Siegerland. . Freie Ausbildungsstellen im Kreis Siegen-Wittgenstein gibt es in Hülle und Fülle. Das Problem: Es gibt kaum junge Bewerber. Aber warum?
- Unternehmen aus dem Siegerland können bei den Gründen nur spekulieren
- Im Ausbildungsjahr 2016/17 kamen auf 2225 freie Plätze im Kreis nur 2140 Bewerber
- Logistikunternehmen Schäfer aus Wilnsdorf sucht vergeblich nach Berufskraftfahrern
Unternehmen aus dem Siegerland haben zunehmend Probleme, junge Menschen wie etwa Schulabgänger für eine Ausbildung im eigenen Haus zu begeistern. Wie bereits berichtet, gab es im Ausbildungsjahr 2016/17 weniger Bewerber als freie Stellen – auf 2225 Plätze kamen in Siegen-Wittgenstein lediglich 2140 Bewerber. Aber warum? Wir haben bei heimischen Betrieben nachgefragt.
Berufskraftfahrer
Das Lebensmittel-Logistikunternehmen Schäfer aus Wilnsdorf, das zur Nagel Group gehört, sucht händeringend Berufskraftfahrer. „Wir bekommen sie nur nicht“, sagt Ausbildungsleiterin Carina Stöcker, „der Markt ist leer gefegt“. Schon in diesem Jahr hätten die Wilnsdorfer gerne zwei bis drei Azubis eingestellt, doch daraus wurde nichts. Die Gründe: Jugendliche würden sich, so Stöcker, eher für ein Studium nach der Schule entscheiden oder in einem Industriebetrieb ihr Glück versuchen. „Dort verdient man mehr Geld und hat bessere Arbeitszeiten“, sagt die Ausbildungsleiterin, die beteuert, dass Berufskraftfahrer ebenso gutes Geld verdienen können – weil es eben nur so wenige machen.
Die Anforderungen an die Auszubildenden hielten sich in Grenzen: Idealerweise verfügten sie über einen Führerschein und „haben keine Angst vor großen LKW“, so Stöcker, „ansonsten ist uns nur wichtig, dass diese jungen Menschen Lust auf diesen Job haben und motiviert sind“. Ebenso bildet das Unternehmen Speditionskaufleute und Fachkräfte für Lagerlogistik aus – in diesen Sparten sei die Akquise deutlich erfolgreicher.
Energie-Elektroniker
Bis zu neun Energie-Elektroniker würde Westnetz am Standort Siegen gerne jährlich neu ausbilden – doch Bewerber sind kaum in Sicht. „Wir haben dieselben Probleme wie andere auch“, beteuert Hans-Werner Werder, der sich bei dem Netzbetreiber um die Azubis kümmert, „wir bekommen kaum neun Bewerbungen zusammen“. Dabei verfüge man über eine große Ausbildungswerkstatt, gehe in Schulen und auf Messen und sei auf Internetportalen wie etwa „Karriere Südwestfalen“ vertreten. Ohne Erfolg.
Eine Erklärung hat Werder nicht parat, nur soviel: „Wenn wir einen Ansatz hätten, wären wir deutlich schlauer.“ Neben jenen Energie-Elektronikern möchte Westnetz jedes Jahr drei Industriekaufleute einstellen – für diese kaufmännische Schiene interessieren sich laut Werder deutlich mehr junge Menschen. „Dort haben wir an die 100 Bewerbungen“, macht er auf den Unterschied aufmerksam. Wer sich doch noch vorstellen könne, nächstes Jahr als Elektroniker bei Westnetz zu beginnen, der habe noch mindestens bis Ende des Jahres Zeit für eine Bewerbungen. Vermutlich sogar länger.
Gleisbauer
„Definitiv“, sagt Jan Stöcker von KAF Falkenhahn Bau in Kreuztal, „haben wir Schwierigkeiten, Gleisbauer zu finden“. Den Beruf erst einmal bekannt zu machen, sei dabei schon die erste Hürde, „und dann noch junge Leute für den Beruf des Gleisbauers zu begeistern“, weiß Stöcker, die noch größere.
Dabei lockt das Unternehmen Azubis mit der Perspektive, nicht nur ausgebildet zu werden, sondern später eine wichtige Stelle im Betrieb zu übernehmen. „Wir suchen Poliere, Vorarbeiter und Maschinisten“, sagt Stöcker, der in Personalabteilung beschäftigt ist.
Auch er kann nur Vermutungen anstellen, warum sich die Suche nach Azubis so schwierig gestaltet. Seine Thesen: Der Akademiker-Wahn, der demografische Wandel und „ein Trend, dass eher büroaffine Tätigkeiten gefragt sind“. Eine Bewerbungs-Deadline gibt es bei den Kreuztalern nicht. Stöcker: „Wir sind offen für kurzfristige Bewerbungen.“
Zimmermann
Deutlich leichter fällt der Büdenbender Hausbau GmbH die Suche nach geeignetem Nachwuchs. Dass die Netphener nicht so große Probleme haben, liege vor allem daran, dass man über Mitarbeiter einige Azubis gewinnen könne.
„In der Produktion haben wir genügend Auszubildende“, betont Personalleiter Patrick Reinert, dessen Firma nicht nur Zimmerleute, sondern auch Bauzeichner und Bürokaufleute ausbildet. „Das sind jetzt nicht die unattraktivsten Berufe“, erklärt Reinert. Und dennoch, auch die Anzahl der Bewerbungen bei dem Hausbauer habe sich reduziert. Reinert: „Die Masse wie früher bekommen auch wir nicht mehr.“
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