Meschede. Arzthelferinnen (MFA) in den Praxen stemmen einen Großteil der Pandemie. Einen Coronabonus gibt es nicht. Meschederin macht ihrem Ärger Luft.
Prellbock der Pandemie, so könnte man den Beruf von Sabrina Schwefer aus Meschede-Berge derzeit bezeichnen. Die Medizinische Fachangestellte, kurz MFA, arbeitet in der Praxis Bauer am Neumarkt in Arnsberg. Die vergangenen zwei Jahre haben deutliche Spuren hinterlassen.
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Die Pandemie hat ihren Job stark verändert, so Schwefer. Beschimpfungen der Patienten inklusive. Wertschätzung der Politik exklusive. In den Genuss der staatlichen bundesweiten Corona-Boni im Rahmen der Infektionsschutzgesetzgebung kamen die MFA – anders als Pflegeberufe oder Mitarbeiter in Gesundheitsämtern beispielsweise – bislang nämlich nicht. „Wir werden einfach vergessen.“
Mini-Streik getreten
Das Praxisteam ist deshalb in einen Mini-Streik getreten. Für 15 Minuten legte das Team die Arbeit nieder. Es wurden keine Anrufe angenommen und keine Mails beantwortet. „Wir möchten damit ein Zeichen setzen.“ Ums Geld gehe es dabei schon lange nicht mehr. Wörter wie „Wertschätzung“, „Gerechtigkeit“ oder „Sichtbarkeit“ fallen. Die Reaktionen unter den Patienten waren gemischt: Die einen zollten Respekt, andere reagierten genervt.
Last der Pandemie ist spürbar
Die Last der Pandemie ist gerade in den Arztpraxen spürbar. Corona-Testung, PCR-Abstriche, ein Großteil der Covid19-Impfungen, ambulante Betreuung nahezu sämtlicher Coronaerkrankten und die Beantwortung aller Fragen zu Isolation und Quarantäne – plus den normalen Alltag – „All das managen wir in den Arztpraxen. Wir arbeiten am Limit“, erklärt Sabrina Schwefer.
Sprechstundenhilfe, Arzthelferin, MFA
Die Olperin arbeitet sehr gern in ihrem abwechslungsreichen Beruf, der früher einmal Arzthelferin und Sprechstundenhilfe hieß. Aber in den vergangenen zwei Jahren habe sich viel verändert – vor allem der Umgangston der Patienten. Der sei zunehmend aggressiv. „Wir werden beschimpft, wenn es mal länger dauert“, so Schwefer. Patienten würden ihren Corona-Frust an ihnen auslassen.
„Ich bin normalerweise eine geduldige und freundliche Person, aber es fällt mir zunehmend schwerer. Meine Zündschnur wird immer kürzer“, berichtet die Angestellte. „Wenn es gar nicht mehr geht, lasse ich mich von einer Kollegin ablösen und gehe kurz ans Fenster zum Durchatmen.“
Größere Protestaktion denkbar
Die Anregung für den Ministreik gab Praxischef Dr. Christoph Bauer. „Er ist auf mich zugekommen,“ so Christiane Hoffmann, „und hat uns darauf gedrängt, ein Zeichen zu setzen.“ Christiane Hoffmann arbeitet ebenfalls als MFA in der Praxis Bauer und hat als Mitglied im Verband Medizinischer Fachangestellter den Streik in die Tat umgesetzt. Denkbar sei nun durchaus auch ein großere Protestaktion, um die Sichtbarkeit zu erhöhen.
Forderungen der KBV
- Die Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) fordert den Coronabonus für das Personal in der Praxis. Die sei „ein starkes Zeichen des Respekts und der Anerkennung der Politik für die enormen Leistungen der Praxisteams“, so der stellvertretende KBV-Vorstandsvorsitzende Stephan Hofmeister.
- Da viele Ärzte und Ärztinnen ihren Teams freiwillig Coronaboni zahlen, wäre eines folgerichtig, diese Zahlungen von der Steuer zu befreien. So lautet eine weitere Forderung.