Schmallenberg. Dr. Dietmar Seidel will seine Praxis schließen - einen Nachfolger gibt es bisher nicht. Von wem er bei der Suche Unterstützung bekommt.

Im Laufe des Jahres wird der einzige Kinderarzt im Stadtgebiet Schmallenberg in den Ruhestand gehen. Seit 1991 liegt die medizinische Versorgung von Neugeborenen, Babys, Kindern und Jugendlichen in der Verwantwortung von Dietmar Seidel, niedergelassener Facharzt für Kinder- und Jugendheilkunde. Aus Alters- und Gesundheitsgründen wird der bald 70-Jährige seine Praxis in Bad Fredeburg schließen. Einen Nachfolger gibt es bislang nicht. Als der Bad Fredebuger seinen Ruhestand Ende Januar bekannt gegeben hatte, ging ein Aufruhr durch die Elternschaft.

Wo gehe ich demnächst mit meinen kranken Kindern hin? Wechsle ich am besten sofort die Praxis? Nehmen andere Kinderärzte überhaupt noch neue Patienten auf? Diese Fragen stellen sich viele Eltern im Stadtgebiet Schmallenberg, die aktuell noch die Praxis von Dietmar Seidel besuchen. Die nächsten Kinderarzt-Praxen befinden sich in Freienohl, Bestwig, Meschede, Olsberg und Bad Berleburg - und sind ausgelastet.

Lesen Sie auch:

Unterstützt bei seiner Arbeit wurde Dr. Seidel zuletzt von zwei jungen angestellten Ärztinnen. Eine befindet sich derzeit jedoch im Mutterschutz, und die andere hätte die Praxis übernehmen können, hat sich dann aber für eine andere Praxis in der Nähe des Wohnortes entschieden. Dietmar Seidel hatte auch Kontakt mit der Stadt Schmallenberg aufgenommen und ein Gespräch mit Bürgermeister Burkhard König geführt. Seidel hatte zuletzt geäußert, dass die Stadt Schmallenberg noch stärker in die Offensive gehen müsste.

Dass das Thema wichtig für die Stadtentwicklung ist, sei der Verwaltung bewusst, wie Nicole Mette jetzt gegenüber unserer Redaktion erklärte. Junge Familien für Schmallenberg zu begeistern, wenn es keinen Kinderarzt mehr vor Ort gebe, sei dann vermutlich deutlich schwieriger. Aber auch die Versorgung der bereits hier lebenden Bevölkerung zu sichern, sei von großer Bedeutung.

Ein kleines Mädchen bekommt von einem Kinderarzt in Gelsenkirchen ein Pflaster. Für Schmallenberg wird ein neuer Kinderarzt oder eine neue Kidnerärztin gesucht.
Ein kleines Mädchen bekommt von einem Kinderarzt in Gelsenkirchen ein Pflaster. Für Schmallenberg wird ein neuer Kinderarzt oder eine neue Kidnerärztin gesucht. © FUNKE Foto Services | Lukas Schulze

Nach Gesprächen mit der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) konnte die Stadtverwaltung einen kleinen Erfolg erzielen. „Schmallenberg ist in ein Förderprogramm der KV aufgenommen worden, um möglichst schnell einen neuen Kinderarzt oder eine Kinderärztin zu finden“, erklärt Nicole Mette. Für die Übernahme eines Versorgungsauftrages in einem Fördergebiet könne dann zum Beispiel ein zinsloses Darlehen gewährt werden. Darlehensempfänger können Ärzte sein, die eine Praxis übernehmen, gründen oder durch Anstellung von Ärzten erweitern. Um die Startphase einer Praxisgründung oder Praxiserweiterung in einem Fördergebiet finanziell zu unterstützen, kann auch eine Umsatzgarantie erteilt werden. Die Umsatzgarantie wird für vier Quartale erteilt und beginnt ab dem ersten vollen Quartal der vertragsärztlichen Tätigkeit. Für den Aufbau und Betrieb von Zweigpraxen in einem Fördergebiet kann laut KV außerdem ein Kostenzuschuss von 25.000 Euro gewährt werden.

Anzeige in der Pädiatrie-Börse

„Über den Bundesverband der Kinder- und Jugendärzte haben wir in der Pädiatrie-Börse zudem eine Anzeige geschaltet“, erklärt Nicole Mette einen weiteren Schritt, den die Stadtverwaltung zur Unterstützung unternommen hat.

Bereits seit dem 1. Mai 2023 gibt es zudem ein eigenes Förderprogramm der Stadt Schmallenberg, die „Richtlinie zur Förderung der ärztlichen Versorgung im Stadtgebiet“. Auch darüber möchte die Verwaltung Anreize schaffen. Falls sich eine Ärztin oder ein Arzt im Stadtgebiet niederlassen will, oder eine bestehende Praxis übernimmt, können Förderungen für bestimmte Ausgaben gewährt werden, zum Beispiel für den Erwerb eines Arztsitzes, für die Ausstattung einer Praxis oder Verluste für die ersten zwei Quartale, in denen niedergelassene Ärzte noch keine Einnahmen haben. Darüber hinaus sei es möglich, ein zinsgünstiges Darlehen zu einem Zinssatz von einem Prozent, oder einen Zuschuss zu einem Bankdarlehen (drei Prozent) zu erhalten. Die Mediziner dürfen maximal 55 Jahre alt sein, um in den Genuss der Förderung zu kommen. Im Gegenzug verpflichten sich die Mediziner, die hausärztliche Versorgung für fünf bis zehn Jahre zu übernehmen. Allein der Kauf einer Immobilie sei nicht förderfähig, da damit bleibende vermögenswerte geschaffen würden.

Mit kostenfreien Kita-Plätzen, bezahlbarem Wohnraum, einer attraktiven Innenstadt und sehr aktiven Dörfern, einem regen Vereinsleben und der Natur direkt vor der Haustür sei Schmallenberg eine lebenswerte Stadt, die jetzt eine neue Kinderärztin oder einen neuen Kinderarzt sucht.