Meschede. In Deutschland wird selbst die Zahl der angemeldeten Prostituierten statistisch erfasst. Es gab einen Corona-Effekt - der im HSK anders ausfiel.

Fast alles, was mit der Rotlicht-Szene zu tun hat, spielt sich in Meschede und Umgebung im Verborgenen ab. Offizielle Bordelle gibt es nicht. Die Corona-Krise hat das Geschäft mit käuflicher Sexualität noch einmal Undurchsichtiger für Außenstehende gemacht. Die Behörden wissen nicht, wie Prostituierte in Zeiten der Lockdowns ihr Geld verdient haben. Bemerkenswert ist, dass die Zahl der Sexarbeiterinnen - Männer sind im heimischen Raum in diesem Beruf nicht gemeldet - konstant geblieben ist.

Bordelle und Clubs

„Nein, keine Erkenntnisse“, sagt Jürgen Uhl, Pressesprecher des Hochsauerlandkreises, auf die Frage, was in Zeiten der Kontakt-Beschränkungen in der Rotlicht-Szene passiert ist. Die Behörde hat die Pandemie in vielerlei Hinsicht überwacht, auch die Schließung der Bordelle und Clubs, die sich im östlichen Hochsauerlandkreis befinden. Dort hatten die Betreiber gemäß der Vorgaben dicht gemacht und später mit staatlicher Genehmigung wieder aufgeschlossen. Und dazwischen?

„Wir wissen, dass dort kein Betrieb geherrscht hat“, sagt Uhl. Was in privaten Wohnungen gelaufen sein könnte, ist dem Hochsauerlandkreis nicht bekannt. Es sind auch keine entsprechenden Verstöße gegen Corona-Schutzverordnung aktenkundig geworden. „Aber es wird eine Dunkelziffer geben“, meint Uhl. Diese Dunkelziffer gibt es ohnehin in der Mitte des Hochsauerlandkreises, wo keine roten Laternen vor ausgeflaggten Häusern flackern. Stattdessen findet Prostitution rund um Meschede, Eslohe, Bestwig und Schmallenberg vielfach im privaten Umfeld statt, in Wohnungen. Kontakte werden über das Handy angebahnt.

Licht ins Dunkelfeld

Die staatlichen Stellen versuchen seit 2017 mehr Licht ins Dunkelfeld zu bekommen, insbesondere um Frauen aus der Illegalität herauszuholen. So gibt das Landesamt für Information und Technik in Nordrhein-Westfalen jährliche Zahlen heraus. Es wertet die Daten von Frauen und Männern aus, die sich nach dem Prostituiertenschutzgesetz angemeldet haben.

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In Nordrhein-Westfalen sankt die Zahl der Anbieter käuflicher Liebe durch Corona im Vergleich von 2020 zu 2019 sehr deutlich - um ein Drittel. Ganz anders im Hochsauerlandkreis: Hier blieben die Meldungen konstant: 99 Frauen waren hier zuletzt erfasst. 3 sind im Alter von 18 bis 21, 75 zwischen 21 und 45 Jahren, weitere 21 sind älter. Dazu gibt es eine weitere Angabe: 20 sind Deutsche, 79 gehören einer anderen Nationalität an. Ein Jahr zuvor - 1999 - waren noch drei Prostituierte weniger gemeldet, nämlich 96. Wie ist diese Entwicklung zu erklären? Auch Fachleute können es nicht - zumindest nicht ganz.

Von Meschede nach Hamburg

Das hängt damit zusammen, dass Prostituierte bundesweit arbeiten dürfen, wenn sie sich etwa im Hochsauerlandkreis angemeldet haben. Sie können sich ihre Bescheinigung in Meschede abholen, aber künftig in Hamburg tätig sein. „Es sind viele Reisende darunter. Manche sind nur ein paar Tage hier, dann ziehen sie weiter“, so die Erfahrungen von Mitarbeitern des Fachdienstes, der sich mit dem Rotlicht-Gewerbe befasst. Hinzu kommt: Die Bescheinigungen nach Beratung durch das Gesundheitsamt werden bei über 21-Jährigen in der Regel für zwei Jahre ausgestellt. Abmelden werden sich die wenigsten. Die große Corona-Delle könnte dadurch erst im nächsten Jahr folgen.

>>> Hintergrund

Als großes Ärgernis gilt es für Nachbarn und Mitmieter, wenn private Wohnungen für Prostitution genutzt werden. Das gilt vor allem für den Zulauf von Freiern. Meistens wird das Rotlichtgewerbe dann mit juristischen Tricks unterbunden.

Dann greifen beispielsweise Bauauflagen, weil Fluchtwege fehlen. In der Regel schließt allerdings schon der Mietvertrag eine gewerbliche Nutzung aus.