Schmallenberg. Unterrichtsreform über Grenzen: Angela Lingens unterstützt Schüler und Lehrer in Ruanda. Was die ehemalige Schmallenbergerin antreibt.
„Bildung schafft Chancen“ - nach diesem Grundsatz setzt sich Angela Lingens bereits seit 2018 für die Bildung von Kindern in Ruanda ein. Die ehemalige Schmallenbergerin lebt heute in Köln und besuchte bereits vier Mal „das Land der tausend Hügel“, um an der Padre-Vjeko-Schule zu unterrichten und den Lehrern vor Ort neue Lernmethoden zu vermitteln. Im Interview erzählt die 51-Jährige, was sie dabei antreibt und was das Land für sie so besonders macht. Außerdem erklärt sie, worin die Unterschiede zwischen dem Unterricht in Ruanda und in Deutschland liegen.
„Bildung schafft Chancen!“
Was motiviert Sie, den Kindern in Ruanda zu helfen?
Meine Grundhaltung lautet: Bildung schafft Chancen! In Ruanda erlebe ich so motivierte Schülerinnen und Schüler und vor allem sehr engagierte Lehrerinnen und Lehrer, die unter besonderen Bedingungen den Kindern eine gute Ausbildung mit auf den Weg geben möchten. Durch die langjährige Begleitung kann ich erleben, welche Entwicklungsschritte die Kinder machen und wie viel Spaß sie daran haben, etwas Neues zu lernen - das ist einfach toll!
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Wie kam es dazu, dass Sie angefangen haben, sich in Ruanda zu engagieren?
Ich unterstütze bereits seit vielen Jahren die Arbeit des Schmallenberger Aktionskreises „Menschen in Not“. Dadurch bin ich auf die Padre-Vjeko-Schule in Ruanda aufmerksam geworden - eine Schule der Franziskaner, deren Schwerpunkt darin liegt, dass junge Menschen einen Beruf erlernen und später eine neue Chance im Leben erhalten. Der Aktionskreis unterstützt die Einrichtung bereits seit mehr als 30 Jahren mit Spendengeldern. Dadurch konnten unter anderem Teile des Schulgebäudes und Häuser gebaut werden. 2018 habe ich den Schulleiter bei einem Treffen mit dem Aktionskreis kennengelernt und wurde direkt eingeladen, die Schule und Lehrkräfte vor Ort zu unterstützen. Seitdem habe ich bereits vier Herbstferien dort verbracht.
Vielseitige Aufgaben: Lehrern helfen, den Schülern zu helfen
Und welche Aufgaben übernehmen Sie dann vor Ort?
Zum einen kümmere ich mich um die Ausstattung von Unterrichtsmaterialien und Schulbüchern. Durch die Spenden aus Schmallenberg und auch meine privaten Spendenaufrufe. Zum anderen unterrichte ich natürlich und biete für die Lehrer Fortbildungen, Workshops und Teamteaching an. So können wir auch neue Lernmethoden einführen. Mit unserer Arbeit investieren wir also nicht nur in die Zukunft der Kinder, sondern können in der Schule dafür sorgen, dass jeder wenigstens eine richtige Mahlzeit am Tag bekommt.
Was ist Ihnen bei Ihrer Arbeit in Ruanda besonders wichtig?
Es soll keiner denken: „Da kommt eine aus Deutschland, die zeigt uns jetzt wie es richtig geht.“ Mir ist wichtig, dass die Lehrer freiwillig an meinen Workshops teilnehmen und sich nicht gezwungen fühlen, mitzumachen. Anders als in Deutschland gibt es in Ruanda kein Referendariat. Die meisten Lehrer starten daher nach ihrer Ausbildung mit nur 20 Jahren in den Beruf. Mein Ziel ist es daher, angepasst an die Lebensrealität und Umstände, neue Lerninhalte zu vermitteln, die die Lehrer in Ruanda bei ihrer Arbeit unterstützen können.
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Erzählen Sie uns doch ein bisschen was über das Land und die Menschen, die dort leben.
Ruanda ist ein sehr kleines Land in Ostafrika, was für seine bescheidene Größe wirklich stark bevölkert ist. Lustigerweise erinnert mich die Landschaft hier immer ein wenig an das Sauerland. Ruanda wird nicht ohne Grund das „Land der tausend Hügel“ genannt. Neben den vielen Bananenplantagen gibt es hier auch gut entwickelte Regionen wie zum Beispiel die Hauptstadt Kigali. Das Land hat aber natürlich auch seine Schattenseiten: Es gibt viel Armut und jede Familie ist in irgendeiner Weise vom Genozid betroffen. Diese Traumata wirken sich bis heute auf die junge Generation aus. Trotzdem haben die jungen Leute in Ruanda ein großes Bedürfnis, ihr eigenes Leben voranzubringen und neue Visionen für das Land zu entwickeln.
Was unterscheidet den Unterricht in Ruanda von dem in Deutschland?
Der größte Unterschied liegt in der Klassengröße und im fehlenden Material. Von 40 bis 50 Kindern in einer Klasse besitzt kaum eines ein eigenes Buch, höchstens einen eigenen Bleistift. Und auch die äußeren Bedingungen unterscheiden sich massiv von denen in Deutschland: Kaum ein Kind hat fließendes Wasser und Strom zu Hause, viele haben einen Schulweg von einer Stunde zu Fuß. Trotzdem ist die Lernbereitschaft und Freude an dem Material, das wir mitbringen, riesig.
Ist schon eine nächste Reise nach Ruanda geplant?
Auf jeden Fall! Der Flug für kommenden Herbst ist schon gebucht. Dieses Mal spannend: Die Franziskaner starten das Schulprojekt jetzt auch in Sambia. Auch dort wurde ich im Rahmen der Schulentwicklung angefragt, mitzuarbeiten. Diesen Herbst werde ich mich also zwischen Ruanda und Sambia aufteilen.