Heinrichsthal. Gibt es in dem 360-Seelen-Dorf Heinrichsthal bei Meschede mehr Polizeieinsätze und Unfälle als anderswo? Eine Zahl lässt aufhorchen.
Heinrichsthal gehört mit nur vier Straßen zu den kleineren Ortsteilen der Stadt Meschede. Die Straße mit den meisten Einwohnern ist die Heinrichsthaler Straße, die Meschede und Wehrstapel/Bestwig verbindet. An der „alten B7“ befinden sich mehrere Einfamilien- und Mehrfamilienhäuser, Betriebe wie ein Steinmetz oder das Unternehmen HST. Das Verkehrsaufkommen ist relativ hoch.
Doch obwohl dort nur knapp 360 Menschen leben, taucht der Ort häufig in Verbindung mit polizeilichen Ermittlungen, Hausdurchsuchungen und diversen Delikten auf. Täuscht dieser Eindruck oder ist das tatsächlich so?
Die Pressestelle der Kreispolizeibehörde kann lediglich Einsätze abrufen, die zwölf Monate zurückliegen. In dieser Zeit gab es 50 Polizeieinsätze in Heinrichsthal, davon allein 45 in der Heinrichsthaler Straße. Das bedeutet, dass die Beamten quasi wöchentlich im Ort sind.
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Leichensache und Körperverletzung
Die Einsatzanlässe waren unter anderem Sachbeschädigung, Streit, mehrere Verkehrsunfälle, Gefahrenstellen, Gefährderansprache, Durchsuchung, Ruhestörung, Verkehrsdelikt, Körperverletzung, häusliche Gewalt, Verdächtige Feststellung, Festnahme, Falschgeld und Bedrohung. Auch eine so genannte „Leichensache“ wird aufgeführt. Dabei handelt es sich laut Pressestelle um ein übliches Verfahren. Die Polizei wird stets hinzugerufen, wenn ein Toter gefunden wird und die Todesursache zunächst unklar ist.
In der Schulstraße gab es zudem Einsätze wegen eines Unfalls, eines Verkehrsdelikts und einer Unterschlagung. Ein Polizeibesuch war erfreulich: Die Beamten besuchten die Kindergartenkinder der Arche.
Radfahrer angefahren und Falschgeld
Öffentlich wurden davon nur wenige Delikte. Ein paar Beispiele: Anfang April 2024 versuchen Jugendliche, mit Falschgeld Döner zu bezahlen, in diesem Zusammenhang geht es um eine Wohnanschrift an der Heinrichsthaler Straße. Mitte März wird ein Radfahrer von einem Auto angefahren, das aus einer Hauseinfahrt auf die Heinrichsthaler Straße abbiegen will. Wenige Tage davor gibt es eine Hausdurchsuchung mit mehreren Streifenwagen - ebenfalls an der Heinrichsthaler Straße. Den Tatverdacht nannte die Polizei hierbei nicht.
Mehr Verkehr, mehr Unfälle
Das Geschehen ordnet die Pressestelle folgendermaßen ein: „Grundsätzlich kann man feststellen, dass die L743 trotz der parallel laufenden Autobahn immer noch eine Hauptverkehrsader in Richtung Ostkreis darstellt. Ein höheres Verkehrsaufkommen bedeutet immer auch mehr polizeiliche Einsätze“, erklärt Polizeisprecher Michael Schemme. Hinzukäme, dass ein festgestellter Fall durchaus auch mehrere erfasste Einsätze nach sich ziehen könne. Also zum Beispiel erfolgt erst eine Anzeige, dann Zeugenbefragungen und weitere Durchsuchungen. Ein Fall könne also durchaus für mehrere Erfassungen sorgen.
„Besonders deutlich wird das beispielsweise in Fällen von häuslicher Gewalt. Wenn die Polizei ein sogenanntes zehntägiges Rückkehrverbot gegen den Störer ausspricht, kontrollieren wir mehrfach, ob das auch eingehalten wird“, erklärt Schemme.
Das klingt also nicht nach einem kriminellen Brennpunkt. Jedoch sind in den vergangenen Jahre durchaus spektakuläre Einsätze dabei gewesen. Eine Auswahl:
Observation als Techniker
Im Ort ist bekannt, dass mehrere Polizeibeamte Mitte 2023 auch Tatverdächtige observierten. Der Einsatz lief verdeckt. Die Beamten waren sogar als Techniker verkleidet im Einsatz. Warum? Dazu äußerte sich die Polizei auf Anfrage zurückhaltend: „Über Maßnahmen und Arbeitsweisen des MEK, SEK und möglicherweise laufende Observationen berichten wir nicht.“
Verfolgung eines Lastwagens mit sechs Streifenwagen
Des Weiteren sind in den vergangenen Jahren Einsätze bekannt geworden, die in einem möglichen Reichsbürger-Kontext standen, und schließlich vor Gericht landeten. 2022 sorgte eine spektakuläre Verfolgungsjagd mit sechs Streifenwagen für Aufsehen. Die Polizei verfolgte einen flüchtigen Lastwagen.
Angeblicher Überfall auf Joggerin
Im September 2022 gab eine Joggerin an, auf dem Waldweg am Strülleken, der parallel zur Heinrichsthaler Straße verläuft, überfallen worden zu sein. Eine Warnung kursierte via WhatsApp. Schließlich gab es Zweifel an den Schilderungen. Die Polizei hatte trotz intensiver Ermittlungen keinerlei Spuren für das Geschehen entdecken oder sichern können.
Geflohener Häftling und Mörder
In Erinnerung sind vielen Bewohnern auch noch zwei spektakuläre Zugriffe der Polizei. 2001 griffen die Beamten einen damals 47-jährigen Häftling auf, der Ende Mai aus dem Gefängnis in Hamm geflüchtet war. Im April 2000 wurde an der Imbissbude ein Mann festgenommen, der wenige Stunden zuvor seine Ex-Freundin im Mescheder Krankenhaus getötet hatte. Er musste sich vor Gericht wegen Mordes verantworten.