Freienohl. Dem Leuchtenhersteller Wofi in Freienohl bei Meschede droht das Ende - das hat Folgen, sogar bis zum Schwimmbad im Ort. Jetzt ist Räumungsverkauf.

Beim Leuchtenhersteller Wofi in Freienohl gehen langsam die Lichter aus. Der Laden an der Hauptstraße ist bereits seit dem Ortsjubiläum im August geschlossen. Von Donnerstag, 27. Oktober, bis zum Samstag, 29. Oktober, ist jetzt auch „ein letztes Mal“ Werksverkauf, wie das Unternehmen wirbt – Motto, „Alles muss raus“. Und der startet mit einem Riesenandrang.

Die letzten Öffnungszeiten

Der Werksverkauf hat in der Vergangenheit auch viele auswärtige Kunden nach Freienohl gelockt. Zum Auftakt des Werksverkaufes bildete sich eine lange Warteschlange vor den Räumen im Gewerbegebiet Im Langel. Bis zu zweieinhalb Stunden mussten Kunden warten, bis sie eingelassen wurden - so groß war der Andrang und die Aussicht auf Schnäppchen. Der Werksverkauf ist am Donnerstag, 27. Oktober, bis 19 Uhr geöffnet, am Freitag, 28. Oktober, von 12 bis 19 Uhr und am Samstag, 29. Oktober, zum letzten Mal von 9 bis 16 Uhr.

Mutterkonzern in Taiwan streicht geplante Kapitalerhöhung

Wofi ist seit 2013 eine 100-prozentige Tochtergesellschaft des börsennotierten LED-Herstellers Everlight aus Taiwan: Deren Europazentrale verweist auf die Zuständigkeit für Wofi direkt in Taiwan. Anfragen dort sind unbeantwortet. Wie berichtet, soll Wofi wegen anhaltender finanzieller Probleme in Freienohl aufgegeben werden – ob sich eine Insolvenz dahinter verbirgt, ist offen. Informationen gibt es nur indirekt.

Zuletzt berichtete auch die „Business Times“ in der taiwanesischen Hauptstadt Taipeh über die Pläne von Everlight: Wofi werde „liquidiert“ – obwohl der Verwaltungsrat noch im Sommer beschlossen hatte, das Kapital der Deutschen eigentlich um 22 Millionen Euro erhöhen zu wollen, um Bankdarlehen zurückzuzahlen und um Zinskosten zu senken.

>>> Lesen Sie hier: „Mob“ am Hennesee: Wer für Zerstörungen verantwortlich ist <<<

Russland bisher Großabnehmer des Konzerns

Diese Kapitalerhöhung werde ausgesetzt, heißt es jetzt. Hintergrund ist nach Angaben aus Taiwan demnach auch der Ukraine-Krieg – unter anderem fallen dadurch Elektroniklieferungen nach Russland weg: Russland ist für die LED-Industrie ein Großabnehmer für Pflanzenbeleuchtung gewesen, eines der Geschäftsfelder von Everlight. Die Muttergesellschaft Everlight hat Fabriken in China und Taiwan.

Bekannt ist auch eine Auseinandersetzung in der Branche: Nichia aus Japan, einer der weltweit führenden LED-Hersteller, klagt seit 2018 gegen Wofi wegen Patent-Verletzung auf Schadensersatz. Das Landgericht Düsseldorf hat diese Ansprüche bestätigt. Nichia macht 4,5 Millionen Euro gegenüber Wofi geltend.

Kein direkter Draht mehr seit Jahren

In Freienohl sind die Konsequenzen der Wofi-Aufgabe völlig offen. Das Problem: Es gibt überhaupt keine Kontakte, seit Jahren keinen direkten Draht mehr zu dem Unternehmen. Ab 2019 gab es einen Geschäftsführer mit Sitz in Fort Lauderdale in Florida/USA, danach folgten zwei Taiwanesen, der aktuelle You-He Chang hat seinen Sitz in Taipeh City. „Man hört nichts“, sagt Meschedes Bürgermeister Christoph Weber, selbst Freienohler.

Anette Risse (CDU), Vorsitzende des Bezirksausschusses Freienohl, und Jürgen Lipke (SPD), stellvertretender Vorsitzender, bestätigen das. Alle sorgen sich um die Arbeitsplätze, die noch vor Jahren bei 150 lagen, in der Zwischenzeit aber schon radikal abgebaut sein sollen: Nach Informationen dieser Zeitung ist jetzt den Beschäftigten gekündigt worden. Die Gewerkschaften sind kaum vertreten bei Wofi.

>>> Lesen Sie hier: Was Prominenten an Bestwig und dem Sauerland auffällt <<<

Anette Risse hat auch die Sorge, was aus den Immobilien wird – vor allem dem speziellen Hochregallager im Gewerbegebiet mit 4000 Quadratmeter Fläche und neun Ebenen. 2019 wurden hier in dem Logistikzentrum rund eine Million Leuchten umgeschlagen. Jürgen Lipke teilt diese Bedenken um möglichen Leerstand: „Das sind so spezielle Immobilien: Das wird eine Hausnummer, die an den Markt zu bringen.“

„Absolute Funkstille“

Und es hängt ja so viel an einem großen Unternehmen – in Freienohl geht das bis hin zum Schwimmbad, das sogar „Wofi-Bad“ heißt. Seit 2007 ist Wofi der Sponsor und der Namensgeber. Dr. Andreas Götzen, Vorsitzender des Trägervereins, spricht ebenfalls von „absoluter Funkstille“ seitens des Unternehmens: Er rechnet damit, dass die Zuwendungen jetzt wegfallen werden – „ich gehe von einem jähen Ende aus“. Damit würde dem Verein künftig ein vierstelliger Betrag im Haushalt fehlen.

>>> HINTERGRUND <<<

Wofi Leuchten wurde 1959/60 in Sundern von den Familien Wortmann und Filz gegründet. Seit 1964, mit der Verlegung in größere Gebäude, befindet sich der Stammsitz in Freienohl.

Beim Deutschen Patent- und Markenamt in München stand Wofi noch 2021 mit 359 eingetragenen Designs bundesweit an der neunten Stelle der Unternehmen (hinter Spitzenreiter Betty Barclay mit 960 oder auch der Daimler AG mit 479, aber noch vor zum Beispiel Volkswagen mit 198).

Everlight Electronics ist 1983 gegründet worden.