Bad Fredeburg. . Warum war es möglich, dass der umstrittene Arzt Dr. R. trotz der Verwicklung in Todesfälle eine Zulassung für Deutschland hatte und dadurch als Vertretungsarzt am Krankenhaus in Bad Fredeburg arbeiten konnte? Wer sich damit beschäftigt, stößt schnell auf auf haarsträubende Geschehnisse.

Seitdem der niederländische Medizinskandal auch das Sauerland erreicht hat, treten immer unglaubliche Details über das Wirken des niederländischen Artzes Dr. R ans Tageslicht. Auch aufgrund der Berichterstattung von der WAZ-Mediengruppe ist der umstrittene Mediziner ins Visier der Bezirksregierung Arnsberg gerückt.

2003: R. ist Chefarzt der Chirurgieam Kreiskrankenhaus im niedersächsischen Leer. An dem Operationstag stehen an einem Tag ein Leistenbruch und eine Fettabsaugung. R., so berichtet die Ostfriesen-Zeitung später, verwechselt die beiden Patienten, die denselben Nachnamen tragen. Der Frau, die an der Leiste hätte operiert werden sollen, wird Fett abgesaugt. „Ich hab die Verwechslung nicht bemerkt, weil ich mich auf meine Leute verlassen habe“, sagte R. der Zeitung.

„Schlimmer wäre es, wenn wir ein falsches Bein amputiert hätten“

Der Chefarzt gab sich in dem Gespräch froh, dass es sich bei der verkehrten Operation noch um eine „recht harmlose“ gehandelt habe. „Das liest man ja immer nur von anderen Kliniken und denkt und hofft, dass einem das selbst nicht passieren kann“, wird er zitiert. Und es folgt der Satz: „Schlimmer wäre es, wenn wir ein falsches Bein amputiert hätten.“

Schlimmer wird es 2005: Die Staatsanwaltschaft Aurich erhebt vor dem Amtsgericht Leer eine Anklage wegen fahrlässiger Tötung gegen den Chefarzt. Bei einer Operation am 29. Januar 2002 unter Leitung des niederländischen Mediziners war im Bauch eines 67-jährigen Mannes ein 35 mal 40 Zentimeter großes Bauchtuch vergessen worden. Der Patient starb elf Monate später qualvoll an den Folgen.

R., so der Bericht der Ostfriesen-Zeitung, erklärte: „Das ist alles sehr bedauerlich. Ich bin mir aber keiner Schuld bewusst.“ Er wies laut Artikel das Gericht darauf hin, dass die Kontrolle der Bauchtücher den Operationsschwestern unterliege. Die hätten gemeldet: „Tücher vollständig zurück.“ Dass eines von insgesamt 15 Tüchern fehlte, habe niemand gesagt. Die beiden Krankenschwestern gaben als Zeugen an, dass sie sich an Einzelheiten dieser Operation nicht erinnern.

12.600 Euro Geldstrafe wegen fahrlässiger Tötung

Nach Überzeugung des Gerichts hätte sich der Angeklagte ohnehin nicht allein auf das Nachzählen verlassen dürfen. Der medizinische Gutachter betonte in dem Prozess: „Bevor der Operateur beim Personal nachfragt, muss er selbst nachsehen, ob alle Tücher entfernt sind.“ Nicht zu rechtfertigen, so ein Sachverständiger aus Kassel in dem Verfahren, sei es, dass der Arzt – und weitere Kollegen – auch das Ergebnis einer späteren Computertomographie falsch gedeutet hätten. Auf den Bildern sei eindeutig im Bauch eine Höhle von rund zehn Zentimetern Größe mit Luft und Flüssigkeit zu erkennen gewesen.

Dr. R. wird damals wegen fahrlässiger Tötung zu einer Geldstrafe von 12.600 Euro verurteilt und wechselt später nach Emmen in die Niederlande, wo bei Magenoperationen unter seiner Regie mehrere Menschen sterben. Der 67-jährige Patient in Leer wäre laut Gutachter zu retten gewesen, wenn das Tuch innerhalb von fünf Monaten entfernt und die Infektion behandelt worden wäre. Der Lebensgefährtin des Verstorbenen, berichtet die Ostfriesen-Zeitung, liefen bei der Aussage die Tränen übers Gesicht.