Meschede. An Meschedes größter Innenstadtbaustelle klagen Anwohner und Geschäftsleute über Lärm, Dreck und Sperrungen. Es gibt neue Absprachen.
„Die wird doch nie fertig! Was passiert da eigentlich, außer Lärm und Dreck? Die Fußgängerführung ist total gefährlich! Die Handwerker-Fahrzeuge stehen ständig im Weg. Der immer wieder zeitweise gesperrte Mühenweg behindert Anwohner und Wirtschaftsbetriebe!“ - Günter Saul kennt sie alle - die Vorurteile und Vorwürfe gegenüber der Baustelle Gercken. Kunststück - die größte Innenstadt-Baustelle Meschedes auf extrem engem Raum dauert jetzt schon fast zwei Jahre. Und trotzdem sind Saul und sein Chef und Bauherr Reiner Müller von M&K-Plan aus Bielefeld überzeugt, dass das, was sie tun, richtig ist.
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Die schärfsten Kritiker
Hugo Wrede und Hermann Hegener gehören zu den schärften Kritikern. Sie haben die Baustelle aber auch direkt vor der Nase. Wrede ist mittlerweile aus seiner Wohnung im Mühlenweg ausgezogen. Hegener ruft regelmäßig Polizei und Ordnungsamt, weil Kunden und Lieferanten sein Geschäft nicht erreichen können. „Abgemacht ist, dass bei jeder längerfristigen Sperrung ein Schild aufgestellt wird, das erläutert, wie man den Mühlenweg erreicht. Gleichzeitig soll das Einbahnstraßenschild abgehängt werden“, wettert der Fahrradhändler. „Aber das passiert nicht.“
Stadt bestätigt Sperrung
Auch die Stadt bestätigt, dass nur eine halbseitige Sperrung des Mühlenwegs dauerhaft genehmigt sei. „Lediglich für kurzzeitige Sperrungen aufgrund von Anlieferungen, darf der Mühlenweg gesperrt werden“, schreibt Pressesprecherin Angelika Beuter-Sielemann. Kontrollen würden durchgeführt, wenn es zu entsprechenden Beschwerden komme.
Absperrung beschildern
Saul wirbt um Verständnis: „Wir wollen keinen Ärger, die Handwerker sind informiert.“ Er überlegt nun, die Absperrung, die für die jeweilige Sperrung genutzt wird, einfach von der Rückseite mit der deutlichen Beschilderung und Umfahrung zu kennzeichnen. Einmal zur Seite geschoben, gibt es dann direkt die richtigen Hinweise. Ansonsten, betont er, sei alles, was hier vor Ort passiere, eng mit der Stadt und der Berufsgenossenschaft abgesprochen. „Wir haben alle Genehmigungen!“ Zuletzt parkten Baustellenfahrzeuge auf den städtischen Plätzen vor den Geschäften. „Auch das war genehmigt“, betont Saul. Die M&K-Plan habe dafür eine Pauschale direkt an die Stadt gezahlt. Das bestätigt auch die Pressesprecherin der Stadt.
Gefahr für Fußgänger
Franz Hermann von Optik Sauer ärgert sich über den Dreck und die Fußgängerführung. „An den verkaufsoffenen Sonntagen nehme ich daher schon nicht mehr teil. Bis hierher kommt kein Kunde.“ Dazu kritisiert er, dass der Weg für die Fußgänger absolut gefährlich ist. „Dass da noch niemand tot gefahren wurde...!“ Gerade Senioren mit Rollatoren nutzten den abgesenkten Bürgersteig vor Kotthoff‘s Theo und schlängelten sich dann am Bauzaun entlang Richtung Innenstadt. „Das ist wirklich lebensgefährlich“, findet Herrmann.
Ein Problem, das Saul auch bekannt ist, das aber trotz entsprechende Beschilderung immer wieder passiere. „Wir haben in Abstimmung mit der Stadt jetzt geregelt, dass der Fußweg am Winziger Platz auf der Henneseite gesperrt wird und Fußgänger, ungefähr ab der Commerzbank, die Seite wechseln.“ Im Umkehrschluss müssten Fußgänger dann von Kotthoff‘s Theo Richtung Walburga-Apotheke die Straße kreuzen und vor Sauer den Bürgersteig nutzen. Schilder sollen das unterstreichen.
Platzprobleme
Denn das Platzproblem wird nicht einfacher, klagt Saul. Stellflächen für Handwerkerwagen zu finden, sei das eine, aber auch Materialien zu lagern, sei fast unmöglich. Seit neuestem nutzt die M&K-Plan daher auch den gesperrten Weg entlang der offenen Henne - quasi als Außenlager. Mit der Stadt sei außerdem vereinbart, dass die Baustelle sich noch weiter auf die Ecke zwischen Winziger Platz und Zeughausstraße ausbreiten darf. Dafür werden die großen Steinquader leicht verschoben. 70 Zentimeter Abstand zur Straße müssen bleiben, damit Busse und Lkw die Kurve schaffen.
Ein Koksofen als Überraschungen
Ansonsten bietet die Baustelle immer wieder Überraschungen: Zuletzt zogen die Bauarbeiter einen 1,7 Tonnen schweren Koksofen aus dem Boden. „Wir fürchteten schon, dass wir da auf eine Bombe gestoßen seien.“ Für Verblüffung sorgte auch ein Düker - eine unterirdische Wasserführung aus Beton, zur Unterquerung einer Straße. Allerdings war das Bauwerk bereits stillgelegt, erfuhr Saul nach Rücksprache mit dem Ruhrverband. „Egal, wo wir die Baggerschaufel hier ins Erdreich schieben, erwartet uns Unerwartetes“, weiß Saul.
Maßnahmen gegen Diebstähle
Daneben ärgern ihn die ständigen Diebstähle. Während es in der Baustelle kaum noch dazu kommt, weil dort ein Überwachungsgerät jeden Unbefugten sofort an eine Sicherheitsfirma meldet, scheint sich halb Meschede einen Spaß daraus zu machen, die Baustellenlampen zu stehlen, die zur Absicherung außen angebracht werden müssen. „Das ist lästig und teuer“, schimpft der Bauleiter.
Aber das sei alles zu schaffen. Was ihn ärgert, ist die ständige Meckerei. „Mir scheint das alles sehr subjektiv“, ergänzt Investor Reiner Müller. „Das sind wenige Menschen, die Stimmung gegen uns machen. Aber: Wir sind genauso ein Teil der Stadtgesellschaft wie andere!“ Man habe versucht, kooperativ zu sei. „Das ist nicht auf Gegenliebe gestoßen.“ Er ist überzeugt: „Insgesamt ist unsere Arbeit hier im Sinne aller.“ Denn das Gebäude werde nach seiner Fertigstellung auf jeden Fall deutlich attraktiver aussehen als vorher.