Meschede. Reaktionen auf Ölkrise, Polizist schießt sich bei Meschede in den Arm, 300 Entlassungen in Schmallenberg - die Woche vor 50 Jahren.
Über diese Themen berichtete diese Zeitung vor 50 Jahren im Lokalteil in Meschede, Bestwig, Eslohe und Schmallenberg.
Sonntagsfahrverbot zur Ölkrise
In Deutschland gilt wegen der Ölkrise das Sonntagsfahrverbot. Der Fußball- und Leichtathletikverband Meschede verschiebt deshalb alle Spiele von sonntags auf samstags. In Gleidorf nutzen 100 Jugendliche und Kinder die Gelegenheit zu einer Demonstration für benzinfreie Luft – sie ziehen mit Fahrrädern, Bollerwagen, Puppenwagen und auf Rollschuhen durch die Straßen. Die Spitze des Demonstrationszuges hat ein Pferd, das ein Auto zieht.
Die Polizei stoppt im Regierungsbezirk 109 Autos, deren Fahrer trotz Verbotes losfahren – ihre Autos werden stillgelegt. In Neheim-Hüsten rammt eine Pferdekutsche ein geparktes Auto: Der Kutscher flüchtet. In Meschede stellt die Verwaltung das warme Wasser in den Duschen der Turnhallen ab. In Ramsbeck wird das Hallenbad geschlossen. In Schmallenberg wird die Weihnachtsbeleuchtung nur auf Sparflamme brennen, täglich von 17.30 bis 20.30 Uhr. In Meschede kündigt der Verkehrsverein an, die neue Lichterwerbung ab 20 Uhr auszuschalten.
Werk in Schmallenberg entlässt 300 Beschäftigte
Die Goldfalter-Werke Veltins-Wiethoff in Schmallenberg kündigen an, zum Sommer 1974 ihre Produktion einzustellen. 300 Beschäftigte sollen, nach einem Stufenplan, entlassen werden – 75 davon noch bis zum Jahresende. Das Unternehmen besteht seit 125 Jahren. Hintergrund für die Entscheidung: Der Import von gestrickten Strumpfwaren aus Osteuropa und Ostasien ist derart angestiegen, dass die Schmallenberger Produkte mit diesen Preisen nicht mehr konkurrieren können, so Firmenchef Paul Wiethoff. Andere Textilunternehmer in Schmallenberg erklären sich bereit, einen Teil der Belegschaft einstellen zu wollen.
Weitere Rückblicke:
- Ärzte fordern Blaulicht, Rechtsextreme in Meschede festgenommen, Entlassungen bei Honsel, Feuer zerstört Restaurant im Fort Fun - vor 30 Jahren.
- Ärger um neue Stromleitung, Schmallenberger stirbt bei Unfall, Holztransporter überfährt Kind, Giftwolke nach Brand - vor 45 Jahren.
- Ganze Familie rettet in Eslohe Leben, Formel-1-Weltmeister Graham Hill und der Sauerlandring, Tor in Meschede abgesägt - vor 55 Jahren.
- Meschede als atomwaffenfreie Zone, Anhalterin vergewaltigt, Fallschirmjäger erobern Flugplatz Schüren, Niedrigwasser am Hennesee - vor 40 Jahren.
- Jäger schießt Hirsch in Schonzeit, Schmallenberg verklagt Fredeburg, Reiste hat Ärger mit Meschede, Vater und Sohn sterben - vor 50 Jahren.
- Protest in Meschede gegen Tiefflüge, Grafschafter bei Steuben-Parade in New York, Pioniere der Bundeswehr sprengen für die Natur - vor 35 Jahren.
Gericht rehabilitiert Ortsvorsteher
Vom Schöffengericht in Meschede wird der Ortsvorsteher von Huxel voll rehabilitiert. Ihm war vorgeworfen worden, nach einem Scheunenbrand in Huxel bei einem Frühschoppengespräch angeblich 100 Liter dem versprochen zu haben, der weitere Scheunen abbrenne und damit einen Beitrag zum Wettbewerb „Unser Dorf soll schöner werden“ zu leisten. Jugendliche hatten eine Scheune angezündet, ihre Behauptung gegen den Ortsvorsteher halten sie aber vor Gericht nicht mehr aufrecht.
Verfolgungsjagd mit Polizei
Bei einer Polizeikontrolle verlieren zwei Jugendliche im Alter von 14 und 15 Jahren, die aus einem Heim geflüchtet, die Kontrolle über ihren gestohlenen Bulli und stürzen eine Böschung hinunter. Zuvor haben sie versucht, einen Polizeiwagen bei Überholversuchen abzudrängen. In Freienohl überholen sie waghalsig und gefährden entgegenkommende Autofahrer. Die beiden Jugendlichen besitzen auch eine Schusswaffe. Ein Polizist rutscht beim Versuch aus, die beiden festzunehmen: Aus seiner gezogenen Dienstwaffe löst sich dabei ein Schuss und trifft ihn selbst im Unterarm. Die beiden Jugendlichen sind auch verantwortlich für fünf Einbrüche in Meschede.
Schlagersängerin aus Grevenstein
Gaby Grelka aus Grevenstein wird als nächster Star der Schlagerszene gesehen: Die 16-Jährige singt „Bye-bye bis morgen“ und bekommt ihren ersten Schallplattenvertrag. Die Aufnahmen laufen im Telstar-Studio in Weert in den Niederlanden. Auf 1500 Schallplatten soll sie Radiosendern und Diskotheken vorgestellt werden.
Urteil in Prozess um Zuhälterei
Kuppelei und Zuhälterei wird sieben jungen Männern aus Meschede vorgeworfen. Sie hatten sechs Mädchen im Alter von 16 und 17 Jahren auf den Strich geschickt. Im Mittelpunkt des Milieus steht dabei das City-Café in Meschede. Unter den Verurteilten ist ein Discjockey (26), der acht Monate Haft auf Bewährung erhält und 1000 Mark Geldstrafe zahlen muss. Eines der Mädchen gibt an, zwischen 2000 und 3000 Mark verdient zu haben.
Neuer Skilift öffnet in Nuttlar
Der einzige Skilift nördlich der Ruhr im Kreis Meschede nimmt seinen Betrieb auf. Der Lift in Nuttlar „In der Wahr“ schafft Skisportler über 120 Meter Länge von 460 Metern hinauf auf rund 600 Metern Höhenlage. Der Nordhang sorgt dabei für ziemliche Schneesicherheit. Es ist der vierte Lift im Amt Bestwig.
Protest gegen Hochspannungsleitung
Mit 46 Unterschriften protestiert die ganze Dorfgemeinschaft von Valme gegen die Absicht der VEW, eine Hochspannungsleitung mitten durch den Ort zu führen. Bei einem Ortstermin wird als Kompromiss gefunden, Leitungsmasten weg aus dem Tal und näher zum Berghang zu verlegen. Dagegen erhebt die Oberste Naturschutzbehörde Einwände: Das störe das Landschaftsbild.
Militär zerstört Brücken, Gemeinde muss zahlen
In Reiste muss die Gemeinde einen Nachtragshaushalt aufstellen: 110.000 Mark sind darin für die Erneuerung von Brücken vorgesehen – sie sind bei Manövern des belgischen Militärs zerstört worden. Als Entschädigung gibt es nur 60.000 Mark vom Amt für Verteidigungslasten. Die Gemeinde muss ein Darlehen aufnehmen.
Keine Reiter im Wald?
Der heimische CDU-Bundestagsabgeordnete Ferdi Tillmann setzt sich dafür ein, dass auch Reiter Waldwege nutzen dürfen. Das neue Bundeswaldgesetz sieht zwar vor, dass künftig jeder den Wald zu Erholungszwecken auf eigene Gefahr betreten darf – im Entwurf steht aber ein Verbot für das Reiten im Wald. Heimische Reiter protestieren energisch.
Neues Hotel fürs Fort Fun
In nur einem halben Jahr entsteht das Hotel Schloss Gevelinghausen mit 51 Betten. Für Karl Freiherr von Wendt ist das der Schlusspunkt für sein Ferien- und Freizeitzentrum Fort Fun: Neben Hüttenurlaub, Camping und Planwagenfahrten gebe es jetzt mit dem Hotel ein Angebot für anspruchsvolle Urlauber.