Kückelheim. Ketten-Wulf will in Kückelheim 17,5 Millionen Euro in eine eigene Energieversorgung investieren. Es geht um mehr als nur ein Windrad.

Es ist ein millionenschweres Bekenntnis zum Sauerland und zum Standort in Kückelheim: Die Firma Ketten-Wulf hat für ihren Stammsitz in der Gemeinde Eslohe ehrgeizige Pläne angekündigt. Ziel des Unternehmens ist eine komplett autarke und regenerative Energieversorgung. Soll heißen: Künftig soll die gesamte Energie, die für den Betrieb benötigt wird, selbst und umweltfreundlich erzeugt werden.

In diesem Zusammenhang war der Antrag auf die Errichtung eines firmeneigenen Windrades in der Nähe des Stammsitzes in Kückelheim bereits Thema im Esloher Gemeinderat (wir berichteten). Die geplante Anlage ist allerdings nur ein kleiner - wenn auch entscheidender Teil - in einem Gesamtkonzept. Sie ist das Schlüsselelement auf dem Weg in die Zukunft des Unternehmens.

Versorgung auch bei Windflaute

Insgesamt will die Ketten-Wulf Betriebs GmbH 17,5 Millionen Euro investieren, um die gesamte erzeugte elektrische Energie aus der eigenen Windenergieanlage nutzen zu können. Auf dem Betriebsgelände selbst soll zusätzlich eine Elektrolysestation errichtet werden, um mit dem Überschuss der Windenergie Wasserstoff zu erzeugen. Das bereits vorhandene Holzgas-Blockheizkrafterk soll erhalten bleiben. Das derzeitige Erdgas-Blockheizkraftwerk wird im Zuge des Gesamtkonzeptes durch ein so genanntes „H2 Ready“-Blockheizkraftwerk ersetzt, das mit Wasserstoff betrieben wird. So ist sicherzustellen, dass die Strom- und Wärmeversorgung des Betriebs auch bei Windflaute vollständig aus grün erzeugter Energie gewährleistet ist.

Es ist ein Leuchtturmprojekt und die größte Einzelinvestition in unserer Firmengeschichte.
Ansgar Wulf - Geschäftsführer für Marketing und Vertrieb

„Es ist ein Leuchtturmprojekt“, sagt Ansgar Wulf, Geschäftsführer für Marketing und Vertrieb. Und nicht nur das. Es ist die größte Einzelinvestition in der 99-jährigen Geschichte des Familienunternehmens, das mit weltweit 1100 Mitarbeitern an zehn Standorten in Europa, Amerika und Asien ein führender Hersteller von Förderketten, Antriebsketten und Kettenrädern ist. Ein sogenannter Global Player.

Gespräche, die bald Geschichte sind

„Mit dem Projekt erfinden wird das Rad ja nicht neu“, sagt Ansgar Wulf bescheiden. Man habe lediglich die auf dem Markt zur Verfügung stehende Technik zu einem Gesamtkonzept zusammengefasst und Windenergie quasi konsequent weitergedacht. Erarbeitet hat die Firma Ketten-Wulf das wegweisende Projekt gemeinsam mit dem Balver Ingenieur-Büro Koch und Rau. „Mit dem Büro arbeiten wir bereits in der zweiten Generationen zusammen, es begann vor mehr als 20 Jahren mit dem Energieeinkauf“ blickt Ansgar Wulf zurück.

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Mit dem gemeinsam erarbeiteten Konzept werden derlei Gesprächsinhalte bald Geschichte sein. Wenn alles glattläuft, ist Ketten-Wulf in etwa drei Jahren unabhängig vom Energiemarkt. Dann werden die 20 Millionen Kilowattstunden Energie, die jährlich am Standort in Kückelheim benötigt werden, selbst produziert. Damit habe man nicht nur eine kalkulierbare, sondern auch eine preiswerte Kostensituation“, betont der technische Geschäftsführer Tobias Wulf. Gerade einmal 4 Cent werden dann für jede Kilowattstunde Strom fällig“, ergänzt Lukas Koch, Projektleiter im Balver Ingenieurbüro „Koch und Rau“.

Es geht auch um Nachhaltigkeit. Es ist also eine Win-Win-Situation.
Tobias Wulf - Technischer Geschäftsführer

Möglich werde dieser extrem günstige Preis, weil nicht nur das Windrad auf Grund und Boden stehen soll, der im Eigentum des Unternehmens liegt, sondern auch die erforderlichen Grundstücke für die Stromanschlussleitung. „Daher fallen keine Durchleitungsgebühren an“, erklärt Koch und spricht von optimalen Bedingungen. „Ohne die wäre ein solches Konzept kaum umsetzbar gewesen.“ Und mit 16 Cent für die Kilowattstunde Wasserstoff liege Ketten-Wulf künftig sogar weit unter dem aktuellen Marktpreis für Wasserstoff. „Dabei reden wir sogar von grünem Wasserstoff“, betont Koch. Hier variiere der aktuelle Marktpreis derzeit zwischen 50 Cent und einem Euro pro kWh.

Diskussionen über Energie aus Sonne und Wind

Ketten-Wulf geht es aber keineswegs nur um eine sichere Energieversorgung in Krisenzeiten und eine kalkulierbare und preiswerte Kostensituation. Es gehe auch um Nachhaltigkeit, sagen Ansgar und Tobias Wulf und sprechen unisono von einer Win-Win-Situation. Daher habe man in der Vergangenheit immer wieder über Energie aus Sonne und Wind diskutiert. Aber mit der Sonne sei das eben so eine Sache im Sauerland, wenn ein solch energieintensiver Betrieb weitgehend im Schatten eines Berges liege. „Und das erst recht, wenn auch noch im Dreischichtbetrieb produziert wird“, sagt Lukas Koch. Gleichwohl nutzt Ketten-Wulf bereits seit Jahren Photovoltaik an seinem zweiten Standort in Kückelheim.

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Mit einem Windrad allein wäre es am Stammsitz Zum Hohenstein auch nicht getan. Schließlich kann bei einer Windflaute der Betrieb nicht stillstehen. Und eine Speicherung der benötigten Energie sei in diesen Mengen kaum möglich, weiß Koch. Hier sei die technische Entwicklung noch nicht so weit. Denkbare Lösungen seien unerschwinglich. Wenn das Windrad still steht, kommen künftig das Holzgas-Blockheizkraftwerk oder das Wasserstoff-Blockheizkraftwerk zum Einsatz.

„Mit dem ganzheitlichen Konzept sind wir im Bereich der Energieversorgung am Standort in Eslohe-Kückelheim zukunftssicher und nachhaltig aufgestellt. Wir haben auf Dauer fest kalkulierbare und wirtschaftliche Energiekosten, eine gewisse Unabhängigkeit in der Energieversorgung und erfüllen zudem noch die Erwartungshaltung in Bezug auf Umwelt und Nachhaltigkeit durch die Öffentlichkeit und an uns selbst“, betont Prokurist Ulrich König.

11 Millionen Euro für ein Windrad samt Zuwegung

11 Millionen des insgesamt 17,5 Millionen schweren Projektes, werden dabei allein für das Windrad fällig - inklusive der erforderlichen Zuwegung. Weitere Kosten fallen unter anderem für die Ausstattung der Härterei mit hochmodernen Hybrid-Öfen an, damit die unterschiedlichen Energieträger – Strom oder Wasserstoff produziert durch Windenergie - fließend und ohne Probleme im Wechsel eingesetzt werden können.

Wir haben auf Dauer fest kalkulierbare und wirtschaftliche Energiekosten, eine gewisse Unabhängigkeit in der Energieversorgung und erfüllen zudem noch die Erwartungshaltung in Bezug auf Umwelt und Nachhaltigkeit durch die Öffentlichkeit und an uns selbst.
Ulrich König - Prokurist

Ausgerichtet ist das Vorhaben auch darauf, die internationale Wettbewerbsfähigkeit am heimischen Standort sicherzustellen. Die Verlagerung der Produktion aus Kostengründen ist für die Unternehmensführung keine Option. „Wir haben uns auf die Fahne geschrieben, dass das Herz des Unternehmens in Kückelheim bleiben wird“, hatte bereits im November 2022 die kaufmännische Geschäftsführerin Julia Wulf trotz aller Herausforderungen im Interview mit unserer Zeitung betont.

Umsetzung innerhalb der nächsten drei Jahre

Mit der Umsetzung der Maßnahmen plant Ketten-Wulf über die nächsten 20 Jahre hinweg CO2-neutral zu produzieren und gleichzeitig wettbewerbsfähige Preise am Standort Eslohe zu halten. Der Antrag für die Errichtung des Windrades soll noch in diesem Jahr gestellt werden und auch das erforderliche Artenschutzgutachten ist schon in Arbeit. Das Ergebnis wird im Herbst erwartet. Wie schnell und wann es dann weitergeht, hänge maßgeblich von der Genehmigungsreife des Windrades ab, sagt Ansgar Wulf. Wünschenswertes Ziel ist aus Sicht des Unternehmens eine Umsetzung des Gesamtkonzeptes innerhalb der nächsten drei Jahre.

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