Siegen. Angespannte Personalsituation in der Siegener Verwaltung: Stadt will sich um ihre Mitarbeiter kümmern, um Fachkräfte zu gewinnen und zu halten.

Die Personalsituation in der Siegener Stadtverwaltung ist angespannt. „Im Arbeitsmarkt ist zur Zeit unglaublich viel Bewegung“, sagt Bürgermeister Steffen Mues anlässlich eines Berichts von Dirk Helmes, Leiter der Personalabteilung im Rathaus, im zuständigen Haupt- und Finanzausschuss. „Wir sind froh, dass wir wo viele externe Einstellungen hatten – sonst wäre die Verwaltung ein Stück weit zusammengebrochen“, so der Bürgermeister. Seit 2014 habe sich die Zahl der Einstellungen von extern verdoppelt.

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Die Situation: Rekrutierung ist Riesenthema in der Siegener Verwaltung

Rekrutierung sei zur Zeit das „Riesenthema“, sagt Helmes. „Wir werden in den nächsten fünf Jahren massiv Personal verlieren.“ Neben der Rente mit 63 oder noch früher – „mit Abzügen, aber das ist es manchen wert“ – sei der Trend zu Studium statt Ausbildung ein Faktor. „Quantität und Qualität der Bewerbungen nehmen ab. Es wird zunehmend schwieriger, Stellen zu besetzen – wir kriegen sie zur Zeit aber noch besetzt“, sagt Helmes. Herausfordernd sei dabei nicht nur die Wiederbesetzung, sondern auch Wissenstransfer. „Off-Boarding“ heißt das Konzept, wonach Nachfolger vom Vorgänger eingearbeitet werden. „Das Fingerspitzengefühl für Verhandlungen mit einer Waldgenossenschaft kann man nicht auf Papier weitergeben.“

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Es gebe zwischen Siegen und den Nachbarkommunen eine gewisse Kannibalisierung in Sachen Personal, gibt Helmes zu, man müsse sehen, wo man bleibt. „Wir geben ja auch ans Umland ab“, auch wenn Siegen unter dem Strich hinzugewinne. „Wir verlieren gute Mitarbeiter an die großen NRW-Städte“, sagt Bürgermeister Mues, „seit etwa drei Jahren sind Abwerbeversuche durchaus üblich.“

Stadt Siegen bildet in 16 Berufsfeldern aus

Die angespannte Personalsituation an vielen Stellen werde auch daran deutlich, dass häufig auf die sechsmonatige Kündigungsfrist gepocht werde. Die Fluktuation durch Abwerbungen, Ruhestand, interne Wechsel schaffe Vakanzen, die teils erst nach Monaten beendet würden – „nicht, weil wir das wollen; wir schaffen es fast nie nahtlos“, sagt der Bürgermeister.

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In Sachen Ausbildung stehe die Stadt Siegen sehr gut da, in 16 Berufen wird ausgebildet. „Wir müssen aber noch mehr tun, um junge, engagierte Kräfte für den ‘drögen’ öffentlichen Dienst zu begeistern“, sagt Helmes. Schon aufgrund der Vielzahl an offenen Stellen gelte es, für Bewerber schnell, sichtbar und attraktiv zu sein – und Arbeitnehmer bei der Stange zu halten. „Gut und schnell einarbeiten und mitnehmen ist wichtig, sonst springen sie wieder ab.“ Alternativen gibt es zur Zeit genug. Die Stadt plant in Sachen Arbeitgebermarketing eine Kampagne, Arbeitstitel „Pulsgeber“, um Möglichkeiten und Chancen bei der Kommune aufzuzeigen und die Bewerbersituation zu verbessern.

Die Siegener Personalpolitik: Fürsorgeorientiertes Personalmanagement

Den „Siegener Weg“ nennt Helmes die Bemühungen um ein fürsorgeorientiertes Personalmanagement: Siegen will sich als attraktiver Arbeitgeber am Markt positionieren und im Rennen mit der freien Wirtschaft und anderen Kommunen punkten. Statt aufwändig und teuer Scherben zusammenzukehren setze man auf Prävention, „damit die Schüssel gar nicht erst zu Boden fällt.“ Zentraler Ansatz dabei: „Wie können wir das Arbeitsumfeld an die persönliche Situation anpassen?“ In technischen Berufen oder höheren Lohngruppen könne der öffentliche Dienst beim Gehalt nun mal nicht mithalten. Aber, das spiele der Siegener Verwaltung durchaus in die Hände: Geld ist nicht alles.

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Teilzeitausbildung, Vereinbarkeit von Familie und Beruf, flexible Altersteilzeit, Homeoffice und mobiles Arbeiten, Aufstiegschancen und interne Wechsel, ein halber Tag Urlaub am Geburtstag („da können Sie draußen lange nach suchen“) nennt der Personalchef als Maßnahmen, die „Vielfalt der Lebensmodelle“ im Berufsalltag abbilden und auffangen zu können. „Was braucht jemand, um uns seine Arbeitskraft zur Verfügung zu stellen? Mit diesem Ansatz haben wir in der Region ein Alleinstellungsmerkmal“, sagt Helmes. Seit 2010 habe sich etwa die Zahl der Arbeitsreduzierungsfälle verdoppelt – was natürlich auch aufgefangen werden muss.

Personalabteilung Siegen kümmert sich auch um Ruheständler

Mit 55 habe ein Arbeitnehmer heute noch getrost zwölf Jahre Berufsleben vor sich – also müsse sich die Stadt fragen, was man dieser Personengruppe an Persönlichkeitsentwicklung – Wechselmöglichkeiten, Fort- und Weiterbildung – bieten könne. „Wir haben keine Maschinen da sitzen, sondern Menschen.“ Und auch in den Ruhestand will die Verwaltung begleiten. „Wer sich 40 Jahre für uns eingesetzt hat, dem sagen wir nicht ‘Und tschüs!’“, betont Dirk Helmes. Um zu vermeiden, dass Ruheständler in ein Loch fallen, soll es etwa „Unruhestandscoachings“ geben – und auch das Weiterarbeiten auf 450-Euro-Basis sei möglich. „Es gibt doch nichts besseres, als wenn dieses Wissen erhalten bleibt“, meint der Personalabteilungsleiter. „In einer Verwaltung geht das – mit 67 ist man doch heute nicht alt.“

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Auch die Vielfalt einer kommunalen Verwaltung könne man in die Waagschale werfen: „Bei uns kann man in 33 Bereichen von Sport bis Finanzen arbeiten – ein Industriekaufmann arbeitet als Industriekaufmann.“

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