinsamen Brainstorming habe man sich zu Beginn überlegt, wo Energie frei wird, die man nutzbar machen könnte. Sie landeten schnell beim Sport. Der erste Ansatz waren Untersätze für Schuhe, die beim Auftreten Energie zurückliefern, das wäre aber vermutlich zu klobig und schwer tragbar geworden, entschied die Gruppe. Also nahmen sie sich das Fahrrad vor. Und hier vor allem die überschüssige Energie, die beim Bergabfahren frei wird.

Doktorandinnen der Uni Siegen unterstützen Nachwuchsforscher

Zuerst wurde ein Prototyp gebaut: Ein Holzgestell mit einem drehbaren Rad, an dem Magneten und Spulen befestigt wurden. Auch die Spulen waren Eigenentwicklungen: Umwickelte Schrauben. Das Magnetfeld des Eisenkerns sorgt dafür, dass die Magneten angezogen werden. Entfernt sich der Magnet durch das Drehen des Rads wieder von der Spule, entsteht zwar ein kleiner Widerstand – das Magnetfeld zerrt auch beim Wegbewegen am Magneten. Das ist aber nicht schlimm, sagt Leonard Thißen: Der nächste Magnet an der nächsten Speiche wird ja ebenfalls schon herangezogen. Auch deswegen wurden so viele Magneten befestigt – wären es weniger, könnte es beim Lauf des Rads zu kleinen Unregelmäßigkeiten kommen.

Alle zwei Wochen trafen sich die Schüler in der Entwicklungsphase an der Uni Siegen, Lisa Randolph, Doktorandin der Physik, und Ines Münker, Doktorandin der Mathematik, unterstützten die Nachwuchswissenschaftler bei ihrem Vorhaben, etwa wenn es um Hilfe durch die Elektrowerkstatt der Uni ging. Nachdem das Prinzip feststand, mussten Halterungen konstruiert werden: Für die Magneten an den Speichen und die Spulen am Rahmen. „Die elektrischen Leitungen waren anspruchsvoll“, erzählt Lisa Randolph – der Strom muss ja auch zur Handyhalterung am Lenker transportiert werden.

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Drei Stunden Fahrt bei durchschnittlich 15 Stundenkilometern reichen, um einen handelsüblichen Smartphone-Akku aufzuladen, sagt Ines Münker. „Die Gruppe war unheimlich begeistert, motiviert und engagiert“, lobt die Betreuerin – das gemeinsame Tüfteln sei eine schöne Erfahrung gewesen.

Auch wenn das Prinzip ziemlich einfach ist: Serienreif ist das System nicht. „Der Aufwand ist noch recht hoch“, sagt Leonard Thißen. Alles Marke Eigenbau – aber das Potenzial zur Vereinfachung ist nach Einschätzung des Abiturienten durchaus vorhanden.

Uni Siegen sucht MINT-Studierende

„MINToringSi – Studierende begleiten Schülerinnen und Schüler auf ihrem Weg in ein MINT-Studium“ ist ein gemeinsames Projekt der Universität Siegen, des Arbeitgeberverbands Siegen-Wittgenstein (VdSM) und der Bezirksregierung Arnsberg mit dem Ziel, Schüler in der Region für ein naturwissenschaftlich-technisches Studium in Siegen zu gewinnen. Die Abkürzung „MINT“ steht für Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik. Dank des Konzepts konnte die Zahl der Studienabbrecher eklatant gesenkt werden, außerdem trägt es zur Sicherung des Fachkräftenachwuchses bei.

Die Arbeitsgruppe

Ines Münker und Lisa Randolph betreuten Leon Galbas, Katja Niggemann, Jona Schellhorn, Jannis Thiel und Leonard Thißen.

Die Arbeit des Gewinnerteams überzeugte die Jury durch Termintreue und zielgerichtete Bearbeitung des Themas, so Julia Förster (VdSM). Der entwickelte Prototyp sei für den Eigenbau-Sektor (Do-It-Yourself) beinahe marktreif. Aus akademischer Sicht steche die Arbeit durch sehr gute Dokumentation heraus, so Dr. Bernd Klose (Uni Siegen).

Weitere Arbeitsgruppen widmeten sich einer mobilen Multifunktionskühlbox, der klimaneutralen Produktion von Wasserstoff als transportable Energiequelle sowie nachhaltiger Stromgewinnung durch eine Kleinstwindkraftanlage aus recycelten Materialien und Elektrokomponenten.

Neben Exkursionen und Workshops ist die Projektphase ein wichtiger Baustein von „MINToringSi“, hier beschäftigen sich die Schüler mit „Fragestellungen, die in Umfang und Interdisziplinarität über die schulüblichen Arbeiten hinausgehen. Dabei haben sie Aufgaben übernommen, die im Studium oder Berufsleben auf sie zukommen“, sagt Dr. Bernd Klose, Programmkoordinator der Uni Siegen.

Schüler und Betreuer profitierten dabei gleichermaßen, so Julia Förster vom Arbeitgeberverband: Die „MINTees“ können vor Studienbeginn Eindrücke sammeln, wie ein MINT-Studium abläuft und Kontakte knüpfen. „Die MINToren lernen durch das Programm eine Gruppe zu führen, zu koordinieren und auch zu motivieren.“

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