Siegen. . Die Kunstvermittlerin des Museums für Gegenwartskunst MGK Siegen geht nach einer unkonventionellen Expeditions-Berufs-Vita in den Ruhestand.
Ihr Lebensmotto hat Karin Puck von Clint Eastwood. In einem Zeitungs-Interview, sagt die Kunstvermittlerin und Marketing-Expertin des Museums für Gegenwartskunst, habe jemand den Schauspieler einst zitiert. Sie weiß zwar nicht mehr, wer es war; aber sie weiß, was es war: „Ich reite in die Stadt, und alles andere ergibt sich.“
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Ende Juni geht Karin Puck in den Ruhestand. 2007 fing sie am MGK an, und zu der Stelle kam sie tatsächlich in der von ihr präferierten Eastwood-Manier. Sie kam genau wie die damalige Museumsdirektorin Dr. Eva Schmidt aus Bremen, die beiden kannten sich. „Ich wollte sie eigentlich nur mit einem gemeinsamen Freund zusammen besuchen.“ Eva Schmidt, die im vergangenen März in den Ruhestand ging, suchte damals eine Elternzeitvertretung für Pressesprecherin Stefanie Scheit-Koppitz und bot Karin Puck den Posten an. Tatsächlich: Sie war in die Stadt geritten, und alles andere ergab sich.
„Lag mir nicht“ und Einstellungsstopp
Karin Puck hat in ihrem Berufsleben viel gemacht. Wenn sie davon erzählt, dann im lockeren Ton der Abenteurerin, die das unkonventionelle Hin und Her ihrer Expeditionsroute mit völliger Gelassenheit betrachtet, weil es für sie nun einmal der natürliche Laufe der Dinge ist. Dabei stapelt sie tief. In ihrer Vita ergab sich „alles durch Zufall oder Kontakte“, sagt sie selbst – als habe sie dafür die Kontakte nicht erst aufbauen, dem Zufall nie nachhelfen müssen. Diesen aktiven Part zumindest räumt sie ein: „Machen ist besser als nicht machen. Selbst wenn es mal der falsche Weg ist: Ein Abzweig kommt immer.“
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Geboren in Oldenburg, aufgewachsen in Bordesholm bei Kiel, studierte sie Kunst und Geschichte auf Lehramt. Sie machte das Referendariat, arbeitete aber nicht als Lehrerin. „Eine Mischung aus ,Lag mir irgendwie nicht’ und Einstellungsstopp“, sei der Grund gewesen, aber „das kam mir Recht“. Sie komme schlecht damit zurecht, „wenn Leute nicht wollen – und Schüler wollen oft nicht“. Außerdem sei es ihr schwergefallen, den Unterricht vorauszuplanen: „Wer weiß schon, was die Zukunft bringt?“
Erfahrungen als Künstlerin
Damals, Anfang der 1980er Jahre, brachte ihr die Zukunft im Zuge der Urbanitäts- und Stadtteilkultur-Bewegung die Mitarbeit in einem Kulturladen. „Ein winziges Teil, unprofessionell bis zum Abwinken“, sagt sie. „Wir hatten keine Ahnung, wir wollten nur etwas machen.“ Sie gab Kunstkurse, es gab einen Mädchentreff, auch Kleinkunstaktionen. Zwei Jahre lang. „Aber dann hab’ ich gedacht: Alles nicht meins.“
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Sie studierte wieder, diesmal Kunst in Bremen, und arbeitete als freischaffende Künstlerin. Davon leben konnte sie „nicht wirklich. Mal ging’s, mal ging’s nicht. Es kam irgendwie in Gang. Aber ich hatte immer das Gefühl – wie man ja auch sagt – Kunst ist ein Transportproblem. Und ein Lagerproblem. Und irgendwann fragt man sich: Für wen mache ich das eigentlich?“
Im Nachhinein macht alles einen Sinn
Es folgte eine Weiterbildung, dann eine Anstellung in einer IT-Firma in Bremen, im Anschluss daran in den frühen 2000ern zwei Jahre Tätigkeit in dem Projekt, mit dem Bremen zur europäischen Kulturhauptstadt 2010 werden wollte – aber nicht wurde, weil Essen den Zuschlag bekam. Was bis hier hin vielleicht aussehen mag, als sei es eine Aneinanderreihung mehr oder minder zufälliger Stations- und Richtungswechsel in einem bewegten Berufsleben, wirkt aus der 2019er Perspektive, als habe es nur einem einzigen Zweck gedient: Der Vorbereitung auf die Stelle im Siegener MGK. Denn für den Bereich Kunstvermittlung und Marketing machen alle Erfahrungen und Kompetenzen einen Sinn: Die Lehrerausbildung, die Arbeit in der alternativen Kulturszene, die Versuche als freie Künstlerin, die IT-Kenntnisse, das Bremen-Projekt.
„Ich bin lebenslanges Lernen in Person“, sagt Karin Puck.
Dabei hat sie die Zelte in Bremen nie abgebrochen, wollte in Siegen eigentlich nicht lange bleiben. „Okay, dachte ich, für ein Jahr mache ich das. Aber hinziehen will ich nicht. Ich dachte: Da sitzt Du abends weinend auf dem Sofa – Du kennst ja keinen. Doch ich bin noch hier.“
Ursprünglich sei geplant gewesen, dass die Jugendkunstschule die Vermittlungsaufgaben im 2001 eröffneten MGK übernimmt. „Ich habe festgestellt, dass es ungünstig ist, wenn wir unsere Vermittlung in andere Hände geben.“ Eva Schmidt habe sie machen lassen, und „ich das gemacht, was ich für richtig hielt“.
Säule des MGK-Konzepts
Heute ist die Kunstvermittlung ein zentraler Aspekt des MGK-Konzepts. Es gibt Angebote für Kindergärten, die „Museumsmomente“-Führungen für Menschen mit Demenz, die Entdeckungsreise für Grundschulen, die jugendlichen Kunstboten, die Jungen Kunstfreunde, die fortlaufenden Projekte für weiterführende Schulen, Workshops, Führungen für alle möglichen Zielgruppen. Kern ist der Ansatz, den Besucherinnen und Besuchern auf Augenhöhe zu begegnen und jedwede snobistische Attitüde – wie sie der Kunst- und Hochkulturszene oft nachgesagt wird (und mitunter gerade in der Vergangenheit auch nicht gänzlich abzusprechen sein mag) – zu vermeiden. „Ich habe mich immer gefragt: Wie würde ich’s meiner Familie verkaufen?“, beschreibt Karin Puck ihre Herangehensweise. Die sei eher technisch geprägt, „hat mit Kunst nichts am Hut“.
Wissen vermitteln – selbst dazulernen
Offenheit sei wichtig; die Fähigkeit und Bereitschaft, sich in die Menschen, die vor einem modernen Kunstwerk stehen, hineinzuversetzen. „Man muss sich immer fragen: Was ist daran befremdlich?“, sagt Karin Puck. Der Austausch spielt eine entscheidende Rolle. „Es gibt nichts Schöneres als einen Dialog vor einem Bild. Es ist, wie im Gras zu liegen und sich gegenseitig zu erzählen, was man in den Wolken erkennt“, sagt die Fachfrau. „Die Leute wollen aber nicht nur rumspinnen, die wollen auch etwas wissen. Ich kann Dinge erklären, Entwicklungen aufzeigen, Hintergründe liefern. Man ist Moderator zwischen Bild und Betrachter.“ Und es ist keine Einbahnstraße. Die Gespräche eröffnen auch Karin Puck neue Sichtweisen.
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Siegen sei, entgegen der anfänglichen Befürchtungen vor zwölf Jahren, inzwischen ihre zweite Heimat mit vielen Freunden geworden. Dennoch wird sich in Zukunft das Meiste für Karin Puck in Bremen abspielen. Sie wird dort als freie Mitarbeiterin Führungen in der Kunsthalle anbieten, wird mehr Zeit als bisher in ihrem Kleingarten verbringen und möchte mehr Sport treiben. „Walken und Yoga. Mal sehen, was ich noch so finde. Und ich glaube, ich möchte mich in meiner Nachbarschaft engagieren und Leute zusammenbringen.“
Sie reitet wieder in die Stadt. Alles andere ergibt sich.
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