Meschede. Gibt es klare Regeln - oder dürfen Investoren im Stadtgebiet Windräder bauen, wo sie wollen? Diese Frage wird in Meschede immer komplizierter.
Die Stadt Meschede bleibt ihrem Kurs treu, selbst darüber entscheiden zu wollen, wo künftig Windräder entstehen sollen – und nicht, wo Investoren sie gerne bevorzugt bauen wollen. Die Kommunalpolitiker ermächtigten jetzt die Stadtverwaltung, dafür notfalls auch den Hochsauerlandkreis zu verklagen.
Neue Anlagen = neues Verfahren?
Denn der Hochsauerlandkreis ist die Genehmigungsbehörde für neue Windräder. Aktuell liegen im Kreishaus die Unterlagen für fünf Windräder zwischen Freienohl und Oeventrop sowie für vier Anlagen südlich von Remblinghausen-Ennert vor, alle vom Betreiber Abo Wind. Die Stadt Meschede fordert vom Kreis eine so genannte Zurückstellung der Entscheidungen. Denn, wie berichtet: Zunächst soll ein Flächennutzungsplan für das ganze Stadtgebiet aufgestellt werden, in dem dann am Ende die Kommunalpolitiker die Vorrang- oder Konzentrationszonen für die Windkraft festlegen, wo Windräder verwirklicht werden sollten – die könnten dann auch die Anlagen bei Freienohl und Ennert umfassen, müssten sie aber nicht umfassen.
Aktuell hat die Stadt gerade eine Klage auf Zurückstellung verloren, die wiederum drei Windräder bei Heggen und Vellinghausen betrifft. Im Mescheder Rathaus erwartet man jetzt quasi täglich die Nachricht aus dem Kreishaus, dass die Genehmigungen für Freienohl und Ennert kommen – und die Zurückstellung damit abgelehnt wird. Und jetzt wird es wieder einmal juristisch: Die Anträge für beide Windparks sind aus dem Jahr 2016 – aber die damals beantragten Windräder sind inzwischen gar nicht mehr auf dem Markt. Abo Wind plant jetzt mit anderen Typen, die niedriger sind, andere Rotorgrößen haben, eine andere Technik und teils andere Standorte.
„Keine Fakten schaffen im Vorfeld“
Aus Sicht des HSK (und von Abo Wind) wird jetzt nur das Verfahren von 2016 weitergeführt, aber eben mit neuen Typen. Die Stadtverwaltung allerdings argumentiert: Veränderte Windräder mit anderen Immissionen müssten dann auch zu neuen Genehmigungsverfahren führen – die Entscheidung also zurückgestellt werden.
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Die Stadt Meschede würde dadurch Zeit gewinnen, um den besagten neuen Flächennutzungsplan aufzustellen. Bis Februar 2024 muss der da sein. Die Stadtverwaltung bereitet ihn vor, unter anderem nimmt sie dabei die zweifache Gesamthöhe eines Windrades als dann nötigen Abstand zu Wohnhäusern. „Wir machen das nicht, um die Energiewende zu verhindern“, sagte Fachbereichsleiter Klaus Wahle im Ausschuss für Stadtentwicklung: „Wir wollen nur keine Fakten schaffen im Vorfeld.“ Klar ist auch: Mögliche Klagen vor dem Oberverwaltungsgericht Münster kosten die Stadt fünfstellige Summen für Anwälte und Gericht, umso höher, wenn die Stadt verliert.
SPD und Grüne lehnen Klage ab
Mit den Stimmen von CDU, UWG und FDP kam die Ermächtigung für die Stadtverwaltung, trotz des finanziellen Risikos klagen zu dürfen. SPD und Grüne stimmten dagegen. „Wir halten die Erfolgsaussichten für relativ gering“, sagte Jürgen Lipke (SPD). Der Flächennutzungsplan könne ja dennoch weiter aufgestellt werden.
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Hendrik Bünner (SPD) sprach sich gegen die Klage aus und dafür, „guten Willen“ zu zeigen: Er befürchtet das negative Signal, wenn alle sich auf den Weg machten, Windenergie ausbauen zu wollen – aber die Stadt Meschede jetzt klage. Hans-Theo Körner (Grüne) meinte, die Abo-Wind-Anlagen Freienohl und Ennert doch in den Flächennutzungsplan aufzunehmen – dort sei schließlich schon alles geprüft worden.
CDU: Investoren sollen sich nicht Flächen „herauspicken“
„Wir verhindern nichts, wir stellen Regeln auf“, sagte Marcel Spork (CDU): Er nannte den Flächennutzungsplan eine „gezielte Positivplanung“ – denn ansonsten würden sich Investoren Flächen „herauspicken und realisieren“. Er machte klar: „Der Windkraft soll und wird substanziell Raum bei uns gegeben werden.“ Auch Hans-Werner Rötzmeier (UWG) betonte, man wolle keine Anlage verhindern, aber Rechtssicherheit bekommen.
Einfach Freienohl und Ennert durchzuwinken, lehnte Bürgermeister Christoph Weber ab: „An beiden hängen benachbarte Flächen dran“ – bei Freienohl plant Abo Wind nebenan auch den Windpark Oeventrop, bei Ennert auf Esloher Gebiet Windräder südlich von Herhagen. Die Zufahrten zu Oeventrop und Herhagen sollen über Mescheder Gebiet erfolgen: Im Fall von Freienohl durch ein geschütztes Siepen, was die Stadt strikt ablehnt. Offen sei auch, so Weber: Was ist mit dem Antrag der SPD im Kreistag des HSK, bis zu 120 Windräder im Arnsberger Wald zu bauen? Das konkurriere mit vielen Windrad-Plänen.