Bad Fredeburg. Dietmar Seidel arbeitet seit mehr als 30 Jahren als Kinderarzt in Bad Fredeburg. Wann und warum er seine Praxis schließen will.
Seit 1991 ist Dietmar Seidel niedergelassener Facharzt im Stadtgebiet Schmallenberg für Kinder- und Jugendheilkunde. Zusammen mit dem Allgemeinmediziner Arnold Geueke betreibt er eine Gemeinschaftspraxis in Bad Fredeburg. Doch damit wird im Laufe des Jahres Schluss sein. Aus Alters- und Gesundheitsgründen wird der bald 70-jährige Dietmar Seidel seine Praxis schließen. Doch was passiert, wenn es in Schmallenberg keinen Kinderarzt mehr gibt?
Fredeburg statt Freiburg
Nach dem Medizin- und Facharztstudium in Bonn, Düsseldorf und Münster wollte sich der gebürtige Siegerländer aus Niederschelden eigentlich in Freiburg niederlassen. „Schon im Studium wollte ich nach Freiburg, das hat aber nie geklappt“, erzählt Seidel. Während seiner Studienzeit lernte er den aus Wormbach stammenden Arnold Geueke kennen. „Wir haben uns dann entschlossen, gemeinsam eine Praxis zu eröffnen, und so bin ich in Schmallenberg gelandet“, sagt Dietmar Seidel. „Auch zwei Orthopäden wollten sich der Praxis anschließen, die sind jedoch abgesprungen“. In dem Neubau des Hauses „In der Schmiedinghausen 1“ richteten Arnold Geueke und Dietmar Seidel ihre Gemeinschaftspraxis ein.
Die Eltern werden anspruchsvoller
Wie viele Kinder und Jugendliche er in den mehr als 30 Jahren in seiner Praxis untersucht und betreut hat, kann Dietmar Seidel nicht genau sagen, es mögen jedoch Zehntausende gewesen sein. „Inzwischen ist es so, dass heute Eltern mit ihrem Nachwuchs in die Sprechstunde kommen, die selbst als Kinder mit ihren Eltern zu mir gekommen sind“, weiß der Kinderarzt zu berichten. Womit er dann gleich beim Thema „Eltern“ ist. Aus seiner Sicht haben Eltern heute viel höhere Ansprüche an die medizinische Versorgung, ohne dass die eigene Kompetenz mitwächst. „Das macht die Sache für den Arzt schwieriger. Die Eltern haben sich im Internet informiert und sind verunsichert und wollen nichts falsch machen. Da muss man manchmal mehr die Eltern als das Kind beruhigen.“ Und aus seiner Sicht fehlt es in manchen Fällen an einem kompetenten Erziehungsstil sowie klaren Strukturen im Tagesablauf.
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Was Dietmar Seidel zudem kritisiert, ist die zunehmende Bürokratie im Gesundheitssystem. Plakate in der Praxis weisen darauf hin, dass im Schnitt 60 Arbeitstage im Jahr, das sind 30 bis 40 Prozent der Arbeitszeit, für Bürokratie verwendet werden müssten - Zeit, die für die Behandlung der Patienten fehle. „Wenn der letzte Patient die Praxis verlassen hat, bin ich noch einige Zeit mit Arbeiten am Computer beschäftigt“, so der Kinderarzt. Unterstützt bei seiner Arbeit wurde er zeitweise von zwei jungen angestellten Ärztinnen. Eine befindet sich aktuell im Mutterschutz, und die andere hätte die Praxis übernehmen können, hat sich dann aber anders entschieden.
Wie geht es weiter?
Doch wie soll es weitergehen, wenn die Kinderarztpraxis von Dietmar Seidel im Laufe des Jahres schließt? Ist Schmallenberg dann noch für den Zuzug junger Familien attraktiv, wenn sich der nächste Kinderarzt in Meschede bzw. in Bad Berleburg oder in noch größerer Entfernung befindet? Um diese Frage zu beantworten, haben Dietmar Seidel und Arnold Geueke Kontakt mit der Stadt Schmallenberg aufgenommen und ein Gespräch mit Bürgermeister Burkhard König geführt. So gibt es zwar seit dem 1. Mai 2023 eine „Richtlinie zur Förderung der ärztlichen Versorgung im Stadtgebiet Schmallenberg“, die auf der Homepage zu finden ist, aber wie Dietmar Seidel meint „etwas versteckt und nicht so leicht auffindbar“ ist.
Laut dieser Richtlinien gewährt das Land NRW Zuwendungen zur Sicherstellung der hausärztlichen Versorgung. Ergänzend zu diesen Möglichkeiten kann die Stadt Schmallenberg weitere Fördermaßnahmen bewilligen. Falls sich eine Ärztin oder ein Arzt im Stadtgebiet niederlassen will, oder eine bestehende Praxis übernimmt, können Förderungen für bestimmte Ausgaben gewährt werden, zum Beispiel für den Erwerb eines Arztsitzes, für die Ausstattung einer Praxis oder Verluste für die ersten zwei Quartale. Darüber hinaus sei es möglich, ein zinsgünstiges Darlehen zu einem Zinssatz von 1 Prozent, oder einen Zuschuss zu einem Bankdarlehen (3 Prozent) zu erhalten.
Unterstützung angeboten
„Das ist sicher der richtige Weg, doch andere Städte und Gemeinden haben das gleiche Problem. Meiner Ansicht nach müsste die Stadt Schmallenberg hier stärker in die Offensive gehen“, sagt Dietmar Seidel. So hat er auch weiterhin die Hoffnung, eine Nachfolgerin oder einen Nachfolger für seine Praxis zu finden. „Gesundheit ist ein wertvolles Gut. In erste Linie geht es mir darum, dass die ärztliche Versorgung der Kinder weiterhin sichergestellt ist. Dazu würde ich den Nachfolger bei allen Dingen, wie Diagnose, Codierung des Krankheitsbildes und Abrechnung in der Anfangsphase unterstützen.“