Meschede. Isabel de Jesus ist 1982 nach Meschede gekommen. Die Portugiesin lebt gern hier. Kann sie sich vorstellen, im Alter hier zu bleiben?

„Ich könnte in Portugal oder Meschede alt werden“ - Isabel de Jesus

Portugal (amtlich República Portuguesa) ist ein südeuropäischer Staat, der im Jahr 1143 gegründet wurde. Man vermutet, dass Portugal bereits vor 500.000 Jahren besiedelt war. Seine Blütezeit, das Zeitalter der Entdeckungen, umfasst das 14. bis 16. Jahrhundert. Portugal stieg zum ersten globalen Weltreich auf. Ein kleines Königreich war das größte Imperium der damaligen Welt. Das portugiesische Kolonialreich war das erste und das am längsten bestehende Kolonialreich, das erst 1975 aufgelöst wurde.

 Die Fotografie ist eine große Liebe von Isabel de Jesus: Hier hat sie einen Schmetterling festgehalten.
 Die Fotografie ist eine große Liebe von Isabel de Jesus: Hier hat sie einen Schmetterling festgehalten. © WP | Privat

Portugal war für lange Zeit ein Auswanderungsland. 2021 lebten über 20 Prozent der Portugiesen im Ausland. Zuwanderung ergab sich allerdings schon während der Unabhängigkeitskriege aus den kolonisierten Regionen und in neuerer Zeit haben nicht nur Senioren Portugal als preiswertes, gastfreundliches und bestens ausgestattetest Zielland entdeckt.

In Meschede leben heute ca 600 Portugiesen. Eine von ihnen ist Isabel de Jesus, die uns gern an ihren Erfahrungen in Meschede teilhaben lässt.

Wie und warum sind Sie nach Deutschland gekommen?

Mein Ehemann, der ebenfalls ein Portugiese ist und in Meschede wohnte, hat mich 1982 nach unserer Hochzeit hierhin mitgenommen. Damals konnte ich kein Wort Deutsch sprechen oder verstehen. Ich habe es mir selbst beigebracht, indem ich alle Wörter aufgeschrieben habe, so wie ich sie verstanden habe. Mühsam war dann die Bestätigung durch das Wörterbuch, weil mein Schreiben nach Gehör eben nicht unbedingt der orthographisch korrekten Schreibweise entsprach. Auch die Stadtbücherei war mir eine große Hilfe. Viele Stunden habe ich auch vor dem Fernseher verbracht, um diese schwierige Sprache zu erlernen. Bei der Aussprache haben mir vor allem die Umlaute Ä, Ö und Ü große Probleme bereitet. Richtig gelernt habe ich die deutsche Sprache gemeinsam mit meinen beiden Söhnen, indem ich die Hausaufgaben fleißig mitstudiert habe. Stolz bin ich, dass ich schon gleich zu Anfang meinen Führerschein bestanden habe. Ich habe einfach das ganze Prüfungsbuch auswendig gelernt. Als mein älterer Sohn drei Jahre alt wurde, habe ich bei der Firma Honsel in Meschede Arbeit gefunden, die ich jetzt seit 36 Jahren ausübe. Ich arbeite in der Qualitäts-Produkt-Endkontrolle, eine oft auch körperlich anstrengende Herausforderung, die überwiegend von Männern ausgeführt wird. So ein zu kontrollierendes Teil kann gut 20 Kilogramm wiegen, die man nicht einfach so mal anheben kann. Die Produktkontrolle gefällt mir als Arbeit, weshalb ich auch mehrere Fortbildungen in diesem Bereich absolviert habe.

Lesen Sie auch:

Welche kulturellen Gegebenheiten fallen Ihnen besonders auf?

Eigentlich gibt es keine gravierenden Unterschiede zwischen Meschede und meinem Heimatort Vagos. Beides sind Kleinstädte, die eben ihre besonderen Eigenarten aufweisen: Man kennt sich untereinander, das Gemeinschaftsgefühl hat einen hohen Stellenwert. Damals in den 80er-Jahren war es weder in Portugal noch in Deutschland üblich, dass Männer und Frauen sich die Hausarbeit oder die Erziehung der gemeinsamen Kinder teilten. Bei uns lief das so, dass mein Mann und ich in sich ergänzender Schichtarbeit, (also, wenn der eine Nachtschicht hat, übernimmt der andere die Tagschicht), uns die Erziehung unserer Söhne und die Hausarbeit teilten. Das war kein ideologisch bedachter Schritt, sondern entsprach einfach den Bedürfnissen. Anders hätten wir es nicht geschafft.

 Dieser Kakadu gehört in Meschede zur Familie.
 Dieser Kakadu gehört in Meschede zur Familie. © WP | Privat

Wie sieht Ihr Alltag in Meschede aus?

Ich arbeite Vollzeit, unsere Söhne sind inzwischen beide beruflich etabliert, der ältere ist studierter Informatiker, der sich gerade in München selbstständig gemacht hat, der jüngere ist Physiotherapeut in Meschede. Ebenfalls zur Familie gehören unsere beiden Kakadus, Nero und Luna, die täglich verköstigt und vor allem beschäftigt werden wollen. Neben der Hobbygärtnerei und dem Wandern gilt meine große Liebe der Fotografie, die ich ausgiebig betreibe. Fotografieren heißt für mich, Erinnerungen speichern, die man jederzeit wieder abrufen kann.

Was bedeutet Ihnen Meschede?

Ich lebe hier gern. Meschede ist inzwischen meine Heimat, obwohl wir nach wie vor regelmäßig nach Portugal reisen. Wer weiß, was die Zukunft bringt. In Portugal sind wir inzwischen eher „Fremde“, zumindest eben nicht Ortsansässige. Mein Lebensmotto: „Mach aus allem das Beste“ bedeutet, dass ich in beiden Ländern alt werden könnte, derzeit sieht es eher nach Meschede aus.