Meschede. Offizielle Bordelle gibt es in Meschede nicht. Sexarbeit findet im Verborgenen statt. Wie wirken sich Pandemie und Ukraine-Krieg aus?

Fast alles, was mit der Rotlicht-Szene zu tun hat, spielt sich in Meschede und Umgebung im Verborgenen ab. Offizielle Bordelle gibt es nicht. Hinzu kommt, dass die Beratungsstelle Tamar im HSK nicht mehr tätig ist, die bislang immer etwas Licht ins Dunkle gebracht hat. Das Geschäft mit käuflicher Sexualität ist für Außenstehende somit noch Undurchsichtiger geworden.

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69 Anmeldungen beim Kreis

Eine Prostituierte liegt in ihrem sogenannten Lovemobil.
Eine Prostituierte liegt in ihrem sogenannten Lovemobil. © dpa | Ole Spata

Zu den Zahlen: Beim Hochsauerlandkreis liegen 69 Anmeldebescheinigungen für Prostituierte vor. Aussagekräftig ist diese Zahl nicht. „Eine Aussage zu lokalen Zahlen beziehungsweise aktuellen Aufenthalten der Prostituierten kann jedoch nicht getroffen werden. Dies ergibt sich daraus, dass größtenteils bundesweit gültige Anmeldebescheinigungen ausgestellt werden und die Prostituierten somit deutschlandweit tätig werden dürfen“, erklärt Kreissprecher Martin Reuther.

Bescheinigung für zwei Jahre ausgestellt

Die Frauen, Männer sind im HSK nicht registriert, können sich also ihre Bescheinigung in Meschede abholen, aber künftig in Hamburg arbeiten. „Zudem sind durch Corona (vermutlich) viele Prostituierte wieder zurück in ihre Heimatländer gekehrt, ohne das hier eine Abmeldung erfolgte“, so Reuther. Die Bescheinigung wird für zwei Jahre ausgestellt.

Offizielle Bordelle nur im Ostkreis und Arnsberg

Offizielle Bordelle und Clubs gibt es derzeit in Winterberg (1), Brilon (2), Arnsberg (3) und Marsberg (1). Ein Bordell in Neheim hat im Laufe der Pandemie seinen Betrieb eingestellt. Stattdessen findet Prostitution rund um Meschede, Eslohe, Bestwig und Schmallenberg im privaten Umfeld statt, in Wohnungen. Kontakte werden über das Handy angebahnt. Wie schnell diese Kontakte möglich sind, zeigt eine simple Suche über Google mit einschlägigen Begriffen.

Förderung abgelehnt

Der Kreistag hat die Förderung der Tamar-Beratungsstelle für Prostituierte Ende des Jahres 2021 mit Mehrheit abgelehnt. Es ging um eine jährliche Förderung von 28.700 Euro. Deshalb werden die Frauen vor Ort nicht mehr betreut. Zunächst wurden die HSK-Prostituierten noch in Soest oder Siegen beraten, das ist aber nun nicht mehr möglich, so Sabine Reeh, eine der Beraterinnen.

Prostituierte kehrten während Pandemie in Herkunftsländer

Gerade die Corona-Pandemie habe die Situation für die Frauen massiv verschlechtert, so Reeh. Durch das zweimal verhängte Prostitutionsverbot haben viele Frauen Existenzsorgen und standen vor der Wohnungslosigkeit“, erklärt Reeh. Einige Frauen äußerten den Wunsch, zurück in ihre Herkunftsländer zu reisen. Der Schwerpunkt der sozialarbeiterischen Tätigkeit habe sich auf die Existenzsicherung verlagert.

Sexarbeit in ungeschütztem Raum

Viele Prostituierte, so Sabine Reeh, versorgen nicht nur sich, sondern auch eigene Kinder oder die Familien in der Heimat mit ihrem Einkommen. Die Situation sei teilweise dramatisch gewesen, auch weil die Freier durch tagesaktuelle Corona-Schnelltests abgeschreckt wurden. Frauen hätten ihre Sexarbeit deshalb im Verborgenen und somit in einem ungeschützten Raum angeboten. Von diesen Nöten seien wahrscheinlich auch die Frauen aus dem HSK betroffen gewesen. Allerdings bestehe dort kein Kontakt mehr.

Ukrainische Frauen an deutschen Bahnhöfen abgefangen

Die Meldungen über ukrainische Frauen, die an deutschen Bahnhöfen abgefangen und mutmaßlich zur Prostitution gezwungen werden, betrachtet Sabine Reeh mit Vorsicht. Medien hatten zuvor über solche Verdachtsfälle am Berliner Hauptbahnhof berichtet. Die Sozialarbeiterin bittet um Besonnenheit und einen differenzierten Blick auf die Situation.

Keine Angebote im Raum Meschede bekannt

„Die Ukraine ist ein aufgeklärtes Land. Sexarbeit ist dort ein Thema wie bei uns. Wir beobachten bislang nicht, dass nun vermehrt ukrainische Frauen in der Sexarbeit tätig sind“, so Reeh. Die Polizei im Hochsauerlandkreis bestätigt, dass im Raum Meschede keine Fälle bekannt sind, bei denen Frauen aus der Ukraine zur Sexarbeit gezwungen oder aufgefordert wurden.

Die meisten Frauen kommen aus Bulgarien und Rumänien

  • Mehr als die Hälfte der Frauen in der Sexarbeit in Südwestfalen kommt aus Rumänien und Bulgarien.
  • Gefolgt von Thailand, Deutschland, Polen, Russland und Litauen.
  • Die Zahlen beziehen sich auf die Tamar-Beratungen im Jahr 2018.