Meschede. . Im Zweifel für die Angeklagte: Drei Jahre nach dem Tod eines 15 Monate alten Mädchens in Meschede ist die Mutter vom Tatvorwurf der fahrlässigen Tötung freigesprochen worden. Das Kind starb durch die Folgen eines Brandes. Als das Feuer zu Hause ausbrach, arbeitete die Mutter in einem Bordell.
Im Gerichtsprozess wegen fahrlässiger Tötung ist am Dienstag die Mutter des Mädchens freigesprochen worden, das bei einem Brand im Rebell ums Leben gekommen war. Sich widersprechende Gutachten zur Brandursache ließen letztlich auch Staatsanwalt Thomas Poggel und den Anwalt des Nebenklägers Otto Entrup „im Zweifel für die Angeklagte“ und damit auf Freispruch plädieren.
„Es ist ein unbefriedigendes Ergebnis“, sagte Richterin Christina Spenner, „denn trotz des Urteils wissen wir nicht, was am Brandtag passiert ist.“ Noch ist nicht klar, warum die 15 Monate alte Jasmin sterben musste.
Mädchen starb an Kohlenmonoxid-Vergiftung
Am Abend des 17. April 2010 wird der Löschzug der Feuerwehr Meschede zu einem Brand im Rebell gerufen. In der verqualmten Wohnung finden die Feuerwehr-Kameraden ein lebloses Mädchen. Es ist allein. Die Mutter arbeitet - wie sich später herausstellt - in einem Bordell in Berge. Das Kind stirbt einen Tag später an einer Kohlenmonoxid-Vergiftung.
Ein Jahr später liegt das Gutachten eines ersten Brandsachverständigen vor. Es nennt fahrlässige Brandstiftung als Ursache für einen Schwelbrand, ausgelöst gegen 21 Uhr. Damit rückt die Mutter, die zu dem Zeitpunkt noch zu Hause war, ins Visier der Ermittler. Die Staatsanwaltschaft erhebt darauf Anklage wegen fahrlässiger Tötung. Die junge Frau schweigt.
Zwar äußert sie sich später - nachdem ihr Ex-Mann plötzlich als Nebenkläger auftritt und so das Ende des Verfahrens durch einen Strafbefehl vereitelt - in Zeitungsartikeln und im Fernsehen zu ihrer Schuld. „Ich habe das Kind allein gelassen - aber ich bin keine Hure ohne Muttergefühle.“ Doch sie sagt nichts dazu, wie es zu dem Brand gekommen sein könnte.
Auch am Donnerstag schweigt die zierliche Frau, mit dem lässig gebundenen Pferdeschwanz, der dunklen Brille und dem pinken T-Shirt. „Das Ganze nimmt sie emotional zu sehr mit“, versucht ihr Anwalt Jochen Libertus eine Erklärung. Die heute 25-Jährige hat Meschede verlassen und lebt wieder in Grimma in Sachsen.
Ein zweites Gutachten
Ein zweites Gutachten im Jahr 2012 - das dem ersten widerspricht - schließt den Schwelbrand aus, und geht davon aus, dass der Brand vorsätzlich gelegt wurde. Das allerdings erst kurz bevor er entdeckt wurde: also gegen 23 Uhr. Da war die Angeklagte bereits in Berge.
Auch ihr Ex-Mann - Vater des Kindes und ihr Zuhälter - der ihr in einer Boulevard-Zeitung zeitweise die Schuld am Tod des Kindes zugewiesen hatte, beschuldigt nun einen weiteren Mann.
Dieser 53-jährige Mescheder hatte ein Verhältnis mit der Angeklagten, das sie kurz vor dem Brand beendet hatte. Er hatte einen Schlüssel, wohnt in Tatortnähe. „Es gab einige Umstände, die gegen den Beschuldigten sprechen“, fasst Richterin Spenner zusammen. „Doch die Ermittlungen ergaben nicht genug, um Anklage zu erheben.“ Sie wurden eingestellt.
Deshalb gab es am Donnerstag einen Freispruch. Aber niemanden, den man für den Tod der kleinen Jasmin zur Rechenschaft ziehen kann.