Siegen. Sechs Mal so teuer wie anfangs geschätzt wird er Umzug der Spandauer Schule auf den Häusling. Siegens Kämmerer tritt auf die Bremse.

Nicht rund eine Million, sondern 5,5 Millionen Euro wird der Umzug der Spandauer Schule in die Gebäude der ehemaligen Realschule am Häusling kosten. Kämmerer Wolfgang Cavelius hält das für „nicht tragbar“. Der Bauausschuss berät am Dienstag, 16. Juni, über das Thema, der Schulausschuss zwei Tage später am Donnerstag, 18. Juni.

Der Umzug der Spandauer Schule ist Teil eines 2018 vom Rat für die Stadtmitte beschlossenen Konzepts: Die Grundschule soll von der Hans-Kruse-Straße auf den Häusling umziehen und von zwei auf drei Züge erweitert werden, dafür bekommt die Diesterwegschule an ihrem alten Standort an der Rosterstraße einen Erweiterungsbau. Beide Schulen sollten schon zum Schuljahr 2021/22 fertig werden. Dass das am Häusling nicht klappt, hatte die Verwaltung schon Anfang Mai wissen lassen: Genannt wurde der Sommer 2023, angedeutet wurden auch da schon „erheblich gestiegene Kosten“. In der neuen Vorlage wird der Baubeginn im Frühjahr oder Sommer 2022 und eine Bauzeit von zwölf bis 16 Monaten angegeben.

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Das macht den Umzug teurer

Für die erste Kostenschätzung sei vor allem die Herrichtung der Gebäudeteile D und E für den Ganztagsbetrieb betrachtet worden, heißt es in der Vorlage der Verwaltung, hinzugerechnet worden seien die „oberflächliche Renovierung“ der Klassen- und Verwaltungsräume in den Trakten A bis C, Brandschutztüren und der Anbau eines Treppenhauses. Auf den zweiten Blick ergab sich dann ein teureres Bild:

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  • Allgemeine Kosten von 700.000 Euro unter anderem für Elektrosanierung und Brandschutz;
  • Treppenhaus als zweiter Rettungsweg mit Aufzug, der das Gebäude barrierefrei macht: 770.000 Euro;
  • Anbau einer Aula mit 300 Sitzplätzen, die auch als Speisesaal genutzt werden kann: 500.000 Euro. Die alte, zum Teil unter Denkmalschutz stehende Realschule hatte unter dem Dach einen größeren Raum, der aber wegen Brandschutzbestimmungen nicht mehr für Veranstaltungen mit vielen Personen genutzt werden darf;
  • Renovierung der Trakte A bis C: 1,1 Millionen Euro;
  • Ingenieurleistungen: knapp 790.000 Euro.
  • Zu der Gesamtsumme von 5,5 Millionen Euro hinzu kommen noch rund 600.000 Euro für die Außenanlagen.

Bei der Planung berücksichtigt wurden Differenzierungsräume und der Raumbedarf für das gemeinsame Lernen von Kindern mit und ohne Behinderung, also auch ausreichende Flächen für Kinder mit Rollstuhl. Angewendet wurden die – noch – freiwilligen kommunalen Standards des Städtetages, die die Stadt als „Orientierungshilfe zum zukunftsgerichteten Schulbau“ betrachtet und die über die bisherigen Richtlinien hinausgehen. So werden für jeden Zug zwei, also für die dreizügige Schule insgesamt sechs zusätzliche Räume eingeplant statt der bisher vorgeschriebenen drei.

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Das sind die Konsequenzen

Beschluss aufheben: Kämmerer Wolfgang Cavelius schließt sich der Vorlage ausdrücklich nicht an. „Die Qualität der Kostenkalkulation für die aufgezeigten Alternativen war jedoch offensichtlich ‘sehr grob“, wenn sich die Kosten der beschlossenen Alternative nunmehr mindestens verfünffachen.“ Der Rat müsse seinen „auf einer nicht validen Grundlage“ gefassten Beschluss zum Umzug der Schule aufheben. Er sei „haushaltsverträglich nicht dazustellen“.

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Abwarten: Cavelius weist darauf hin, dass die Stadt 2022 ihren Haushalt ausgleichen muss. „Bei einer Kostenüberschreitung von mehr als 600 Prozent gebietet es sich aber gerade zu, Alternativen aufzuzeigen.“

Bisher keine Zuschüsse

Der Umzug der Spandauer Schule geht derzeit allein auf die Rechnung der Stadt. Für die Jung-Stilling-Grundschule (ebenfalls 5,5 Millionen Euro) standen Mittel aus dem kommunalen Investitionsförderprogramm des Bundes zur Verfügung, für die Bertha-von-Suttner-Gesamtschule das Landesprogramm „Gute Schule 2020“.

Bei der Erweiterung der Diesterwegschule blieb die Überraschung aus: Mit rund 1,5 Millionen Euro Investitionskosten wurde die Kostenschätzung kaum überschritten.

Der Kämmerer weist auf die erwarteten Corona-Konjunkturpakete hin, aus denen möglicherweise Investitionen im Bildungsbereich finanziert werden könnten. Dies bringe dann allerdings eine „weitere zeitliche Verzögerung“ mit sich. „Unbestritten sind Investitionen in den Bildungsbereich dringend erforderlich. Sie müssen sich aber auch ohne eine Überforderung der städtischen Finanzen darstellen lassen.“

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Nicht umziehen: Sollte die Spandauer Schule an ihrem bisherigen Standort bleiben müssen, wäre selbst nach einem Ausbau nur Platz für zwei Züge, also zwei Klassen je Jahrgang, eine „ausreichende Bereitstellung an Schulplätzen“ könne damit nicht gewährleistet werden. Im offenen Ganztag könnten höchstens 100 Kinder betreut werden. „Die aktuelle Anmeldezahl übersteigt jedoch bereits diese Kapazitäten“, heißt es in der Vorlage der Verwaltung. Derzeit sind schon 157 Kinder im offenen Ganztag an der Spandauer Schule angemeldet.

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