Siegen. . An zwölf Stationen zeigt die lokale Szene am 10. Siegener Kunsttag Werke, Aktionen und Ideen. Damit ist der Kunstsommer 2019 eröffnet.

Der Hund hat keinen richtigen Kopf. Da er nur im virtuellen Raum existiert, ist die Sache aber halb so wild. Trotz seines Roboterdesigns ist der kleine Kerl auch ganz wild drauf, Stöckchen zu bringen; in einem Innenhof von Venedig, der am Sonntag aber in der Hinterstraße 19 liegt. Zwei Dinge machen das möglich: Virtual Reality – und der 10. Siegener Kunsttag unter dem Motto „Kunstnetz“.

Im Netzwerk arbeiten

Gemeinsam bespielen mehrere Akteurinnen und Akteure das Atelierhaus Oberstadt, Hinterstraße 19. Jennifer Cierlitza und Katharina Gimbel zeigen im Erdgeschoss eine gemeinsame Arbeit: Cierlitza fertigte auf Stoff und verschiedenen Papierarten Frottagen von Untergründen in der Hinterstraße an, Gimbel steuerte Fotos bei. Die Arbeit ist also nicht nur vom Ort inspiriert, sondern im wahrsten Wortsinn vom Ort geprägt. Chaos Siegen (Teil des Chaos Computer Clubs) und die studentische Spieleinitiative USK57 präsentieren daneben digital unterstützte Raumerfahrungen – unter anderem die Venedigsimulation mit VR-Brille und künstlichem Hund.

Unten in den Kellerräumen bietet das Künstlerkollektiv „rosa & lü“ einen Siebdruck-Workshop mit Bezug zum Streetartthema, das den Raum insgesamt kennzeichnet: Die Besucher können ein kleines Gespenst mit Spraydose auf T-Shirts drucken. Der Geist ist vielen Siegenern bekannt, weil er seit Jahren hoch oben über einem Pfeiler der HTS in der Sieghütte zu sehen ist.

"Rosa & lü" geben im Atelierhaus Oberstadt Besuchern mittels Folien und Projektor die Möglichkeit, ganz legal alternative Gestaltungsmöglichkeiten für die Busch-Brüder-Figuren an den neuen Ufern durchzuspielen. © Florian Adam

Total legal können die Gäste bei rosa & lü außerdem die Busch-Brüder-Figuren an den neuen Ufern umgestalten. Mit Hilfe eines Projektors, einer abwischbaren Folie und Stiften lässt sich spielerisch Streetart simulieren, ohne dafür Sachbeschädigung begehen zu müssen.

Eine große Zahl von Objekten, die Schülerinnen und Schüler aus Büchern geschaffen haben, zeigt das Museum für Gegenwartskunst. Das Tagesthema ist hier als „Netze des Wissens“ interpretiert und angelehnt an die derzeitige Ausstellung „Der Traum der Bibliothek“. Zehn Schulen – aber jeweils mit mehreren Klassen – haben mitgemacht, außerdem ein Kindergarten. Die Bandbreite reicht so vom Vorschulalter bis zur Sek II. Und im MGK herrscht reger Betrieb, weil viele Kinder ihren Familien und Freunden die oft überaus raffiniert gemachten Werke vorführen möchten.

Das Publikum macht mit

Mitmachen ist, wie an so vielen Stationen, auch im Erdgeschoss von Haus Seel angesagt. Die Arbeitsgemeinschaft Siegerländer Künstlerinnen und Künstler (ASK) sucht „Kunst-Netzflicker“: Freiwillige, die auf einem Raster am Boden Quadrate in Schwarz-weiß, Rot, Gelb und Blau anordnen. Daran mangelt es nicht, so dass im Lauf des Tages immer neue Bilder und Muster entstehen.

Augenscheinlich fadenscheinig, so der Titel der Installation im Untergeschoss von Haus Seel, ist eine Gemeinschaftsarbeit des Kunstvereins Siegen. Etwa 40 Mitglieder haben geholfen, nun sind rund 700 bunte Fäden mit einer Gesamtlänge von sieben Kilometern von der Decke hängend in ein Holzgestänge in der Raummitte gefädelt. Je nach Perspektive weckt das Assoziationen an Netze, Kuppeln – oder sogar fantastische Unterwasserphänomene.

Lena Hugger und Oksana Schlange malen im Frei:raum über den Tag hinweg ein gemeinsames Bild - ihre Stile sind recht unterschiedlich.
Lena Hugger und Oksana Schlange malen im Frei:raum über den Tag hinweg ein gemeinsames Bild - ihre Stile sind recht unterschiedlich. © Florian Adam


Stilistisch sehr unterschiedlich sind die Bilder von Oksana Schlange und Lena Hugger, die der „Frei:raum“ in der Löhrstraße 30 unter dem Stichwort „Verspannung“ einander gegenüberstellt. Schlange malt farbintensive Blumenmotive, Hugger expressiv verzerrte Körper. Trotzdem – oder gerade deswegen – malen beide an diesem Kunsttag ein gemeinsames großformatiges Bild.

Chices Angebot zwischendurch: Im Schaufenster des Ladenlokals porträtiert Oksana Schlange Besucherinnen und Besucher via Bleistiftzeichnung.

Hinter dem Titel „friendly posting“, den die Gruppe 3/55 für ihren Beitrag wählte, steckt eine auf einem ganz konkreten Netzwerk basierende Aktion. Die Gruppe schickte 60 Bekannten – Künstlern, Designern, Architekten – in Deutschland und einigen europäischen Ländern A0-Pappbögen mit der Bitte um Gestaltung zu. 39 Leute folgten dem Aufruf.

Die Aktion
Die Aktion "friendly posting" der Gruppe 3/55 im Projektraum Monopol:i. Silke Krah zerschnitt den vorgegebenen A0-Bogen und setzte daraus ein Netzhemd zusammen. © Florian Adam

Eingegangen – und bis 19. Mai im „Monopol:i“, Bahnhofstraße, zu sehen – sind viele Bildlösungen, in den denen der Karton bemalt wurde, aber auch Collagen und plastische Herangehensweisen. Am radikalsten ist die Arbeit von Silke Krah, Künstlerin aus Kirchhundem. Sie zerschnitt den Bogen und setzte ihn zu einem Kleidungsstück zusammen. Zu einem Netzhemd.

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