Bestwig. Vier Gästebücher hat Kultur Pur in Bestwig schon - so viele Prominente waren hier: Was Dieter Nuhr, Dirk Bach oder Gerburg Jahnke hinterlassen.
Hoffentlich werden es noch viele, viele weitere Bücher, die der Verein Kultur Pur füllen wird. Vier Bände umfasst inzwischen das „Gesamtwerk“ der Kulturisten aus Bestwig: Es sind die Gästebücher, in denen sich die Künstler und Künstlerinnen verewigen, die hier aufgetreten sind.
Dirk Bach brachte 30 Kuscheltiere mit
Den ersten Band aus der Anfangszeit von 1989 hat Kultur Pur jetzt restaurieren lassen. Es ist auch ein Blick in die jüngere deutsche Kulturgeschichte. Das Gästebuch wird immer in die Garderobe gelegt. Jeder Künstler, jede Künstlerin ist frei, einen Gedanken und ein Bild von sich zu hinterlassen. Und wer hier schon alles war! „Man muss schon staunen, wer alles hier war“, sagt Kultur-Pur-Urgestein Uli Droste beim Blättern durch das restaurierte Buch.
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Der leider 2012 viel zu früh verstorbene Kölner Schauspieler und Kabarettist Dirk Bach etwa trat im März 1991 mit seinem einzigen Soloprogramm „Edgar“ in der Ostwiger Schützenhalle auf – danach startete seine Fernsehkarriere. Nach Ostwig kam er mit 30 Kuscheltieren, die mit in seine Umkleide mussten. Nachher schrieb er ins Gästebuch: „Ich muss gestehen, dass ich irgendwann nicht mehr wusste, wo ich hier eigentlich bin, aber es war ganz schön schön!“
„Meschede, die Minderstadt. War in Bestwig wirklich platt“
Wie sehr sich auch die Menschen verändert haben – Dieter Nuhr etwa trat bei Kultur Pur auch lange vor seiner Fernsehkarriere auf.
Er lobte 1993: „Dass der Sauerländer so rheinländisch sein kann!“ Im Foto ist er kaum wiederzuerkennen. Wendelin Haverkamp gefiel das Publikum: „Es muss doch möglich sein mal zu lachen, ohne das Denken dabei einzustellen. Also – hier in Bestwig geht es jedenfalls!“ Bernhard Hoecker hinterließ 2009 diesen Reim: „Meschede, die Minderstadt. War in Bestwig wirklich platt.“ Gerburg Jahnke baute in der Schützenhalle Heringhausen 1991 in einen Sketch ihrer Missfits den Satz ein, „Ich sitze noch an meiner Examensarbeit. Kennst Du einen anderen Namen für Kitzler?“ Man war noch prüder seinerzeit, die Chronisten von Kultur Pur vermelden, es sei dabei sehr still in der Halle geworden… Und sie erwähnte die Episode dann auch in ihrem Gästebuch-Eintrag.
Begonnen hatte Kultur Pur damals noch als Gastgeber heimischer Bands, mit Folk und Dixie-Musik. Und was da für Geschichten dahintersteckten.
Günstiger Geheimtipp
Kultur Pur gelang Anfang 1990 gleich die Verpflichtung des österreichischen Sängers Georg Danzer – nur kamen viel zu wenige Zuschauer. Fast wäre dies das Ende des jungen Vereins gewesen. Ende 1990 aber trat das Duo Till und Obel auf – und sie waren beim Vertragsabschluss ein finanziell günstiger Geheimtipp gewesen. „Wir haben die supergünstig eingekauft“, erinnert sich Droste. 400 Gäste wurden erhofft, 1200 Besucher kamen tatsächlich. Sie bescherten Kultur Pur ein hervorragendes finanzielles Polster, von dem man zehren konnte. Till und Obel sollen übrigens „not amused“ gewesen sein, was ihnen da an Einnahmen entgangen ist…
Und wer hier nicht schon alles war. Götz Alsmann, klar. Oder der australische Gitarren-Gott Tommy Emmanuel. Der tritt inzwischen international in den ganz großen Konzertsälen weltweit auf. Ihn entdeckten Michael Gockel und der heutige Vorsitzende Jan Frigger 1999 bei einem Wohnzimmer-Konzert in Lippstadt, wo dessen Agent wohnt. Damals stand der Künstler in Europa noch am Anfang seiner Karriere. Beide Bestwiger verpflichteten ihn. Daraus wurde eine besondere Beziehung. Inzwischen gilt: Wenn möglich, baut er weiter Gastspiele in Bestwig ein.
Schnittchen, mit Liebe gemacht
Und wer war nicht hier? Pur etwa, die bekannte Pop-Band. Pur sollte zwar 1990 zu Kultur Pur kommen. Die Verträge waren gemacht für den Auftritt in Bestwig. Aber zuletzt machte die Agentur einen Rückzieher: Eine Klausel erlaubte die Absage, denn es war ein anderes Konzert vorher in Marsberg geplant. Und zwei Konzerte im Sauerland in kurzer Zeit hätten vielleicht nicht vermarktet werden können.
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In den heutigen Kabarett-Schwerpunkt des Vereins hätte natürlich Dieter Hildebrandt gehört. Die Anreisekosten waren immer hoch für ihn, erinnert sich Uli Bock vom Vorstandsteam: Gleichzeitig war Hildebrandt immer im Fernsehen präsent – da war es schwierig, Termine zu finden. Letztlich bekam Kultur Pur eine Option für einen Auftritt von Dieter Hildebrandt – zu spät. 2013 starb der begnadete Kabarettist.
Was die Künstler für Kultur Pur mit einnimmt, das erwähnen sie auch im Gästebuch: Das Catering – sprich, die mit Liebe gemachten Schnittchen. Piet Klocke etwa lobt die „super Betreuung“. Da macht es eben einen Unterschied aus, ob Veranstaltungen von einem Kulturamt oder von Kulturverrückten organisiert werden – in Bestwig werden eben keine Schnittchen unter Zellophan verpackt dem Künstler in die Garderobe gestellt. Hier sind sie kurz vorher garantiert handgeschmiert. „Man schmeckt den Unterschied bei uns“, sagt Uli Bock.