Vor Gericht sagt der Angeklagte: Er habe eine Krebsdiagnose bekommen und danach „nicht mehr viel über Gesetze oder solche Dinge nachgedacht“.
Siegen. In der Anklage geht es um Drogenhandel und Beihilfe. Der Angeklagte K. bestand am ersten Verhandlungstag im August darauf, noch nie mit Drogen gehandelt zu haben. Seine Wohnung sei lediglich von einem Bekannten zur Aufbewahrung von dessen Ware genutzt worden.
Am 11. April 2018 hatte die Polizei die Räume des 26-Jährigen durchsucht und 100 Gramm Cannabis gefunden. Dazu kamen an die 1000 Gramm des LSD-verwandten Mittels LSA in verschiedenen Aggregatzuständen. K. gab zu, gut 500 Gramm Samen der Hawaiianischen Holzrose gekauft zu haben, mit der Absicht, das Rauschmittel zu extrahieren. Was aber ein völlig misslungenes Experiment geworden sei.
Cannabis-Mühle, Messer und Machete gefunden
Am Dienstag, 17. September, erklärt sich der gebürtige Rheinländer erstmals bereit, auch persönliche Angaben zu machen und betont unter anderem, gern als Lagerlogistiker zu arbeiten. Was in gewisser Weise auch seine Einlassung als „Drogenlagerist“ unterstreichen könnte.
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Nachdem am 27. August mehrere wichtige Zeugen fehlten, musste das Verfahren bis zum 17. September vertagt werden. Hier bestätigt einer der Beamten nun noch einmal, was alles in der Wohnung des Angeklagten gefunden wurde, neben den Drogen noch eine Cannabis-Mühle, mehrere Messer, eine Machete und zahlreiches Verpackungsmaterial.
Ein unbeschriebenes Blatt in Sachen Drogenverfahren
Was der Polizist aber auch feststellen muss, der Angeklagte ist ihm vorher nie in Zusammenhang mit Drogenverfahren begegnet. Positiv für K. ist danach auch die Aussage seines damaligen „Auftraggebers“. Der bestätigt die Darstellung des Angeklagten, dass sämtliche Drogen ihm gehört hätten. Von eigenen Handelsgeschäften des K. will er hingegen nichts wissen. Der junge Mann (21) ist für seinen Anteil an den Straftaten, er selbst spricht mehrfach von „meinen Verfehlungen“, bereits bestraft worden und müht sich erkennbar, auch nur in diesem Umfang auszusagen.
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Als Lohn für die Aufbewahrung habe K. umsonst Drogen bekommen, kleinere Mengen auch von ihm gekauft, bestätigt der Zeuge. Von den LSA-Experimenten seines früheren Freundes will er nichts gewusst oder es vergessen haben. „Das war eher meine Schiene“, erklärt der Mann. Auch bei ihm sei es aber nichts damit geworden. Anfang 2017 habe er eine Krebsdiagnose bekommen und danach „nicht mehr viel über Gesetze oder solche Dinge nachgedacht“, begründet der Siegener sein kriminelles Verhalten.
Mobiltelefone mit unzähligen Chatverläufen ausgewertet
Wenn es Chats über 1,5 Liter Amphetamin in der Wohnung des Angeklagten gebe, sei das wohl eher Schwachsinn im betrunkenen Zustand, glaubt der Zeuge. Den Krebs habe er besiegen können, die Drogen hinter sich gelassen. K. hingegen gibt gegenüber dem Gericht zu, einen Rückfall gehabt zu haben. Auch er will ein neues Leben beginnen, hat sich eine Wohnung und eine Arbeit besorgt, steht vor Entgiftung und Therapie. Trotz täglichen Drogenkonsums habe er immer gearbeitet, bis auf eine dreimonatige Zeit mit Hartz IV. „Das ist aber nicht mein Leben“, versichert K..
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Zu den Plädoyers kommt es an diesem Tag nicht. Staatsanwältin Tabea Schneider hat einen neuen Aktenordner mitgebracht. Zwei beschlagnahmte Mobiltelefone mit unzähligen Chatverläufen seien zwischenzeitlich von der Polizei ausgewertet worden. 20 davon sind im Ordner und wiesen zumindest auf BTM-Zusammenhänge und mögliches Handeltreiben hin, sagt Schneider. Anwalt Wolf Heller beantragt Akteneinsicht. Dafür bekommt er jetzt bis zum 2. Oktober Zeit.
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