Eckmannshausen. . Der 96-jährige Friedhelm Kolb aus Eckmannshausen lernte seine Frau während des Krieges kennen. 1945 heirateten die beiden in Netphen.

„Ich hatte nie den Gedanken, dass ich nicht wieder nach Hause komme“, sagt Friedhelm Kolb. Der 96-Jährige sitzt in einem Sessel in dem Haus in Eckmannshausen, in dem er mit seiner Frau gelebt hat. Er erzählt davon, wie er vor 75 Jahren seine Frau Helene kennenlernte.

Das Kennenlernen

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Kolb war 1941 als Soldat eingezogen worden. 1942 durfte er für einen Urlaub nach Hause nach Unglinghausen kommen. „So etwas wie Kino gab es damals nicht. Wir sind spazieren oder wandern gegangen“, sagt Kolb. Oft war er zwischen Unglinghausen und Eckmannshausen unterwegs. Dort traf er seine Frau. Auch seine Schwiegereltern lernte er direkt kennen. „Dass sie die Richtige ist, wusste ich sofort.“ Es seien damals andere Verhältnisse gewesen als heute. Viele junge Männer fehlten, kamen aus dem Krieg nicht mehr zurück. „Einige junge Mädchen haben niemanden mehr gefunden. Das war eine Folge des Krieges“, so Kolb.

Briefkontakt im Krieg

Zeitzeuge Friedhelm Kolb 1942 als junger Soldat (damals etwa 21 Jahre alt).
Zeitzeuge Friedhelm Kolb 1942 als junger Soldat (damals etwa 21 Jahre alt). © Privat

Sein Aufenthalt in der Heimat war nur kurz. Der damals 21-Jährige musste zurück in den Krieg. Er war zunächst in einer Einheit in Meiningen, später in Russland. Kontakt zu Helene hielt er per Post. „Wir haben uns geschrieben, dass wir uns lieb haben.“ Über den Krieg haben sie nicht viel geredet, auch Politisches stand nicht in den Briefen. „Die Umschläge wurden ja geöffnet und bekamen dann einen Stempel. Das war damals so“, sagt Kolb. Dass sie heiraten möchten, beschlossen beide postalisch. Einen richtigen Antrag hat es nicht gegeben: „Man hat sich einfach darauf verständigt.“

Auf dem Rückzug kam Kolb in Mecklenburg in amerikansiche Kriegsgefangenschaft. „Wir waren täglich in Gefahr. Es war ja sehr fraglich, ob man nach Hause kommt“, erzählt der 96-Jährige. Trotzdem blieb er optimistisch. „Der Gedanke war immer ,Du kommst wieder nach Hause’“. Im August 1945 war es schließlich so weit. Kolb konnte nach vier Jahren im Krieg wieder heimkehren.

Die Heirat

Das nachträglich aufgenommene Hochzeitsfoto zeigt Friedhelm Kolb mit seiner Ehefrau Helene im Jahr 1946. Damals war er 25 Jahre alt.
Das nachträglich aufgenommene Hochzeitsfoto zeigt Friedhelm Kolb mit seiner Ehefrau Helene im Jahr 1946. Damals war er 25 Jahre alt. © Privat

Im November 1945 heiratete das Paar standesamtlich, im Dezember fand die kirchliche Trauung statt. „Eckmannshausen war katholisch, Unglinghausen evangelisch“, sagt Kolb. Das sei in manchen Fällen schwierig gewesen, aber nicht für Kolb und seine Frau. „Es war kein Problem. Jeder blieb da, wo er hergekommen war. Es kommt darauf an, wie man eingestellt ist. Ich war vier Jahre lang Soldat. Da hat keiner gefragt, welche Glaubensrichtung man hat, es kam auf die Kameradschaft an. Die war wichtig.“

Nach dem Krieg haben beide Familien nicht viel besessen. „Alles, was wir bei der Hochzeit getragen haben, war geliehen“, sagt Kolb. „Es war ja nichts da.“ Sein Anzug, das Brautkleid seiner Frau, alles Leihgaben von Bekannten und Freunden. Die kirchliche Trauung fand am 26. Dezember, am zweiten Weihnachtsfeiertag, 1945 in der katholischen Kirche in Netphen statt.

Der Weg zur Kirche

Das Brautpaar machte sich damals zusammen mit den Trauzeugen – zwei Freunde von Kolb – auf den Weg zum Hochamt, direkt im Anschluss fand die Trauung statt. Die Familienmitglieder der Brautleute waren schon älter, deshalb waren sie nicht bei der Trauung in der Kirche dabei, denn der Weg dorthin war beschwerlich: „Für den Weg haben wir uns Proviant eingepackt“, erzählt der 96-Jährige.

Friedhelm Kolb

Eckmannshausen um 1940.
Eckmannshausen um 1940. © Heimatverein Eckmannshausen
Blick vom Setzer Berg auf Eckmannshausen vor 1945.
Blick vom Setzer Berg auf Eckmannshausen vor 1945. © Heimatverein Eckmannshausen
Blick vom Setzer Berg auf Eckmannshausen heute.
Blick vom Setzer Berg auf Eckmannshausen heute. © Sarah Engelhard
Blick auf Eckmannshausen heute Richtung Setzer Berg.
Blick auf Eckmannshausen heute Richtung Setzer Berg. © Sarah Engelhard
Friedhelm Kolb ist heute 91 Jahre alt.
Friedhelm Kolb ist heute 91 Jahre alt. © Sarah Engelhard
Friedhelm Kolb als junger Rekrut 1941, damals war etwa 20 Jahre alt.
Friedhelm Kolb als junger Rekrut 1941, damals war etwa 20 Jahre alt. © Privat
Friedhelm Kolb als junger Soldat 1942, damals war etwa 21 Jahre alt.
Friedhelm Kolb als junger Soldat 1942, damals war etwa 21 Jahre alt. © Privat
Friedhelm Kolb mit seiner Frau Helene. Das Hochzeitsfoto wurde im Jahr 1946 nachträglich im Fotoatelier Loos aufgenommen. Die kirchliche Trauung fand am 26. Dezember 1945 statt.
Friedhelm Kolb mit seiner Frau Helene. Das Hochzeitsfoto wurde im Jahr 1946 nachträglich im Fotoatelier Loos aufgenommen. Die kirchliche Trauung fand am 26. Dezember 1945 statt. © Privat
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Die Wanderung dauerte ein paar Stunden. Es war Winter und eine durchgehende Schneedecke lag über dem Siegerland. Die Hochzeitsgesellschaft lief zu Fuß von Unglinghausen und Eckmannshausen über Oelgershausen nach Netphen – und das in Anzug und Hochzeitskleid. Nach der Trauung ging es den gleichen Weg wieder zurück.

Die Feier

Gefeiert wurde in dem Elternhaus von Kolbs Frau, in dem er heute noch lebt. Anwesend waren nur wenige Leute: Onkel, Tanten und Kolbs Mutter sowie beide Elternteile von Helene. Kolbs Vater war im Krieg gefallen.

Friedhelm Kolb ist heute 96 Jahre alt.
Friedhelm Kolb ist heute 96 Jahre alt. © Sarah Engelhard

Die Feier an sich war bescheiden: Die Gäste mussten früh gehen, denn abends ab 18 Uhr durfte kein Deutscher mehr auf der Straße sein. Musik gab es nicht und auch das Buffet war auf das Wesentliche beschränkt. „Meine Mutter hatte zwar einen Kuchen gebacken, aber der war aus Maismehl“, erinnert sich Kolb. „Trotz aller Umstände war das ein schöner Tag.“

67 Jahre Ehe

Nach 65 Jahren Ehe, im Jahr 2010, feierte das Paar Eiserne Hochzeit. 67 Jahre waren Friedhelm Kolb und seine Frau verheiratet, als Helene im Jahr 2013 im Alter von 89 Jahren starb.

Sie ist auf dem Friedhof in Eckmannshausen beerdigt worden. Friedhelm Kolb denkt weiterhin jeden Tag an den Menschen, mit dem er fast sein ganzes Leben verbracht hat: „Ich gehe sie jeden Tag besuchen.“