Halberbracht. 2007 gründet der TuS Halberbracht eine Mädchenmannschaft. Erster Trainer ist Jürgen Winkel, Coach des Westfalenligisten FC Lennestadt.
Jürgen Winkel ist einer der erfolgreichsten Trainer im Kreis Olpe. Zweimal – 2016 und 2018 - führte der den FC Lennestadt in die Fußball-Westfalenliga.
Doch Jürgen Winkel hat nicht nur im Männerfußball seine Spuren hinterlassen, sondern auch im Frauenfußball. Besser gesagt als Trainer der Mädchenmannschaft seines Heimatvereins TuS Halberbracht.
Dafür verantwortlich, dass Jürgen Winkel, der zu dem Zeitpunkt bereits Trainer der 1. Mannschaft und einer Jugendmannschaft des TuS Halberbracht mit seinem Sohn Marco war, in den Mädchenfußball einstieg, war seine Tochter Lorena.
„Das müsste so 2007 gewesen sein. Lorena kam irgendwann aus der Grundschule und sagte: Papa, wir brauchen einen Trainer für die Mädchenmannschaft. Da habe ich gesagt, dann müssen wir einen finden. Darauf konterte Lorena: Du hast Marco trainiert, dann kannst du uns auch trainieren.“
Jürgen Winkel winkte ab und stellte seiner Tochter vor eine – wie er glaubte - „unlösbare Aufgabe“. Jürgen Winkel: „Ich habe ihr gesagt, dass ich nicht Trainer werden könne, weil ich schon mit den Herren zu viel tun hätte. Man brauche mindestens zehn Mädchen, damit man überhaupt anfangen könne.“
Von zehn auf 30
Damit schien die Sache für Jürgen Winkel gelaufen zu sein. Doch dann dann das: „Auf einmal kam Lorena mit einem Zettel nach Hause. Auf dem standen zehn Namen. Dann haben wir unseren damaligen Vorsitzenden Guido Haase angerufen. Der meinte, wenn ein Trainer da wäre, könnte man es ja mal probieren“, erzählt Jürgen Winkel.
Dann habe ihn Lorena ein paar Tage „genervt“, bis es dann zum ersten Training kam. „Tatsächlich waren die zehn Mädchen auch da. Beim zweiten Training waren es schon 15 Spielerinnen. Da habe ich weiter gemacht. Und es hat auch Spaß gemacht“, so Jürgen Winkel.
Und es ging weiter aufwärts. Jürgen Winkel: „Nach wenigen Wochen waren schon die ersten auswärtigen Spielerinnen dabei, zum Beispiel aus aus Altenhundem und Meggen. Irgendwann waren es 20 und nach drei bis vier Wochen 30.“
Jetzt benötigte Winkel Hilfe. Als Co-Trainerin konnte Jürgen Winkel die ehemalige Weltklasse-Leichtathletin Christel Frese gewinnen, die zu dem Zeitpunkt Torwarttrainerin der 1. Mannschaft war.
„Nachdem Lorena zum FC Finnentrop gewechselt war, habe ich das Amt an Christel Frese übergeben. Dann haben wir Volker Henrichs, einen guten Freund und Kegelbruder, gewinnen können. Dann kamen die Mädchen aus Elspe mit Uli Schlechter dazu. Ich war dann raus. Als ich 2012 zum FC Lennestadt hatte ich sowieso keine Zeit mehr. Christel, Volker und Uli haben die Mannschaft dann ab der B-Jugend trainiert.“
Von Fairness beeindruckt
Jürgen Winkel erinnert sich gerne an seine Zeit als Mädchen-Trainer zurück. Was ihm am Frauenfußball sehr gut gefalle, sei die Fairness. „Wenn da mal jemand gefoult wird, wird nicht lange lamentiert. Man klatscht sich ab und es geht weiter. Da wird weniger geschimpft und diskutiert, als im Männerfußball. Es gibt natürlich auch ein paar Ausnahmen“, lacht Jürgen Winkel.
Und wie war es, die eigene Tochter zu trainieren? „Das war wie bei den anderen Spielerinnen auch. Ich habe immer versucht, alle gleichzuhalten. Sie hat eigentlich mehr mit der Mama diskutiert und sich bei ihr beschwert, wenn sie mal ausgewechselt wurde.“ Und auch Lorena Winkel sagt: „Es war wie bei jedem anderen Trainer auch.“
Zwei ehemalige Halberbrachterinnen schafften es später mit dem FC Iserlohn sogar bis in die B-Juniorinnen-Bundesliga: Sophie und Marie Rüthing. Die Zwillingsschwestern, die inzwischen beim Westfalenligisten SF Siegen spielen, erinnern sich gerne. „Marie und ich haben beim TuS Halberbracht das erste Mal so richtig mit Fußball angefangen“, berichtet Sophie Rüthing.
Beide hätten zwar vorher ein paar Mal bei den Jungs beim FC Lennestadt mittrainiert, aber das habe ihnen nie wirklich gefallen. Sie hätten erstmal kein Fußball mehr gespielt, bis sie nach Halberbracht gezogen seien und ihre Eltern ihnen erzählt hätten, dass in Halberbracht eine Mädchenmannschaft gegründet werde. „Das wollten wir direkt mal ausprobieren. Das erste Training hat uns so gut gefallen, dass wir gar nicht überlegen mussten ob wir weitermachen oder nicht. Wir haben uns von Anfang an mit Lorena gut verstanden und mit ihr quasi das Offensiv-Trio gebildet. Das erste Spiel haben wir 19:0 gewonnen. Das werden wir nie vergessen“, erzählt Sophie Rüthing.
2017 startet die Damenmannschaft
Auch Jürgen Winkel ist unvergessen. Sophie Rüthing: „Jürgen Winkel war unser erster Trainer. Durch ihn haben wir sofort Spaß am Fußball gehabt und er hat uns die Grundlagen mitgegeben, um immer besser zu werden. Ich erinnere mich noch, dass wir sehr viel Torschusstraining gemacht haben. Wir sollten immer mit beiden Füßen schießen. Das war sehr wichtig. Er hat viel auf Technik und Taktik gesetzt.“
Grundsätzlich hätten beide die Zeit in Halberbracht nur positiv in Erinnerung. „Wir können uns bei Jürgen bedanken, dass er uns so viel mitgegeben hat und uns von Anfang an unterstützt hat. Wir stehen auch immer noch in Kontakt mit Lorena“, sagen Sophie und Marie Rüthing unisono.
In der Saison 2017/18 nahm erstmals eine Frauenmannschaft des TuS Halberbracht am Spielbetrieb in der Kreisliga Olpe teil. Der Erfolg war überschaubar. In 14 Spielen holte der TuS Halberbracht null Punkte und wurde folgerichtig Tabellenletzter.
Doch es ging langsam aufwärts. Im folgenden Jahr wurde der TuS Halberbracht Fünfter und wurde Hallen-Stadtpokalsieger. Nach der Auflösung der Kreisliga Olpe wechselte der TuS Halberbracht zur Saison 2019/20 in die Kreisliga Hochsauerland und steht dort aktuell auf dem achten Platz.
Mit Begeisterung dabei sind unter anderem Spielführerin Helena Quinke, Nadine Ziegert und Lorena Winkel, mit neun Treffern Top-Torjägerin des TuS Halberbracht. Alle drei hatten auch andere Sportarten wie Reiten, Schwimmen Turnen oder Taekwondo ausprobiert. Aber letztlich sind alle beim Fußball geblieben.
Stellvertretend für alle drei erzählt Spielführerin Helena Quinke über ihre Karriere: „Ich habe früh viel ausprobiert, zum Beispiel Reiten und Turnen. Durch meine drei Brüder bin ich zum Fußball gekommen. Es macht mir unglaublich viel Spaß, in der Gemeinschaft zu spielen, die anderen als Spielführerin zu begleiten und zu unterstützen und für die Gruppe da zu sein.“