Meschede. Der Bürgermeister ist genervt, Verbraucher zum Teil verunsichert: An den Haustüren in Meschede wird ein Kampf um Glasfaser-Verträge ausgetragen.
Christoph Weber, der Bürgermeister von Meschede, sagt selbst: „Ich bin total genervt.“ Und mit ihm sind das derzeit auch viele Mescheder Bürger – denn das Thema Glasfaser wird zur unendlichen Geschichte. Weber sagt: „Ein eigentlich positiv besetztes Thema wird komplett zum Aufreger des Sommers.“
Ausbau ist positiv
Positiv sei, dass es ja nun mit den Angeboten von Deutsche Glasfaser und GlasfaserPlus zu einem Ausbau kommen werde. Genauso positiv seien die öffentlichen Vorstellungsrunden im Vorfeld dazu verlaufen. Negativ werde das Ganze jetzt allerdings durch die begleitenden Haustürgeschäfte, so Weber.
Die neueste Seite des Kapitels: Jetzt ziehen in Mescheder Werber von Haustür zu Haustür, die vorgeben, als Vertriebspartner im Auftrag der Deutschen Telekom unterwegs zu sein. Sie wiederum machen ihren Mitbewerber Deutsche Glasfaser madig – angeblich würden deutschlandweit viele seiner versprochenen Projekte nicht umgesetzt. Die Werber bieten jetzt an, die Stornierung der in Meschede getroffenen Verträge für die Kunden durchzuführen – und sie stattdessen für die Telekom zu begeistern. Die Werber behaupten, „gute Stornierungsquoten“ vorweisen zu können.
Beschwerden aus dem Norden
Beim Bürgermeister wird der Ärger und die Verunsicherung abgeladen. Vor allem aus dem Mescheder Norden seien Beschwerden von Bürgern bei ihm eingegangen, sagt er. „Das Geschäftsgebaren jetzt ist schon grenzwertig“, sagt Weber. Unwissend, dass er der Bürgermeister ist, wollte auch ihn eine Werberin in Freienohl zum Wechsel zur Telekom animieren – er hat privat bei der Deutschen Glasfaser unterschrieben: „Ihr kommt Monate zu spät“, entgegnete er der Werberin, und ließ sich auf nichts ein.
Weber attestiert weiterhin der Deutschen Glasfaser und GlasfaserPlus, „verlässliche Partner“ zu sein und geht von einer Umsetzung ihrer Projekte aus. Das System kranke daran, dass die gesamte Branche Haustürgeschäfte für sich als Vertriebskanäle nütze: „Haustürgeschäfte sind grundsätzlich grenzwertig“, sagt er und rät zur Vorsicht. Natürlich müsse jeder Bürger an der Haustür im Hinterkopf haben, dass die Werber für Vertragsabschlüsse bezahlt würden.
Zwei an einem Tag
In einem Haushalt im Norden von Meschede klingelten sogar zwei Vertreter innerhalb von zwei Tagen mit demselben Anliegen: „Und der letzte war sehr erstaunt, dass gestern schon wer da war“, berichtet eine genervte Anwohnerin. Sie hörte jeweils die bekannte Geschichte: „Wenn ich jetzt umschwenken würde, bliebe der Hausanschluss kostenfrei, würde ich mich erst entscheiden, sofern die Deutsche Glasfaser sich offiziell zurückziehen würde, sei der Anschluss nicht mehr kostenlos.“ Ihre Reaktion: „Ich hab gesagt, ich will so etwas schriftlich, vorher unterschreibe ich nichts.“ Schriftlich bekam sie nichts.
Bei der Deutschen Glasfaser ist bekannt, dass Mitbewerber versuchen, die Kunden abzuwerben. „Das kennen wir aus vielen Orten“, sagt Pressesprecher Dennis Slobodian. Weiter bewerten möchte er es nicht.
Telekom verteidigt Direktvertrieb
Ohne den Direktvertrieb seien die Ziele der Bundesregierung beim Glasfaserausbau nicht zu erreichen, so die Telekom. Auf Anfrage teilt sie mit: „Der Direktvertrieb ist ein wichtiger Kanal, der Kundinnen und Kunden eine umfassende Beratung und einen Service bei sich zu Hause bietet und daher sehr geschätzt wird. Vor allem beim Glasfaserausbau spielt die Beratung vor Ort eine große Rolle. Das gilt für alle Anbieter in Deutschland. Schließlich geschieht da Wichtiges vor der eigenen Haustür“, so Sprecher Maik Exner: „Ein Glasfaseranschluss kommt nicht von allein ins Haus.“ Verbrauche oder Mieter hätten berechtigte Fragen dazu.
Die Telekom mache das „in Zusammenarbeit mit erfahrenen Partnern und nach ganz klaren Regeln“: Alle Vertriebspartner hätten sich im „Code of Contact“ vertraglich verpflichtet. Darin ist festgelegt, wie die Kundenkontakte im Auftrag der Telekom ablaufen sollen. Dazu gehören z. B. Telekom-Kleidung, ein Ausweis mit Lichtbild in Sichthöhe sowie ein Autorisierungsschreiben der Telekom. Darüber hinaus haben die Direktvermarkter eine Rückrufnummer dabei, über die man per Telefon den Mitarbeitenden identifizieren lassen kann. Diese Nummer lautet bundesweit 0800 8266347.
Qualitäts-Call nach der Haustür
Nach dem Beratungsgespräch erhalte der Kunde einen nachgelagerten Qualitäts-Call. In dem Gespräch werde dem Kunden nochmals erläutert, welches Produkt beauftragt wurde und welche Kosten hierfür entstehen. Im Zweifel könne der Auftrag dabei auch direkt storniert werden. Erst wenn der Kunde in diesem Gespräch alle Punkte bestätigt, wird der Auftrag an die Telekom übermittelt. Im Anschluss gelte das 14-tägige Widerrufsrecht auch für Haustürgeschäfte.
„Beschwerden nehmen wir sehr ernst“, so Exner: In solchen Fällen werde sofort mit dem verantwortlichen Mitarbeitenden Kontakt aufgenommen und „konsequent nachgesteuert“, wenn sich ein Fehlverhalten feststellen lasse. Die Maßnahmen reichten von Nachschulungen bis hin zu personalrechtlichen Konsequenzen.