Schmallenberg. . Die Schreinerei Gierse in Oberrarbach bei Schmallenberg stellt luxuriöse HiFi-Regale her, verkleidet Rolltreppen in Moskau oder entwirft extravagante VIP-Räume. In mehr als 50 Ländern stehen die Möbel und Holzkonstruktionen, die Gerhard Gierse und sein Team gebaut haben. Von Südwestfalen und dem Sauerland aus gehen sie in die ganze Welt.
Und die Welt außerhalb von Oberrarbach ist groß. 64 Einwohner, eine Kneipe, eine Kapelle, umgeben von Hügeln, Wald und Wiesen. Von seinem Büro überblickt der 48-Jährige den Ortsteil von Schmallenberg fast komplett. Aber er wusste, als er 1997 den Betrieb von seinem Vater übernahm, dass er weiter denken musste, als sein Blick reicht. Er dachte viel weiter – nämlich global.
Noch im selben Jahr bahnte sich die Kooperation mit einem Briloner Unternehmen an, das damals noch seinen Sitz in Bestwig-Heringhausen hatte. Es vertreibt Designer-Hifi-Regale, die Gerhard Gierse in seiner Werkstatt baut. „Die Umsetzung war von Anfang an unsere Sache, das Design und die Konstruktion wurden uns vorgegeben“, erklärt er.
Mit den Regalen, die in Möbelhäusern stehen, haben die sogenannten Hi-Fi-Racks nicht viel gemeinsam. Musik-Liebhaber auf der ganzen Welt schwören darauf, dass sie ein perfektes Klangergebnis garantieren. Sie sind mittlerweile in 52 Ländern erhältlich.
Ein Vollaluminiumprofil trägt den Ahornholzrahmen, in den Sandwichböden eingelassen sind. Alleine diese Konstruktion, an der auch Giese und sein Team mit getüftelt haben, reduziert ungewollte Schwingungen auf ein Minimum. Zusätzlich sind noch Resonatoren verbaut, die die Fachhochschule Dortmund entwickelte. Auch Technik des Frauenhofer Instituts steckt in den Regalen. Diese Qualität hat ihren Preis. Zwischen 5000 und 8000 Euro bezahlen die Kunden. So verlassen nur rund zehn Stück pro Woche die Werkstatt. Dennoch ist die Serienproduktion ein lukratives Geschäft. Sie macht 30 Prozent des Jahresumsatzes von einer Million Euro aus.
Geräte für 150 000 Euro setzt Schreinermeister Gierse ein
Die Technik macht es möglich. Schon längst ist das Schreinerhandwerk auf moderne Fertigungsprozesse umgestiegen. „Deswegen sind auch die Betriebe, die von Spielzeug bis zum Schlafzimmer alles machen, seltener geworden“, sagt Markus Kluft, Pressesprecher der Handwerkskammer Südwestfalen. Die zwei bis drei Mann Firmen sterben aus. Wer konkurrenzfähig sein will, der hat im Schnitt zehn bis zwölf Mitarbeiter und spezialisiert sich wie Gierse auf bestimmte Bereiche. Bei ihm sind es Hi-Fi-Racks und Ladenbauten für Geschäfte und Großkunden.
Ohne Planungsdaten aus dem Computer geht es nicht
Der Kauf eines sogenannten CNC-Bearbeitungszentrums lohnt sich. Die Kosten für diesen Alleskönner betragen rund 150 000 Euro. Füttern die Schreiner das Gerät mit Planungsdaten aus dem Computer, dann erledigt es viele Arbeitsschritte automatisch. Ohne das Gerät würde die Serienproduktion der Regale so nicht funktionieren. Dass trotzdem noch drei Mitarbeiter durchgängig mit dem Regal-Bau beschäftigt sind, ist eine solide Basis für andere Aufträge.
Schreinermeister kümmert sich um Kundenwünsche
Der Schreinermeister Stefan Hesse kümmert sich unter anderem um die extravaganten Kundenwünsche. „Ich liebe es, Sachen zu machen, die mich kreativ fordern“, sagt der 47-Jährige. Seit 30 Jahren arbeitet er bereits in der Schreinerei Gierse. Und in dieser Zeit hat er schon die Rolltreppen eines Moskauer Kaufhauses mit edler Eiche verkleidet. Er fertigte auch das Interieur für das Kreuzfahrtschiff „Superstar Leo“, das die Meyer Werft in Papenburg baute.
VIP-Lounge für die Dortmunder Westfalenhalle
Zurzeit sind die Möbel für eine VIP-Lounge in der Dortmunder Westfalenhalle in der Mache, die ein großer Versicherungskonzern in Auftrag gegeben hat. „Solche ausgefallenen Sachen machen wir ständig“, sagt der Chef. Das liegt daran, dass die hohen Qualitätsstandards, die die Kunden fordern, nicht jeder erfüllen kann. Und auf diese Weise bleiben die Auftragsbücher immer gut gefüllt.