Meschede. Corona spielte eine Rolle. Jugendliche verabredeten sich am Hennesee bei Meschede „asozial zu sein“: Es kam zu massiven Zerstörungen.

Er und seine Clique hatten sich bewusst dazu verabredet, „asozial“ zu sein, wie sie es selbst untereinander ankündigten. Jetzt kommt einen 21 Jahre alten Mescheder ein Film dazu auf seinem Smartphone teuer zu stehen. Denn dadurch kann ihm nachgewiesen werden, dass er zu den jungen Männern gehörte, die die Uferbeleuchtung am Hennesee zerstört haben. Für Oberstaatsanwalt Thomas Poggel war das ein „Mob“, der da unterwegs war.

Hohe Geldstrafe

Am Tag danach: Vandalismus am Hennesee.
Am Tag danach: Vandalismus am Hennesee. © Archiv

5600 Euro als Geldstrafe muss er bezahlen – der Angeklagte schluckte sichtlich über das Urteil des Jugendgerichtes Meschede. Er muss außerdem die Kosten für den Prozess bezahlen. Das war die strafrechtliche Seite. Dazu kommt: Die Stadt Meschede könnte jetzt auch zivilrechtlich gegen ihn vorgehen. Immerhin entstand ihr ein Schaden von 12.901,62 Euro, als in der Halloween-Nacht 2020 die 20 formschönen Leuchten am Randweg der Talsperre vollkommen sinnlos zerschlagen wurden. Der 21-Jährige ist der einzige, dem man bislang eine Beteiligung nachweisen kann.

Man vergisst so schnell: Doch jenes Halloween war ein besonderes – wegen Corona. Denn danach, ab November 2020, wurde dann die Coronaschutzverordnung verschärft: Von da an war das Tragen einer Schutzmaske verpflichtend, unter anderem die Gastronomie musste schließen, Freizeitveranstaltungen wurden verboten, der Sportbetrieb wurde eingestellt, nicht mehr als zehn Menschen aus zwei Haushalten durften sich treffen.

Halloween-Party feiern

Deshalb beschlossen der 21-Jährige und seine „Kollegen“, wie er sie vor Gericht nannte, sich noch einmal zu treffen – bevor das danach erst einmal unmöglich würde. Man trank sich in einer Kneipe warm, ging dann nachts hinauf zur Badebucht, um eine Halloween-Party zu feiern. Bei dem 21-Jährigen wurde später das Smartphone sichergestellt. Die Polizei entdeckte darauf nicht nur ein Video, sondern wertete auch Chat-Verläufe aus: „Lassen wir es noch mal krachen, bevor wir eingesperrt werden.“ Und: „Bruder, das wird ein Aufstand gegen die Corona-Konformen.“ Oder: „Jungs, lasst uns ein Zeichen setzen und noch mehr kaputt machen“.In die Gruppe erging der Aufruf, in die Badebucht zu kommen und „lasst uns asozial sein“ – wobei ein besonders Einfühlsamer dazu riet, den Begriff „asozial“ besser nicht weiter zu verbreiten: „Sonst kommen die Weiber nicht.“

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In die Gruppe ergingen auch die „praktischen“ Hinweise, „warm anziehen, besoffen sein“, „bei Stress mit der Polizei ist jeder selbst verantwortlich“ und dass man auf dem Randweg „wegrennen“ könne, wenn diese käme – das würde also „eigentlich chillig“. Nachher hieß es: „Wir haben einfach Sankt Martin gespielt: Wir haben alle Laternen kaputt gemacht.“ Und: „Jungs, keine Namen nennen. Alles, was heute passiert ist, bleibt unter uns.“ Auch der Zeitungsbericht über die erfolgten Zerstörungen wurde gepostet.

Beihilfe auch strafbar

Im Video – das auch den 21-Jährigen selbst grinsend zeigt – sind Szenen zu sehen, wie die Lampen zerstört werden. Ein Täter trägt dabei eine auffallende Jacke: Wer das aber genau ist, mochte der 21-Jährige nicht verraten. Möglicherweise hatte der 21-Jährige darauf spekuliert, nicht wegen der angeklagten Sachbeschädigung verurteilt werden zu können - weil er ja nicht selbst bei Zerstörungen zu sehen ist. Nicht gerechnet hatte er aber offensichtlich damit, dass Oberstaatsanwalt Thomas Poggel ihm erklärte, dass auch die Beihilfe zur Sachbeschädigung strafbar sei.

Hier am Amtsgericht Meschede wurde der Fall vor dem Jugendgericht verhandelt.
Hier am Amtsgericht Meschede wurde der Fall vor dem Jugendgericht verhandelt. © Jürgen Kortmann

Und da kommt eben entscheidend der Film ins Spiel: Durch das Filmen, so Poggel, habe der 21-Jährige „eine fremde Tat gefördert“ – soll heißen, durch das Filmen stachele man andere nur noch weiter an, bestätige sie in ihrer Zerstörungswut. Verteidiger Otto Entrup zweifelte an, dass sein Mandant die Tat gefördert habe: „Offensichtlich ist es Sitte in bestimmten Altersgruppen, alles zu filmen.“

Solider Lebenslauf

Warum er die Zerstörungen teilnahmslos gefilmt hatte, konnte der 21-Jährige der Jugendrichterin Mareike Vogt nicht erklären: „Pfffft, kann alles sein…“ Betrunken mache man eben Sachen, „die kann man später nicht begründen“. Der Mann ist nicht vorbestraft, er hat einen einwandfreien, soliden Lebenslauf mit abgeschlossener Schule, Ausbildung, er verdient sein Geld im erlernten Beruf, strebt darin seinen Meister an, lebt in einem geborgenen familiären Umfeld. Seinerzeit, meint er heute, „war ich im Kopf noch jung“ – er habe sich inzwischen anders entwickelt.

Auch Richterin Vogt sprach in ihrem Urteil von einer „psychischen Beihilfe“ bei den Zerstörungen: Die unbekannten Haupttäter seien „in ihrer Ausführung bestärkt worden“. Und auch wenn die Corona-Beschränkungen besonders belastend für junge Leute gewesen seien: Eine Rechtfertigung für Straftaten seien sie natürlich nicht.

In Klinik eingedrungen

Der 21-Jährige wurde wegen Beihilfe zur Sachbeschädigung verurteilt, außerdem für zwei Fälle des Hausfriedensbruchs. Denn er war im Oktober 2020 mit anderen auch auf das Gelände der damals leerstehenden, inzwischen abgerissenen St.-Josefs-Klinik in Olsberg eingedrungen, außerdem über den Zaun hinein in das Abenteuerland Fort Fun. Warum? Um auch dort jeweils Filmchen aufzunehmen.